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Finstere Gründe

Finstere Gründe

Titel: Finstere Gründe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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das Laub und...»
    «Sie haben keine Bäume. Und selbst wenn Sie welche hätten — Juli ist ein bißchen früh für Laub.»
    «O lieber Gott! Hören Sie...»
    «Nein!» Morses Stimme klang plötzlich rauh und herrisch. « Sie hören zu, Mr. Daley. Wenn Sie Ihren Abfall draußen im Garten verbrennen, kommen Sie und zeigen mir, wo!» Morse ließ jede Verstellung fallen und fuhr fort: «Und wenn Sie darüber noch mehr Lügen erfinden, lasse ich ein paar Leute vom Gericht kommen und Ihren halben Rasen wegkarren!»
    Die beiden Daleys saßen stumm da und sahen einander nicht an.
    «Haben Sie den Film entwickeln lassen, Mr. Daley? Oder war es Ihr Sohn?» Morses Stimme war wieder ruhig.
    «Es war Philip», sagte Margaret Daley schließlich und übernahm damit die Führung. «Er war in der Schule befreundet mit ‘nem Jungen, dessen Vater Fotograf war und eine Dunkelkammer und all das hatte, und sie haben sie da entwickelt, glaub ich.» Ihre Stimme hörte sich für Morse so an, als habe sie plötzlich den Anstrich einer gewissen Feinheit verloren, und er begann, sich zu fragen, wer von den beiden mehr log.
    «Sie müssen mir sagen, was auf den Fotos war.» Morse bemühte sich, seine Aufforderung nicht so dringend klingen zu lassen, aber seine Stimme verriet die Furcht, daß alles umsonst gewesen sein könnte.
    «Er hat sie nicht aufbewahrt, soviel ich weiß...» begann Daley.
    Aber seine Frau unterbrach ihn. «Es waren nur sechs oder sieben von den zwölf, die was geworden sind. Da waren ein paar Fotos von Vögeln — eins war eine Art rosa Vogel mit einem schwarzen Schwanz...»
    «Eichelhäher!» sagte Daley.
    «...und da waren zwei von einem Mann, ein jüngerer Mann — wahrscheinlich ihr Freund. Aber die anderen, wie ich sagte... Sie verstehen, aus denen ist... einfach nichts geworden.»
    «Ich muß sie haben», sagte Morse ruhig, fast unerbittlich.
    «Er hat sie bestimmt weggeschmissen», sagte Daley. «Warum zum Teufel sollte er sie behalten?»
    «Ich muß sie haben», wiederholte Morse.
    «Lieber Gott! Verstehen Sie nicht? Ich hab sie nicht mal gesehen !»
    «Wo ist Ihr Sohn?»
    Ehemann und Ehefrau sahen einander an, und Ehemann antwortete: «Nach Oxford gegangen, denk ich — Samstagabend...»
    «Zeigen Sie mir bitte das Zimmer.»
    «Das werden wir verdammt noch mal nicht tun!» knurrte Daley. «Wenn Sie sich hier umsehen wollen, Inspector, bringen Sie mir erst einen Haussuchungsbefehl, okay?»
    «Ich brauche keinen. Sie haben ein Gewehr hinter der Haustür, Mr. Daley, und es ist ziemlich wahrscheinlich, daß Sie irgendwo eine Schachtel Patronen herumliegen haben. Ich brauche Ihnen lediglich Statutory Instrument 1991 Nr. 1531 zu zitieren — wohlgemerkt, nur zitieren. Verstehen Sie? Sie beide? Nur dazu bin ich gesetzlich verpflichtet.»
    Aber Morse brauchte nicht ungenau aus den kürzlich erlassenen Gesetzen über Sprengstoff zu zitieren. Margaret Daley stand auf und schien im Begriff, das Wohnzimmer zu verlassen.
    «Sie werden Philips Zimmer mit meiner Genehmigung nicht durchsuchen, Inspector. Aber wenn er diese Fotos behalten hat, könnte ich sie vielleicht...»
    Morse hörte sie die Treppe hinaufgehen, und sein Herz klopfte: Bitte! Bitte! Bitte!
    Kein Wort wurde zwischen den beiden Männern gewechselt, die einander gegenübersaßen und das Knarren der Dielenbretter in den Zimmern über ihnen hörten. Es wurde auch nicht viel gesagt, als Margaret Daley einige Zeit später mit sieben Farbfotos in der Hand zurückkam. Sie überreichte die Fotos Morse — wortlos.
    «Danke. Ist das alles?»
    Sie nickte.

    Nachdem Morse gegangen war, setzte Margaret Daley in der Küche den Teekessel auf und tat Pulverkaffee in einen Becher.
    «Ich nehme an, du gehst saufen», sagte sie tonlos, als ihr Mann in die Küche kam.
    «Warum zum Teufel hast du mir nichts von den Bildern gesagt?»
    «Halt die Klappe!» Sie spuckte die drei Wörter bösartig aus und wandte sich zu ihm.
    «Wo zum Teufel hast du sie gefunden, du...»
    «Halt die Klappe! Und hör mir zu! Wenn du es wissen mußt, ich hab mich in seinem Zimmer umgesehen, George Daley, weil, wenn wir nicht bald rauskriegen, was vor sich geht, und was dagegen tun, er im verdammten Knast landen wird oder so was, darum! Verstehst du? Da waren zwölf Fotos, fünf vom Mädchen...»
    «Du blöde Kuh!»
    «Hör mir zu!» kreischte sie. «Ich hab ihm doch nicht die gegeben! Ich hab sie versteckt, und jetzt schaff ich sie weg, und ich werd sie dir nicht zeigen! Du kümmerst dich in der letzten

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