Finns Welt - 02 - Finn reloaded
kein Schuss ins Blaue. Das war Wissen. Sein MECHANICS-Wert steigt.
»Wie bitte? Sie erkennen, was das ist?«, haucht Sophia.
»Ja«, räuspert sich der Radler und geht ums Haus Richtung Garten. Als er die Löcher in der Terrasse sieht, sagt er: »Da haben Sie bereits den richtigen Riecher gehabt. Im wahrsten Sinne des Wortes.« Er geht zwischen den Löchern hindurch und kniet sich vor die Hauswand mit den großen Terrassentüren aus Glas. Er hält die Nase an die Fensterbänke, die dort auf Fußhöhe angebracht sind. Er kratzt mit dem Finger daran, nickt mehrfach und winkt Sophia zu sich auf den Boden. »Schauen Sie mal hier.«
Sophia geht in die Hocke und er reicht ihr die Hand, um ihr beim Hinknien zu helfen. Sie legt den Kopf auf den Boden.
»Sehen Sie das?«, fragt er. »Da ist ein kleines, fingerdickes Loch im Putz.« Sophia nickt. »Das ist der Eingang der Höhle. Sie haben Spitzmäuse unter der Fensterbank.«
»Und die stinken so?«
»Die Mäuse selbst müffeln auch, ja. Aber vor allem riechen Sie ihren Kot und den Urin.«
Sophia sieht den Mann so begeistert an, als ob er ihr gerade einen Heiratsantrag gemacht hätte. Dabei redet er über Mäusekacke. »Woher wissen Sie das alles?«
»Heiner«, sagt er, obwohl sie nicht direkt nach seinem Namen gefragt hat. Er reicht ihr die Hand, steht auf und zieht sie sicher mit hoch. »Ich weiß das, weil mein Cousin mal einen Spitzmausschaden hatte. Und einmal gerochen, vergisst man den Duft nie mehr.«
»Wem sagen Sie das!«, sagt Sophia und sieht uns Jungs vorwurfsvoll an, weil wir den Gestank nicht so schlimm fanden. Dabei habe ich ihn genau benannt, als sie mich neulich fragte. Faulig, scharf, bitter, aber vor allem ätzend sauer. Auf Mäuse in der Wand wäre ich allerdings niemals gekommen.
»Dann muss ich wohl einen teuren Kammerjäger bestellen«, sagt Sophia. »Und dazu noch einen Maurer, der die Fensterbänke abschlägt und wieder draufsetzt.« Sie lässt die Schultern sinken.
»Iwo!«, winkt Heiner ab. »Wenn Sie wollen, erledige ich das.«
»Was? Wirklich? Sind Sie ein Fachmann?«
Heiner lacht. »Ach, wissen Sie, Fachleute können einem auch nur ganz aufwendig erklären, warum irgendwas nicht klappt.« Flos Mutter fällt fast die Kinnlade runter, als Heiner das sagt.
Er breitet die Arme aus: »Ich bin sehr neugierig und ich mache gerne alles selbst.« Seine Augen bleiben auf dem Baumhausskelett hängen. Flo dreht seinen Fuß in die Richtung. »Du bastelst anscheinend auch gerne, oder?«, fragt Heiner, den Blick auf den Stelzen und Planken.
In Flos Gesicht drängt sich jetzt ein Lächeln, wie in das seiner Mutter. Er antwortet nicht. Stattdessen fragt er: »Schauen Sie mal hier, der Teich. Da sinkt das Wasser immer ab. Jede Nacht um zehn Zentimeter. Meinen Sie, die Folie hat ein Loch?«
Heiner schreitet zum Teich, hockt sich hin und befühlt die schwarze Fläche unter den Steinen im Wasser. Dann lächelt er wieder wie gerade, als er das Mauseloch entdeckte, steht auf und rüttelt an einem kleinen Baum, der hinter dem Teich gewachsen ist. Sophia und Flo haben ihn niemals gepflanzt. Der Samen wurde irgendwann herbeigeweht.
»Das ist der Übeltäter«, sagt Heiner. Sophia und Flo treten näher und sehen sich das erste Mal seit vielen Wochen wieder so an, als gehörten sie wirklich zusammen.
»Das ist ein Hartriegel«, erklärt Heiner. »Ein Hornstrauch. Ganz einfaches Ding. Sehr dankbar. Wächst überall.«
»Der ist einfach so gekommen«, sagt Sophia.
»Das passt. Und jetzt gucken Sie hier. Folgen Sie meinem Finger.« Heiner fährt am dünnen Stamm des Hartriegels runter zu den Wurzeln und dann an ihnen entlang, mitten in die Steine hinein, die den Teichrand bilden. Er räumt ein paar von ihnen zur Seite. Das Wurzelgeflecht des Baumes hat sich darunter her in den Teich geschlängelt. Wie ein Ladendieb, der heimlich in die Bonbonkiste greift.
»Dieser winzige Baum säuft unseren Teich leer?«, fragt Flo.
»So ist es«, bestätigt Heiner. »Was denkst du, warum der so schnell wächst?«
»Da wäre ich nie draufgekommen!«, sagt Sophia und ich denke mir wieder: Ich auch nicht. Wie bei den Spitzmäusen. Dieser Heiner ist gut. Verdammt gut. Ich kann noch von ihm lernen.
»Passen Sie auf«, sagt er. »Ich besorge jetzt ein Repellent, das ist ein Zeug, das man in den Mausegang sprüht und das die Tiere erst mal vertreibt, weil es für die kleinen Nasen schrecklich riecht. Das mache ich heute noch rein.«
Sophia setzt einen Fuß nach
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