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Finns Welt - 02 - Finn reloaded

Finns Welt - 02 - Finn reloaded

Titel: Finns Welt - 02 - Finn reloaded Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann
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er zu ihr kommen muss – und demonstriert ihr seinen Trick. Er zeigt auf sein Kinn. »Entscheidend ist die Haltung des Kopfes«, erklärt er. »Wenn du nicht atmest, bleibt der Blick gerade nach unten gerichtet. Wenn du atmest, dreht der Kopf mit dem Körper mit und zwar eng und gleichmäßig.«
    Das ist meine Chance. Jetzt vertieft Robin sich in Erklärungen. Frage einen Mann nach dem, was er gut kann, und er kriegt von der Außenwelt nichts mehr mit. Frage ihn als Mädchen oder Frau und du könntest hinter ihm unbemerkt sein Haus abbauen.
    »Stell dir einfach vor«, sagt Robin, »dein Kinn wäre wie mit einem Stab an der linken Schulter befestigt.«
    Vivien stellt es sich vor. Sie dreht Kopf und Körper, als sei sie im Wasser und guckt für eine Zehntelsekunde zu mir, wie ich zur Tasche husche und die Kamera hineinstecke. »Mach ich das so richtig?«, fragt sie Robin mit hoher Stimme und großen Rehaugen.
    »Versuch es noch synchroner«, antwortet er. »Der Kopf darf nicht wackeln.«
    Ich schleiche mich, verschwinde um die Ecke und sause mit Lukas und Flo die Treppe herunter. Wir gehen durch das Drehkreuz ins Foyer und verbergen uns hinter einer aufgestellten Leinwand, die für die Wasser-Wellness-Kurse wirbt. Eine Minute später sehen wir, wie Vivien hinter der Scheibe, drinnen im Bad, in gespielter Aufregung einen Bademeister anspricht. Sie erzählt ihm gerade, dass sie im Flur vor den Umkleiden einen Mann gesehen hat, der eine Videokamera in seine Tasche packte. Bevor er sie zuklappte, habe er sie kurz eingeschaltet und das Geplapper von Frauen sei aus dem kleinen Lautsprecher gekommen.
    Umkleidegeplapper. Ich sehe, wie der Bademeister sein Standbein ändert, aufsieht und den Kopf dreht, als müsse er überlegen. Vivien redet weiter auf ihn ein. Robin kommt derweil auf dieser Seite gemütlich die Treppe hinab. Umgezogen und zufrieden. Vivien muss sich beeilen. Der Bademeister fragt sie etwas. Sie hält sich schnell an seinem starken Arm fest und zeigt durch die Scheibe auf Robin. »Das ist er! Das ist er!«, kann ich von ihren Lippen lesen. »Wie bitte, der?«, entgegnet der Bademeister, auch das ist leicht zu erkennen und in seinem Blick liegt eine Mischung aus Erstaunen und einem zufriedenen »Habe ich’s doch immer schon gewusst!«.
    Robin grüßt die Damen an der Kasse und geht durch das Drehkreuz. Der Bademeister wählt eine Nummer in seinem Haushandy und es klingelt auf dieser Seite bei den Kassiererinnen. Eine nimmt ab, sagt »Bitte?« und dann »Mhm«, legt auf und ruft Robin zu, der schon fast unser Versteck hinter der Werbeleinwand erreicht hat. »Herr Kempe?«
    Robin dreht sich um. »Ja, meine Schöne?«
    »Warten Sie bitte einen Moment.« Robin wartet. Der Bademeister verschwindet hinter der Scheibe und kommt eine Minute später aus einer Tür, die kein Besucher benutzen darf.
    »Darf ich bitte mal Ihre Tasche sehen?«
    »Wie? Was? Ihre? Siezen wir uns jetzt? Ich bin jeden Tag hier.«
    »Ich auch, und ich habe das Hausrecht. Also bitte, öffnen Sie die Tasche.«
    Robin weiß gar nicht, wie ihm geschieht. Man muss sich das mal vorstellen. Das wäre so, als wenn unser Lehrer in der Schule unseren Rucksack prüft und darin Drogen findet, die wir nicht reingetan haben. Oder eben: Schlimmeres. Was würde passieren? Wir könnten von der Schule fliegen. Lukas käme mit seinen vierzehn Jahren schon in den Jugendknast. Flo und mich würde keine andere Schule mehr aufnehmen. Unser ganzes Leben – jetzt noch eine schöne lange Straße durch die Landschaft – würde zu einem finsteren Kiesweg durch Gewitterfronten.
    »Ich mache die Tasche nicht auf«, sagt Robin.
    Der Bademeister greift danach. Robin zieht sie weg.
    »Was denkst du, was mit ihm geschehen wird?«, fragt mich Lukas flüsternd. Ich zucke mit den Schultern, als wäre es mir egal. Ist es aber nicht. Meine Fantasie kommt in Gang. Herr Broich hat es gesagt. Wer beim Spannen erwischt wird, ist am Ende. Robin wird alle seine Freunde verlieren. Seinen Job. Seine Vereinsmitgliedschaft. Vielleicht muss er ins Gefängnis. Er verliert alles, was er liebt. Und wir wären dran schuld.
    »Der Einzige, dem ich hier meine Tasche zeige, ist Jürgen!«, sagt Robin.
    Der Bademeister schnauft. »Das können Sie haben.« Er wählt eine Nummer an seinem Telefonknüppel und wechselt ein paar kurze Worte mit dem Mann, für den allein Robin seine Tasche aufmacht. Eine Minute später kommt er herbeigelaufen.
    Jürgen. Glatze, solariumbraune Haut, groß wie eine Eiche.

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