Finns Welt - 02 - Finn reloaded
Lebewesen, oder? Der kleine Kerl kann doch nichts dafür, dass er ausgerechnet an einem Teich aufwuchs, wo er nicht erwünscht ist. Also setzen wir ihn jetzt woanders wieder ein.«
Heiner meinte das ganz ernst, ganz selbstverständlich. Sein Freund, der Baum. 10 von 10 Punkten bei MOOD, oder besser gesagt, bei S-MOOD. ES geschah etwas in Sophias Augen, als Heiner den Hartriegel zärtlich in den Vorgarten pflanzte. Er muss nur regelmäßig gestutzt werden, sagt Heiner, dann sieht er schön aus und nicht wie Unkraut. So ist Heiner. Er erledigt alles mit einem Lächeln auf den Lippen.
»Heiner beim Arbeiten zuzusehen ist so, wie Lionel Messi beim Fußballspielen zuzuschauen«, sagt Lukas.
»Oder Flo beim Zocken«, fällt mir dazu ein, denn der hat eben wieder bei Vollgas eine Kurve umschifft, die ich niemals hätte nehmen können.
»Das wirkt bei Heiner alles, als wenn er es gerne macht«, sagt Lukas. »Als wenn er dankbar dafür ist, diese Aufgaben zu kriegen. Ich meine, ehrlich, der sah sogar voll glücklich aus, als er die Mäusekacke einsammelte.«
»Und er hört auch nicht auf«, sagt Flo. »Am Ende hat er die Schlauchrolle repariert und neu in die Wand geschraubt. Da wart ihr schon zu Hause. Er musste dafür eine Hilti leihen. So was hat er nicht selbst. Er telefonierte herum und fuhr los, zwei Stunden dauerte das. Er stand im Stau zwischendurch. Als er wiederkam, strahlte er immer noch. Und dann standen wir vor der neu angebrachten Rolle. Weich abrollend wie Butter und bombenfest in der Wand. ›Na, ist das ein Genuss?‹, hat er gesagt und wir haben immer wieder den Schlauch gezogen. Nichts wackelte mehr. Das war ein Gefühl, als hätte man ein superschweres Spiel durchgezockt.«
»Ich glaube, so sieht er das auch«, bemerkt Lukas. »Er hat das mal gesagt, am Mittwoch glaube ich, als wir den Teichrand abdeckten. Warte, wie war das noch? Ich glaube, er sagte: ›Du hast immer die Wahl, wie du eine Aufgabe betrachtest. Entweder als lästige Pflicht, dann fühlst du dich schlecht dabei. Oder als Herausforderung, von der du lernen kannst, dann geht es dir gut und du bleibst heiter.‹«
»Hat er wirklich heiter gesagt?«, frage ich.
»Ja«, lacht Lukas, »Heiner, der Heitere!«
»Ist aber doch alles wahr«, sagt Flo und fährt mit seinem Quad ins Ziel ein.
Und da hat er recht.
Dieser Mann ist super.
Man fühlt sich in seiner Gegenwart, als könnte im Leben alles klappen. Als sei die Welt tatsächlich ein riesiger, unendlich aufwendiger Level voller spannender Aufgaben. Die Quest ist vorbei, aber Flo hat trotzdem Notizen zu Heiner gemacht.
»Du kannst es dir vorstellen, oder?«, frage ich und zoome bei Google Earth so nah wie möglich auf das Restaurant herunter, in dem Heiner und Sophia heute essen gehen. Flo legt den Controller auf seine Oberschenkel, sieht aus dem Fenster und nickt. Er kann es sich vorstellen. Heiner wäre ein guter Mann für Sophia. Als sie ihn fragte, was er für all die viele Arbeit als Bezahlung haben wolle, sagte er: »Die Ehre, für Sie bezahlen zu dürfen, Sophia«, und lud sie zum Essen ein.
Das Restaurant, wo sie hingehen, heißt Hagedorns und ist kein Chinese. In ein paar Minuten holt Heiner Sophia ab. Ich deute mit dem Finger auf den Computerbildschirm. »Hier, die haben hinten einen großen Parkplatz. Da dürften Fenster zum Reingucken sein. Wartet …« Ich surfe auf die Homepage des Lokals und finde ein Foto der Rückseite. Große, bepflanzte Blumenkästen. »Da! Die verbergen uns gut.« Wenn die Welt ein großes Spielfeld ist, dann ist Google Earth die dazugehörige Missionskarte.
Sophia öffnet die Tür in einem tollen schwarzen Abendkleid, das Mütter eigentlich nicht tragen. Angelina Jolie trägt so was auf dem roten Teppich. Oder Suzanne Myers, falls sie einen Empfang in ihrem irischen Schloss macht.
»Heiner ist da«, sagt Sophia und sieht uns mit einem Blick an, der sagt: »Ich weiß auch nicht, was ich da tue, aber ich probiere das jetzt aus.«
»Viel Spaß!«, sagt Lukas und hat wieder sein asiatisches Smileylächeln.
»Macht nicht zu lange«, sagt Sophia und küsst Flo auf den Kopf. Sie denkt, wir bleiben hier und übernachten bei Flo. Unsere Eltern denken das übrigens auch. Sie geht die Treppe hinab. Wir stellen uns ans Fenster und schauen zu, wie Heiner ihr die Tür des Wagens aufhält wie ein englischer Butler. Er trägt einen dunklen Anzug. Es muss ein wirklich teures Restaurant sein. Heiner merkt, dass wir am Fenster stehen, und hebt den Kopf, bevor
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