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Finstere Gründe

Finstere Gründe

Titel: Finstere Gründe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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habe ihm eine Tasse Tee angeboten.»
    Trotz der Unterlassungssünde lachte die Senior-Chefin der Elite Booking Services am anderen Ende der Leitung lange und herzlich.

    Morse traf um 18.25 Uhr wieder in Oxford ein, und als er die Brücke von Bahnsteig 2 überquerte, summte er leise eine der bekanntesten Melodien aus dem Mikado vor sich hin:

    Als höchster Richter laß Milderungsgründe
    Ich gelten jederzeit;
    Indem ich passende Strafen finde,
    Erreg ich ...

Kapitel achtundvierzig

    , Sir! Ich sehe in ihnen nichts Besseres als Wesen, die auf Tische und Hocker gesetzt werden, um Gesichter zu schneiden und Lachen zu produzieren, wie tanzende Hunde

    (James Boswell,
    Das Leben des Samuel Johnson)

    Für mehrere Personen,die entweder eng oder nur locker in den Fall verwickelt waren, über den auf diesen Seiten berichtet wird, war der Abend von Donnerstag, dem 30.Juli, von großer Bedeutung, obwohl sich nur wenige der Betroffenen zu dem Zeitpunkt darüber klar waren, daß die Flut der Ereignisse sich ihrem Höhepunkt näherte.
    19.25 Uhr.
    Eines der drei kleinen Mädchen spähte hinter dem schäbigen, schlecht funktionierenden Vorhang hervor und sah, daß die Halle schon zum Bersten voll war, 112 Besucher, das Äußerste, was die Feuerwehr zuließ, sah auch ihren Ehemann David — der Gute! — in der hintersten Reihe. Er hatte darauf bestanden, sich eine Karte für jede der drei Vorstellungen zu kaufen, und das hatte sie sehr glücklich gemacht. Sah er nicht ein kleines bißchen verloren aus, wie er so gar nichts zu der angeregten Unterhaltung rund um ihn beitrug? Aber er würde schon okay sein, und sie — sie fühlte sich strahlend und erregt, als sie vom Vorhang zurücktrat und sich zu ihren Darsteller-Kollegen gesellte. Zugegeben, es gab nur wenige Quadratmeter Platz hinter der Bühne, und die Bühne selbst war auch so klein, das Orchester war so unzulänglich und dilettantisch, Beleuchtung und besondere Effekte waren nur mitleiderregend. Und doch... und doch, die ganze Magie war irgendwie da: einige gute Sänger, hervorragendes Make-up, besonders für die Damen, hinreißende Kostüme, großartige Unterstützung vom ganzen Dorf und der Nachbarschaft, und ein brillanter junger Pianist, ein Student aus Keble, der einen großen Ohrring trug und die hohen Tenor-Rollen der Händel-Opern wie ein Engel singen konnte und seine Freizeit meistens damit verbrachte, in einsamen Nachtwachen die Dachse im Wald in der Nähe zu beobachten.
    Ja, bei Cathy Michaels floß das Adrenalin reichlich, und irgendwelche Sorgen, die ihr Ehemann ihretwegen haben mochte — oder sie seinetwegen! — waren vergessen, als der Dirigent mit wenigen scharfen Schlägen des Taktstocks die Halle zum Schweigen brachte. Mit den ersten Takten der Ouvertüre hatte der Mikado begonnen. Cathy warf noch einmal einen raschen Blick in den Spiegel auf die japanische Dame mit dem weißen Gesicht, den schwarzen Haaren und den briefkastenroten Lippen, die sie selbst war, und wußte, warum David sie so attraktiv fand. David... viel älter als sie natürlich, und von seiner Vergangenheit wußte sie nur sehr wenig. Aber sie liebte ihn und würde alles für ihn tun.

    19.50 Uhr.
    Die vier Jugendlichen, zwölf, vierzehn, siebzehn und siebzehn Jahre alt, wurden von der Polizei von St. Aldate’s noch immer festgehalten. Während sie zusammen nach allen Aussagen in den Siedlungen von Ost-Oxford ein einschüchternder Haufen gewesen waren, sahen sie jetzt, einzeln betrachtet, wenig bemerkenswert aus. Sehr schnell nach ihrer Festnahme hatte sich das herausfordernde Benehmen dieses Quartetts in seine Bestandteile aufgelöst, und als Sergeant Joseph Rawlinson jetzt noch einmal einen der beiden Siebzehnjährigen musterte, sah er nur einen nervösen, mürrischen, nicht besonders artikuliert sprechenden Jungen. Die im hinteren Teil des Polizeiwagens zur Schau gestellte Prahlerei und Aggression, nachdem sie ihn von zu Hause abgeholt hatten, waren verschwunden — und jetzt brachten sie ihn zurück.
    «Ist das alles, was du bei dir hattest, mein Sohn?»
    «Nehm ich an, ja.»
    Rawlinson nahm die Gegenstände auf, einen nach dem anderen, und reichte sie hinüber: «Fünfer, ein Pfund, ein Pfund, 50 Pence, 10 Pence, 5 Pence, 5 Pence, 5 Pence, 2. Pence, 2 Pence, 1 Penny, okay? Kamm; Marlboro-Zigaretten, Wegwerffeuerzeug, Päckchen Kondome, Featherlite — nur noch eine übrig, halbe Schachtel Polos, zwei Busfahrkarten, einen blauen Kugelschreiber. Okay?»
    Der

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