Finns Welt - 02 - Finn reloaded
hinten.
»Keine Sorge«, sagt Heiner, »für uns Menschen riecht es nach gar nichts.«
Sophia stellt den Fuß wieder nach vorn. »Morgen komme ich mit Werkzeug und frischem Putz, nehme die Fensterbänke ab, beseitige das Übel und mache Ihnen danach alles wieder zu. Die Terrasse repariere ich dann auch. Ich sehe da, wenn ich richtig vermute, dass ein paar Steine fehlen, selbst dann, wenn alle, die jetzt lose rumliegen, wieder drin sind, oder?«
»Ja, da müssten für ein paar Stellen Steine zurechtgesägt werden.«
»Dann bringe ich auch noch eine Steinkreissäge mit.«
»Aber das kann ich doch nicht von Ihnen verlangen!«
»Tun Sie ja auch nicht. Ich biete es Ihnen einfach an. Nur um eines bitte ich Sie im Voraus. Um etwas sehr Wertvolles.«
»Was denn?«, fragt Sophia und lehnt sich einen Hauch zurück, als offenbare nun auch dieser Mann schlechte Absichten. Doch nichts da. Heiner nimmt behutsam ihre Hand und deutet eine Verbeugung an. Dann sagt er: »Ich bitte Sie um Ihren Namen.« Sophia schwingt wieder nach vorne, viel weiter nach vorne, als sie sich zurücklehnte. Sie lacht und ihre Stimme stolpert. »Sophia!«, sagt sie. »Ich heiße Sophia. Und das ist mein Sohn Flo.«
Heiner reicht Flo die Hand. »Ich denke doch, das heißt Florian, oder?« Flo wird rot. Außer Frau Kobol nennt ihn nie jemand beim vollen Namen und die macht es nur, wenn sie ihn tadelt.
»Wann hast du am Montag Schule aus, Florian?«
»Äh … um zwanzig nach eins.«
»Gut. Dann bin ich da. Ich denke, du hilfst mir, oder? Zwei Männer? Im Garten?«
Flo zögert einen Moment. Sieht zum Baumhaus. Zum Hartriegel. Zur Terrasse. Dann sagt er: »Ja!«, genauso aufgeregt wie seine Mutter.
»Wir kommen auch vorbei!«, sage ich und Lukas nimmt es hin.
»Gerne!«, nickt Heiner. Als wir ihm ein paar Minuten später beim Wegradeln winken, nehme ich mir vor, im Internet die gemeine Spitzmaus und den Hartriegel anzusehen.
DER HEITERE
Am Freitag hängen wir erschöpft in Flos Zimmer herum, denn wir haben die arbeitsreichste Woche unseres Lebens hinter uns. An unseren Händen sind Blasen und Schwielen entstanden. Wir haben Heiner geholfen, freiwillig. Die ganze Woche. Er brauchte uns gar nicht darum zu bitten. Man sieht ihm beim Arbeiten zu und man bekommt sofort Lust mitzumachen.
»Kaum zu glauben, dass das jetzt alles fertig ist«, flüstert Flo. Er sitzt vor der PS 3 und spielt nebenbei Pure, einen Racer, bei dem man mit hochgezüchteten Quads durch die Landschaft pflügt. Sein Fahrer rückt sich den Handschuh zurecht und beugt sich nach vorn. Das »1-2-3« wird abgezählt und die vierrädrigen PS-Monster sausen los. Flo rast ein Stück geradeaus und durchquert dann ein altes, großes Tor mit drei Bögen. Ich sitze im Schreibtischstuhl vor Flos Rechner, surfe im Netz und kaue Colorados aus seinem Haribo-Vorrat. Lukas liegt auf dem Bett und schält eine Mandarine.
»Das mit dem Garten lag mir Monate lang auf der Seele«, sagt Flo. »Wie gigantische Hausaufgaben, die man aufhat, aber nie erledigt.«
Heiner hat alles gemacht. Er hat in den letzten vier Tagen die Mäuse vertrieben und die Gänge freigelegt, die sie unter der Fensterbank gegraben hatten. Er entfernte ihre Häufchen, schlug den alten Putz ab und brach angefressene Ziegelsteine heraus. Er mauerte neu, verputzte neu und setzte die Fensterbänke wieder auf. Er pflasterte die Terrasse komplett mit den roten Steinen, sodass endlich alles an allen Ecken passt. Er sägte dazu mit der großen Tischsäge Steine in die Formen, die er brauchte, ganz präzise, wie Tetris-Klötzchen. Er entfernte den Hartriegel am Teich und befestigte den ganzen Rand neu. Er nahm mit unserer Hilfe alle Steine ab und entfernte die alten Pflanzen. Wir deckten die Folie auf, gruben darunter den Erdwall ab und machten den Rand flacher und gleichmäßiger, sodass der Teich nun eine größere Wasseroberfläche hat. Das allein ist alles schon enorm. 10 von 10 Punkten in MECHANICS, ganz ohne Zweifel! Aber was uns am meisten faszinierte, war nicht die Tatsache, dass Heiner das alles macht, sondern wie er es macht. Denn Heiner hat nicht nur Höchstwerte in MECHANICS, sondern gleichzeitig auch in MOOD.
»Also, mein Vater hätte schon bei der Mäusescheiße zu viel gekriegt«, sage ich und denke an Papa, wie er unten im orangebraunen Licht der Druckerei mit weißen Handschuhen ein teures Buch einbindet und dabei an dem duftenden, alten Leder schnuppert. »Der hätte die Häufchen gesehen, die Hände hochgerissen,
Weitere Kostenlose Bücher