Finster
befreundet zu sein, und dann macht er so etwas.
»Was hast du erwartet?«, murmelte ich.
An der nächsten Ecke las ich die Straßenschilder. Olive und Conway Street. Beides hatte ich noch nie gehört.
Wo zum Teufel bin ich?
Nachdem ich vor Kirkus weggerannt war, hatte ich mich darauf konzentriert (soweit mein gepeinigter Schädel zur Konzentration fähig gewesen war), ihn abzuhängen, indem ich öfter die Richtung wechselte. Ich hatte nicht darauf geachtet, wo ich mich gerade befand. Auch nicht bei meiner Flucht aus Sunny Boys Haus.
Macht nichts, sagte ich mir. Ich habe mich nicht verlaufen, sondern bin nur nicht sicher, wo genau ich bin. Kein Grund zur Unruhe.
Ich war offenbar irgendwo nördlich der Fairmont-Street-Brücke. Das war jedenfalls mein Eindruck. Nachdem ich Kirkus losgeworden war, war ich ungefähr Richtung Norden und Osten gelaufen, nahm ich an.
Immerhin wusste ich, wo ich sein wollte … beim Haus der Tequila-Frau an der Franklin Street, um endlich nach Casey Ausschau halten zu können.
In welcher Richtung liegt es?
Weiter nördlich, vermutlich.
Aber wo ist Norden?
Ich drehte mich an der Kreuzung einmal um mich selbst, blickte die Straßen entlang und sah Scheinwerfer, parkende Autos, Bäume und Häuser. Aber nichts, was als Orientierungspunkt dienen konnte.
Großartig.
Kein Problem, sagte ich mir. Ich habe reichlich Zeit.
Such dir eine Richtung aus, irgendeine. Spielt keine Rolle. Egal wohin ich gehe, früher oder später stoße ich auf eine Straße, die ich kenne. Dann ist alles im Lot.
Ich bog nach rechts und schritt rasch aus. Je schneller ich ging, desto früher würde ich eine vertraute Straße finden und mich beruhigen.
Nicht zu wissen, wo ich mich befand, war nicht gerade angenehm. Es verunsicherte mich und gab mir das Gefühl, in der Twilight Zone gelandet zu sein.
Ich rechnete fast damit, dass der Moderator Rod Serling hinter einem Baum hervortrat.
Stellen Sie sich vor … ein Mann namens Ed Logan … In einer schönen Oktobernacht verlässt er seine Wohnung, um sich auf die Suche nach seiner wahren Liebe zu begeben, aber stattdessen muss er erfahren, dass die Straßen nicht immer dahin führen, wohin sie zu führen scheinen, und dass die Liebe nicht immer »einen Weg findet«, besonders in dieser Region, in der die Grenzen verwischen und die wir die Twilight Zone nennen …
Ein Motorengeräusch unterbrach meine Gedanken. Ich blickte über die Schulter zurück. Scheinwerfer. Sie kamen schnell näher.
Mann oder Maus?
Zu spät zum Verstecken.
Also blieb ich reglos auf dem Bürgersteig stehen und sah zu, wie die Scheinwerfer größer und heller wurden.
Ein Pick-up.
Er raste vorbei.
Es war ein kleinerer heller Pick-up. Den Fahrer konnte ich nicht erkennen, aber es gelang mir, einen kurzen Blick auf die Beifahrerin zu werfen.
Ihr Kopf hing schlaff herunter, als wäre sie eingeschlafen. Er wackelte mit den Bewegungen des Fahrzeugs hin und her. Genau wie ihre Schultern. Unangeschnallt wäre sie wahrscheinlich nach vorn gekippt.
Durch die Schieflage ihres Kopfs war der größte Teil des Gesichts von Haaren verdeckt.
Sie schien ein dunkles knappes Kleid mit tiefem Ausschnitt zu tragen. Es stand weit offen, so dass man ein Stück Haut und einen erheblichen Teil ihrer linken Brust erkennen konnte.
Eileen?
In Randys Pick-up?
Der Wagen musste ungefähr fünfzehn Meter vor mir gewesen sein, als ich meinen Schock überwunden hatte und die Verfolgung aufnahm. Ich holte ein paar Sekunden lang auf, während der Pick-up an einer Ampel wartete.
Dann fuhr er los und ließ mich zurück.
57
Ich lief dem Pick-up hinterher, doch schon bald hatte er einen Häuserblock Vorsprung. Dann zwei. Er bog links ab. Als ich die Kreuzung erreichte, war er nirgendwo zu sehen.
Erschöpft und mit erneut schmerzendem Kopf blieb ich stehen. Ich lehnte mich gegen einen Baum, rang um Atem und versuchte mir einzureden, dass ich mich getäuscht hatte.
Vielleicht war es nicht Eileen gewesen. Ich hatte das Gesicht der Beifahrerin nicht besonders gut sehen können - nur einen kurzen Blick erhascht, bei schlechtem Licht und ihrem Haar im Weg. Sie könnte eine Fremde gewesen sein, die eine gewisse Ähnlichkeit mit Eileen hatte.
Und Eileens Kleid getragen?
Es muss nicht Eileens Kleid gewesen sein, sagte ich mir. Offensichtlich ähnelte das Oberteil dem von Eileens Kleid. (Es sah genauso aus. Wem will ich eigentlich was vormachen?) Aber wer weiß, wie es unterhalb der Brust aussah? Und war es grün?
Auch
Weitere Kostenlose Bücher