des im Verhältnis zum bestand, als er ursprünglich vermutet hatte. Der Mann war in einem spitzen Winkel über den Garten hinweg aufgenommen worden; links von der Gestalt war deutlich ein Haus zu sehen: ein drei Stockwerke hohes Haus aus rosenroten Backsteinen mit einer Terrassentür im Erdgeschoß, die halb geöffnet war, und einem Fenster direkt darüber, und einem weiteren über dem, alle weiß gestrichen, und mit einem schwarzen Abflußrohr, das bis zum Boden führte. Rechts von der Gestalt stand ein ziemlich kleiner Baum mit großen gekräuselten Blättern, nicht zu identifizieren für Morse, der wenig (nun — nichts) von diesen Dingen verstand. Aber es gab noch mehr zu erfahren. Der Fotograf hatte sich eindeutig niedergekniet oder hingesetzt, um die Aufnahmen zu machen, denn der Kopf des Mannes überragte um ein gutes Stück die Gartenmauer, die sich deutlich hinter Gebüsch und Laubwerk abzeichnete. Und es gab noch mehr zu erfahren! — entschied Morse, als er den Hintergrund noch einmal studierte. Die Dachlinie des Hauses erstreckte sich in einer leicht konvexen Kurve (so schien es) über dem Kopf des Mannes und war dann am oberen Ende des Fotos in der Mitte abgeschnitten, aber es sah so aus, als könnte das Haus eines in einer Häuserreihe sein. Es war verblüffend, dachte Morse, wieviel er übersehen hatte, als er die Fotos zum erstenmal betrachtete, und auf sonderbare Weise überzeugt, daß es am Ende eine Lösung des Geheimnisses gäbe, wenn er nur lange genug schaute, starrte und starrte er, bis es ihm vorkam, als sähe er zwei Häuser statt des einen. Na, wenn schon? Wenn es wirklich Teil einer Häuserreihe wäre? Es gab Myriaden von dreistöckigen Reihenhäusern aus rotem Backstein in Großbritannien; allein in Oxford mußten es... Morse schüttelte den Kopf und schüttelte seine Gedanken. Nein. Es war fast unmöglich, das Haus und den Garten ausfindig zu machen; so blieb eigentlich nur das Gesicht des Mannes übrig. Oder? Plötzlich kam ihm ein erregender Gedanke. Eine gerade Linie konnte als Kurve gesehen werden, hatte er angenommen, weil entweder der Fotoapparat sie auf eine besondere Weise aufgenommen hatte, oder weil bei einem größeren Ausschnitt die Linie sich in einer Art abgerundeten Perspektive krümmte. Aber solche Erklärungen waren sicherlich weit weniger wahrscheinlich als die absolut offensichtliche Tatsache, die ihm buchstäblich ins Gesicht starrte : die Tatsache, daß die Dachlinie der Häuserreihe, die den Hintergrund des Fotos bildete, sich aus einem äußerst einfachen und völlig hinreichenden Grund konvex krümmte: sie war konvex! Konnte es sein...? Konnte es sein...? Glaubte Morse, in diesem Augenblick, daß er wußte , wo es war? Er spürte das alte vertraute Prickeln auf den Schultern, und die Haare in seinem Nacken stellten sich plötzlich auf. Er erhob sich aus seinem Armsessel und ging hinüber zu den Bücherregalen, wo er den dicken Penguin-Band Oxfordshire in der -Reihe hervorzog, und seine rechte Hand zitterte etwas, als er im Index nachschlug — Seite 320. Dort las er:
1853 — 55 angelegt, war dies das erste Entwicklungsgebiet in Nord-Oxford, auf Grund und Boden gebaut, der ursprünglich für ein Armenhaus bestimmt war. Der für den Ausbau gebildete Trust versprach elegante, in (Morses Herz machte einen Satz bei dem nächsten Wort) Terrassen angelegte Villen. Was daraus wurde, ist dieses: zwei halbmondförmige Straßen (das Blut prickelte wieder) nördlich und südlich eines den Mittelpunkt bildenden elliptischen Parks, mit spätklassizistischen Vorderfronten und Backsteinmauern nach hinten hinaus (!), und mit reizvollen Terrassentüren (!), die zu kleinen, ummauerten (!) Gärten führen.
Lieber Gott! Verdammt noch mal! Wenn ihm der Sinn danach stünde (das wußte Morse), könnte er jetzt hingehen und das Haus sofort identifizieren! Es mußte im südlichen Crescent (Halbmond) sein — das Sonnenlicht schloß Crescent N aus. Und mit dem Baum mit seinen großen, pelzigen, gespreizten (hübsch!) Blättern, dem Abflußrohr, den Fenstern, der Mauer und dem Rasen... Als er sich wieder in den schwarzen Ledersessel setzte, zeigte sein Gesicht einen hohen Grad von Genugtuung — da klingelte das Telefon. Es war jetzt Viertel vor zwölf, und die Stimme war die einer Frau — rauh, etwas schüchtern, aus dem Norden Englands.
Sie sagte, sie sei Dr. Laura Hobson, eine der neuen Frauen im Laboratorium der