Finns Welt - 02 - Finn reloaded
Herausforderung!« Er nimmt den Fuß vom Ast und hebt ihn auf, damit Flo ihm das Holz nicht mehr in die Eier rammen kann. »Die ganze Geschichte war meine Quest. Zu Beginn. Aber dann …«, Heiner sieht zu Sophia, »dann habe ich mich wirklich in deine Mutter verliebt. Ganz in echt. Das Spiel wurde plötzlich Ernst.«
Flos Augen surren durch die Gegend wie die Fliege, die vom Buddha startet und ein paar neue Runden dreht. Ich stelle mir vor, es wäre gar keine Fliege, sondern ein winziger Kameraroboter, den Robin geschickt hat, um die Szene zu beobachten.
Heiner macht einen Schritt zu Sophia und legt den Arm um sie. »Ich habe mich in deine Mutter verliebt. Und in dich, Flo. In euch alle, Jungs. Ihr müsst doch gemerkt haben, wie viel Spaß es mir gemacht hat, mit euch zelten zu gehen. Ich habe jeden Nagel genossen, den wir in das Baumhaus geschlagen haben. Das war alles echt. Und dass bei Robin in der Wohnung die Rohre platzen, war nicht geplant. Ich habe ihm gesagt, dass die Wette vorbei ist, drei Monate hin oder her. Behalte deine 10.000 Euro, habe ich ihm gesagt, und renoviere damit deine Bude. Es ist längst kein Spiel mehr für mich.« Er dreht sich zu Sophia und nimmt sanft ihre Hände in seine: »Und ja, ich habe in der letzten Zeit Socken liegen lassen und den Klodeckel vergessen. Und zwar, weil es kein Spiel mehr war! Solange man nur eine Rolle spielt, kann man perfekt sein. Aber sobald alles echt ist und man mehr zu verlieren hat als eine Wette und Geld, wird man nervös. Fehler sind ein Beweis für die Liebe.«
Heiner ist gut. Ich kann keine Anzeichen erkennen, dass er im Augenblick lügt. Seine Pupillen weiten sich nicht, er steht gerade, er fummelt nicht mit den Fingern an seiner anderen Hand oder seinem Hemdzipfel herum. Es sieht absolut so aus, als ob er sich wirklich in Sophia verliebt hat. Ob er es so macht, wie ich, wenn ich glaubhaft etwas vorspiele? Ob er sich gerade innerlich vorstellt, er liebe sie tatsächlich? Sodass das Gefühl für ihn wahr ist, in diesem Moment? Klappt das sogar beim Verliebtsein?
Es kommt jetzt darauf an, wofür Flo sich entscheidet. Will er auch so nachsichtig sein wie Sophia und Heiner verzeihen? Wenn ja, werden wir hinter ihm stehen. Die Fliege brummt und setzt sich an die Wand neben Flo. Seine Chamäleonaugen drehen sich zu ihr, ohne dass er seinen Kopf bewegt. Dann drehen sie sich zu seiner Mutter und während er sie ansieht, klatscht er seine flache Hand gegen die Wand. Sophia quiekt. Flo ballt die Hand vorsichtig zur Faust. Im Hohlraum, der dadurch entsteht, summt es. Er hat das Tier nicht zerschlagen. Er hat es ohne Glas gefangen. Freihändig. Wortlos geht er zur Terrassentür, öffnet sie und lässt es frei. Wie unfassbar cool. 10 von 10 in MECHANICS. Er dreht sich vor den großen Scheiben um, die den Blick auf den Garten freigeben, das Baumhaus links neben ihm im Bildausschnitt. »Heiner hat dir alles erzählt, Mama?«
»Ja.«
Flo sieht zu mir und knetet mit der rechten Hand unauffällig seine Hosentasche. Das ist mein Zeichen. Ich ziehe die Lebendmausefalle aus meiner Hose und werfe sie ihm zu. Flo hält sie waagerecht vor sich, wie ein Exponat im Museum. »Hat er dir auch hiervon erzählt?«
Jetzt weiten sich Heiners Pupillen. Er will was sagen, aber Sophia kommt ihm zuvor. »Was ist das?«, fragt Sophia. Sie hält immer noch Heiners Hand.
»Eine Falle, in der man Mäuse fängt, Mama. Lebendig. Zum Beispiel, weil man welche braucht, um sie unter Fensterbänken auszusetzen. Wir waren in Heiners Wohnung, in Robins Wohnung. Wir haben dort Meißel und Stichel gefunden und den leisesten Akkubohrer der Welt.«
Sophia löst ihre Finger ein wenig. Heiner hält immer noch ihre Hand, aber sie nicht mehr seine.
Ich komme Flo zu Hilfe und sage: »Ich habe etwas bei dir im Garten gehört, Sophia. Genau eine Nacht, bevor der Gestank losging. Ein Kratzen und Scharren. Flo und ich leuchteten von unseren Fenstern aus mit Taschenlampen, aber wir sahen nur eine Katze. Überleg mal, das war genau eine Nacht, bevor es anfing, so zu stinken. Normale Spitzmäuse brauchen lange, bis sie den Weg in die Hohlräume finden und alles vollscheißen. Aber wenn man ihnen zeigt, wo genau sie einziehen können, geht alles viel schneller.«
Sophia zieht ihre Finger aus Heiners Hand und macht einen Schritt von ihm weg. »Du fängst Mäuse, um sie bei mir ins Haus zu setzen, damit du dich später als Held aufspielen kannst, der als Einziger den Gestank erkennt?«
»Nicht ins Haus, ans
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