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Finns Welt - 02 - Finn reloaded

Finns Welt - 02 - Finn reloaded

Titel: Finns Welt - 02 - Finn reloaded Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann
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dass ihr Vater was mit der Praktikantin in seiner Firma angefangen hatte. Das Mädchen war zwanzig, bloß sechs Jahre älter als Vivien jetzt. Ihre Mutter stellte ihn zur Rede und es gab viele Tränen, aber er blieb. Sie warf ihn nicht raus. Dafür wurden ihre Lippen schmaler. Sie zogen sich zusammen wie zwei ausgetrocknete Würmer. Und blieben so. Das hat Vivien uns erzählt, als wir in Flos Zimmer für heute den Plan schmiedeten. Selbst Lukas wusste nichts davon und er sah sie an, als sei er verwirrt und beleidigt, dass sie es ihm nicht schon früher erzählt hatte.
    Jedenfalls: Vivien hat genug Wut im Bauch für diese Mission. Wir hocken zwischen den Bäumen neben dem Parkplatz des Freizeitbads Erlebnistherme und warten auf Robins Ankunft. Ein winziges Stück Stadtwald grenzt hier an. Dahinter kommt ein Park, in dem auch der Salzstock steht, aus dem das Bad seine Sole bezieht. Jahrelang hat Sophia hier ihr seltsames Wasser-Yoga gemacht. Sie hat es geliebt und jetzt geht sie nicht mehr hin. Sie sitzt daheim im Schneckenhaus und Schwimmer Robin, der an allem Schuld ist, trainiert weiter. Jeden Tag. Aber das wird sich ändern.
    Heute.
    »Da kommt der Pick-up«, sagt Lukas und zeigt zwischen den Zweigen zum Parkplatz. Er ist der Einzige, der sich nicht ganz wohl bei dem fühlt, was wir tun. Er sagt es nicht, aber ich merke es ihm an. Dennoch bleibt er loyal. Er kennt das aus dem Sport. Alles für das Team. Röhrend setzt sich Robins große Maschine zwischen die Polos und Smarts wie ein Saurier, der sich neben Schafen zum Schlafen hinlegt. Als der Motor ausgurgelt, denke ich an den Tag mit Heiner im Wald. Alles Lüge. Wegen dem da. Robin. Ein Schurke, würde man bei Marvel sagen. Kein Held, sondern ein nur »Villain«. Bösartig und stark. 9 von 10 bei MASCULINITY und 8 von 10 bei MIND, wenn man MIND nicht mit Moral verbindet. Seine Werte sind nur innerhalb der Schurkenlogik hoch, es sind Boshaftigkeitswerte, man müsste einen Buchstaben für Bosheit davorsetzen. B-MIND: 8 von 10. Das wäre korrekt. Robin steigt aus, öffnet knarrend die Beifahrertür und nimmt die große Sporttasche aus dem Wagen. Er schwimmt, trainiert, gewinnt Wettbewerbe. Einfach so. Als wäre nichts gewesen.
    »Okay«, sagt Vivien. »Gehen wir es noch mal durch. Robins Training dauert eineinhalb Stunden. Danach geht er kurz in die Sole. Dann zieht er sich wieder um. Ich gehe jetzt rein und filme. Wir treffen uns in einer guten Stunde bei den Umkleiden. Ihr versteckt euch und wir warten, bis er sich wieder umziehen geht.«
    »Alles wie geplant«, sage ich. »Mach du nur gute Bilder.«
    Vivien zieht die digitale Videokamera aus den Handwärmertaschen ihres Kapuzenpullovers und betrachtet sie nachdenklich. Das Gerät ist klein und an seinem Heck haben wir mit Gewebeband einen Keil aus Styropor angeklebt. Wenn man nun die Kamera auf eine flache Unterlage stellt, zeigt die Linse automatisch nach schräg unten. Vivien knetet an der Hardware herum.
    »Wenn du nicht mehr willst, ist das auch okay«, sagt Lukas. Vivien knetet und ist innerlich abwesend. Ihre Augen werden hart und ihre schönen Lippen für einen Moment so schmal wie die ihrer Mama. Sie war in Gedanken bei ihrem Vater und dem, was er gemacht hat. Sie hat noch mal frischen Zorn geschöpft. »Nein«, sagt sie und hebt den Blick. »Wir machen das jetzt!«
    Lukas nickt. Alles für das Team.
     
    Der Plan sieht so aus: Neben all den vielen Einzelkabinen gibt es da drinnen auch Sammelumkleiden. Die Sammelumkleide der Herren und die Sammelumkleide der Damen liegen Wand an Wand. Zu beiden Seiten der Wand stehen die Schränke. Sie sind genauso hoch wie die Wand. Das Gute ist: Diese Mauer aus Wand und Schränken reicht nicht bis ganz an die Decke. Es gibt einen Spalt von etwa fünfzehn Zentimetern. Zu schmal, um irgendwie von einer Umkleide in die andere zu kommen. Zu schmal, um sich auf die Bank zu stellen und einfach rüberzugucken, wie die Frauen und Mädchen sich ausziehen. Aber nicht zu schmal, um eine kleine Videokamera reinzuschieben. »Absolut nichts ist mieser und fieser, als Mädchen heimlich zu beobachten. « Nehmen wir an, ein Mann würde das hier tun wollen. Er müsste seine Videokamera von der Männerumkleide aus vorsichtig auf die Schrankfläche unter der Decke setzen und sie mit einem Stock sachte bis an den Rand bei den Frauen rüberschieben. »Was glaubt ihr, was los ist, wenn die Leute von einem Mann denken, er belästige die Frauen?« Damit die Kamera nicht bloß die Decke

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