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Finsterau

Finsterau

Titel: Finsterau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Maria Schenkel
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herüber, um die Karten an die Mitspieler auszuteilen.
    »Das werde ich dir bestimmt sagen. Vielleicht war’s ja der Max? Ein Kritischer war es auf alle Fälle.«
    Josef Loibl, sein Gegenüber, grinste Augustin spitzbübisch an.
    »Ausschaffen könnt ihr uns ja nicht mehr, ihr seid ja schon gespannt.«
    Dann rief er über Augustins Kopf hinweg zum Schanktisch hinüber: »Roswitha, bringst mir noch eine Halbe her, aber wenn’s geht, mit einem Bierwärmer!« Und an die am Tisch Sitzenden gewandt: »Ihr könnt es glauben oder nicht, aber ich bekomme von dem kalten Bier immer Sodbrennen. Noch dazu, wenn ich es vor dem Mittagessen trinke.«
    »Ach, du bist mir schon so ein Mamaluk, verträgst nicht einmal ein gescheites Bier zum Frühschoppen.«
    Dr. Augustin hatte die Karten verteilt, nahm sein Blatt vom Tisch auf und ordnete es.
    »Augustin, reiß dich zusammen, sonst spiel ich nicht mehr mit. Staatsanwalt hin oder her, manchmal bist schon ein rechtes Gscheidhaferl«, erwiderte der Angesprochene, und weiter in einem versöhnlichen Ton: »Aber weil ich nicht so bin, magst du den Schlag ansagen? Dann sag ich den Trumpf.«
    Roswitha Haimerl brachte die verlangte Halbe, tauschte das volle gegen das leere Glas und machte ihr Zeichen auf den Bierfilz.
    »Will noch einer der Herren was trinken? Dann muss ich nicht zweimal laufen.«
    »Heute bist aber wieder recht grantig, Roswitha. Kannst mir trotzdem ein Helles bringen, und meines darf ruhig kalt sein«, gab ihr einer der Kartler augenzwinkernd zur Antwort.
    »Da soll einer nicht hantig werden, wenn man wegen jeder Halben extra laufen muss.«
    Roswitha Haimerl drehte sich um und ging zum Schanktisch hinüber.
    »Von mir aus, dann sage ich den Schlag an. Mir ist es gleich, verlieren tut’s ihr sowieso. Ich sag sieben«, warf Dr. Augustin ein.
    »Die Sieben, den Notschrei will er haben, unser Herr Staatsanwalt, dann sage ich Herz. Herz sieben.«
    Josef Loibl nahm den Bierwärmer aus dem Glas und prostete den anderen am Tisch zu.
    »Prost! Eigentlich sollten wir euch jetzt ausschaffen, aber wir sind ja nicht so.«
    Diesmal war es Hermann Müller, der Wirt, der das Bier an den Tisch brachte. Er tauschte die Gläser, stellte das benutzte Glas auf den freien Nebentisch undblieb stehen. Er sah zu, bis die Runde zu Ende gespielt war, dann nahm er sich einen freien Stuhl und setzte sich zu den Spielern, die den Einsatz unter sich aufteilten. Fünferl und Zehnerl wurden über den Tisch geschoben und die Karten zusammengepackt. Josef Loibl, der, wie es aussah, mit seinem Gewinn nicht zufrieden war, meinte: »Wenn man es genau nimmt, ist das ja unerlaubtes Glücksspiel, oder?«
    Dr. Augustin, an den die Frage offensichtlich gerichtet war, schüttete die Münzen aus dem kleinen Untersatz in die Geldbörse und antwortete: »Erstens macht’s Kartenspielen und besonders das Watten ohne Einsatz keinen Spaß, und zweitens bin ich nicht im Dienst. Und solange es nur um Fünferl geht, kann keiner übervorteilt werden. Da kann selbst so ein Geiznickl wie du mithalten, Loibl.«
    Dann steckte er sein Portemonnaie in die Gesäßtasche, nahm sein Glas, »Prost meine Herren!«, und trank.
    Einer der Spieler stand vom Tisch auf, klopfte mit der Faust leicht auf die Tischplatte, »So, ich pack es jetzt. Erst geh ich noch zum Biesln und dann heim. Bei uns steht bestimmt schon das Essen auf dem Tisch – sonst bekomme ich wieder Ärger. Servus, bis nächsten Samstag.«
    »Wart, ich geh auch mit zum Biesln, und heim muss ich auch.«
    Auch Josef Loibl stand vom Tisch auf.
    Hermann Müller zog seinen Stuhl etwas näher an Dr. Augustin heran. Er griff in die Bruttasche seines Hemds und holte einen zusammengefalteten Zeitungsartikel hervor. Diesen streifte er vorsichtig auseinander und legte ihn in die Mitte des Tisches.
    »Da, Augustin, da hab ich was für dich. Gestern hat einer den Artikel hier verloren. Schau einmal genau hin, da auf dem Foto bist du drauf.«
    Dr. Augustin nahm das vergilbte Stück Papier und sah es sich aufmerksam an. »Woher kommt denn der? Das ist ja schon ewig her.«
    »Wie ich schon gesagt habe, gestern war hier ein Gast mit einem fetzen Rausch, und der hat den Ausschnitt liegenlassen, mitsamt seiner Geldbörse und einem Zwanzigmarkschein.«
    Der Wirt kramte in seiner Hosentasche und legte auch die Börse auf den Tisch.
    »Das war ein seltsamer Vogel. Am Anfang war er noch ganz ruhig, und dann hat er auf einmal angefangen, wirr zu erzählen. Er wüsste von einem Mord, und

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