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Finsterau

Finsterau

Titel: Finsterau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Maria Schenkel
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musst aufpassen auf jedes Wort, auf alles. Der ist gleich auf der Höhe und dann auch schnell mit dem Messer bei der Hand. Da wärst nicht der Erste, der dran glauben muss.«
    Hat er mir gesagt.
    Und dann hat er mir nach und nach alles erzählt, die ganze Zeit, die er mit dem Wackes zusammen war. Erst hab ich es gar nicht recht geglaubt, denn wenn du eingekastelt bist, dann hörst so allerhand Geschichten, und die meisten sind nicht wahr.
    Wir waren ja in der gleichen Zelle, und in der Nacht, wenn der Otto nicht schlafen konnte, da hat er immer wieder damit angefangen, besonders mit der einen Geschichte, die hat ihm keine Ruhe gelassen, und so hab ich dann alles erfahren.
    »Ehe wir dich getroffen haben, da sind wir zu diesem Haus gekommen, und da ist das Unglück passiert. Drüben in der Gegend von Finsterau. Zu Beginn war alles, wie wir es immer gemacht haben. Ich bin ins Haus hinein und hab gefragt, ob wir uns draußen im Hof am Brunnen waschen können, und auch, ob wir was zum Essen haben könnten. Freilich bin ich hinein, um zu schauen, was es zum Holen gibt. Ich würde lügen, wenn ich es nicht zugeben wollte. Ich also rein unter einem Vorwand und wollte sehen, wer alles im Haus ist. Aber da war nur die junge Frau und das Kind, das hab ich dem Wackes erzählt, und der istdann nach mir hinein. Er hat noch gemeint, so ein Weib ist leicht einzuschüchtern und aus der bringt er schon heraus, wo sie was haben. Nur schnell muss es gehen, damit keiner kommt.«
    Der Otto selber, der hatte derweil draußen vorm Haus am Grant bleiben sollen und spannen, damit auch ja keiner kommt. Erst wie er den Lärm von dem Hendl gehört hat, da ist er ins Haus rein.
    »Das Kind hat gebrüllt wie am Spieß, und die Frau ist dagestanden mit dem Messer in der Hand. Der Wackes hat geschrien, dass das Mensch ihn an der Hand gestochen hat. Da hab ich nicht lange gezögert und eine leere Flasche gepackt und ihr eines drübergezogen. Was hätte ich auch machen sollen? Sie hat das Messer fallen lassen und sich gerade noch am Tisch festhalten können. Der Wackes ist mit zwei, drei Schritten auf sie zu und hat das Messer weggestoßen. Doch die war zach, die hat sich derrappelt und ist wieder hoch, und dann ging alles ganz schnell, der Wackes hat dann noch mal zugeschlagen. Zuerst mit der Flasche, die hat er mir aus der Hand gerissen, und dann mit einem kleinen Hackl. Wie der so schnell an das Hackl gekommen ist, kann ich nicht sagen. Ich bin dagestanden und hab mich nicht gerührt. Bis der Wackes mich angebrüllt hat, ich soll schauen, dass ich rauskomm, und spannen. Denn wenn jetzt noch ein anderer kommt, dann wären wir verratzt. Ich bin raus zum Grant und hab unser Sach gepackt. Ein paar Minuten, und der Franzose war auch wieder heraußen, dann sind wir los.«
    Später soll ihm der Franzos’ noch gesagt haben, dass er der Ruchin noch einmal eine gedupft hat. Auchdem Bankert hat er eines mit der Hacke drübergezogen.
    »Weil es gar nicht zum Greinen und Wimmern aufgehört hat.«
    Aber das hat der Otto gar nicht hören wollen.
    Gelohnt hat es sich nicht, sie hätten nur eine Wurst, ein paar Mark und eine Taschenuhr mitgehen lassen. Das Geld und die Uhr hätte er in der Kammer gefunden, nachdem er sie erschlagen hat.
    Mir hat die Geschichte keine Ruhe gelassen, ich wollte wissen, ob an der was dran ist oder bloß ein Dahergeschmarre. Und ich wollt, dass die nach dem Wackes, dem Lumpen, suchen. Darum habe ich es einem der Wärter erzählt. Aber der hat mir nicht geglaubt, der hat gedacht, ich will einen anderen hineintupfen, wie das gang und gäbe ist, dass ich selber gut dastehe und bessere Karten habe, wegen der Sache mit dem Teigaff. Und der Otto, der feige Hund, der hat natürlich von einer Minute auf die andere nichts mehr gewusst. Der hätte nicht einmal mehr seine eigene Mutter gekannt, wenn sie ihn gefragt hätten, der Lapp, sonst wär er ja auch dran gewesen.
    Wie ich dann wieder draußen war aus dem Gefängnis, hab ich jahrelang nicht mehr daran gedacht. Woher hätte ich denn auch wissen sollen, ob es überhaupt wahr war oder sich der Otto doch nur aufgemandelt hat. Dass es stimmte, hab ich erst später erfahren, und auch nur durch einen Zufall auf der Reise, weil ich in der Gegend von Finsterau unterwegs war. Da hat mir eine Kundschaft davon erzählt, und von daher habe ich auch den alten Zeitungsausschnitt.
    Und wie ich es dann noch einmal zur Anzeige hab bringen wollen, da hat mir wieder keiner geglaubt. Alle haben sie gesagt, dass

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