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Finstere Gründe

Finstere Gründe

Titel: Finstere Gründe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Junge starrte verdrossen vor sich hin, sagte aber nichts.
    «Und dieses !» Rawlinson nahm einen roten Taschenkalender in die Hand, durchblätterte rasch die englinierten Seiten und steckte ihn in die eigene Tasche. «Den behalten wir, Sohn. Jetzt unterschreibe bitte hier.» Er reichte ein maschinengeschriebenes Blatt hinüber und zeigte auf den unteren Teil.
    Zehn Minuten später war Philip Daley wieder zu Hause in Begbroke, Oxon.
    «Macht einen nachdenklich, Sarge!» sagte einer der Constables, als Rawlinson sich in der Kantine Kaffee bestellte.
    «Hm.» Rawlinson wollte sich in der Angelegenheit nicht so sehr festlegen: Sein eigener Sohn, fünfzehn Jahre alt, war in den letzten sechs Monaten so bolschewistisch geworden, daß seine Mum sich allmählich große Sorgen machte.
    «Aber immerhin, mit diesem — wie heißt es noch — Gesetzentwurf für zunehmenden Fahrzeugdiebstahl... Unbegrenzte Geldstrafen! Läßt sie vielleicht ‘n bißchen mehr nachdenken.»
    «Aber manche von ihnen waren von Anfang an arme Schweine.»
    «Du wirst doch nicht weich, Sarge?»
    «O nein! Härter, glaub ich», sagte Rawlinson leise, nahm seinen Kaffee und ging hinüber an einen leeren Tisch an der anderen Seite der Kantine.
    Er hatte den Jungen nicht erkannt. Den Namen aber hatte er sofort erkannt — von der Zeit im vergangenen Sommer her, als er unter Chief Inspector Johnson drüben in Blenheim gearbeitet hatte. Es hätte natürlich einfach einer jener kleinen Zufälle sein können, die im Leben ständig passieren — wäre da nicht der Taschenkalender gewesen: ziemlich beunruhigend, einiges, was darin stand. Tatsächlich hatte er beinahe erwartet, am Wochenende seinen alten Chief Johnson draußen in der Siedlung zu treffen, mitten zwischen den halben Backsteinen und den zerbrochenen Flaschen. Aber irgendwer hatte gesagt, er sei auf Urlaub — beneidenswerter Bursche! Trotzdem — Rawlinson beschloß, sich mit ihm in Verbindung zu setzen, wenn es möglich war; er würde am nächsten Tag versuchen, ihn anzurufen.

    20.15 Uhr.
    Anders Fasten, ein junger Mitarbeiter an der Schwedischen Botschaft, hatte endlich gefunden, was er suchte. Es war eine lange Suche gewesen, und ihm wurde klar, daß er sich viele, viele Stunden hätte sparen können, wenn die Akten mit mehr System abgelegt worden wären. Er würde das seinem Chef gegenüber erwähnen, und — wer weiß? — vielleicht könnte die nächste knifflige Reisepaß-Frage in Minuten beantwortet werden. Aber er war froh, daß er es gefunden hatte; es sei wichtig, hatte man ihm gesagt. In jedem Fall würde sein Chef befriedigt sein. Und er wollte das Gefallen seines Chefs erregen, denn sein Chef war eine sehr schöne Frau.

    21.00 Uhr.
    Sergeant Lewis war eine halbe Stunde früher vom Präsidium nach Hause gekommen, hatte ein Mahl aus Eiern (zwei), Bratwürsten (sechs) und Pommes frites (einen Berg) zu sich genommen und setzte sich jetzt in seinem Lieblingssessel zurück, stellte die BBC-Nachrichten ein und blickte mit erheblicher Befriedigung auf den Tag zurück...
    Morse war natürlich besonders entzückt über das Foto von Alasdair McBryde gewesen, und noch entzückter, daß Lewis aus eigener Initiative Polizeihandzettel hatte drucken lassen und veranlaßt hatte, daß am nächsten Tag in der Oxford Mail, am Freitag in der Oxford Times — und im Evening Standard Suchmeldungen der Polizei abgedruckt wurden.
    «Das ist ein Meisterstück!» hatte Morse ausgerufen. «Wie kamen Sie auf den Evening Standard?»
    « Sie sagten, Sie seien sicher, daß er nach London gefahren sei, Sir.»
    «Ah ja!»
    «Sie haben ihn nicht zufällig getroffen?» fragte Lewis fröhlich...
    Nach der Wettervorhersage — wieder ein schöner sonniger Tag, mit Temperaturen von 22 Grad im Süden — stellte Lewis die zwei üblichen Milchflaschen hinaus, verschloß und verriegelte die Haustür und beschloß, früh ins Bett zu gehen. Er hörte seine Frau eine walisische Melodie summen, während sie abwusch, und er ging in die Küche und legte die Arme um sie.
    «Ich geh ins Bett — bin ein bißchen müde.»
    «Zufrieden auch, so wie du dich anhörst. Hattest ‘nen guten Tag?»
    «Ganz gut.»
    «Weil der verdammte Morse sich abgesetzt und dich allein gelassen hat?»
    «Nein! Eigentlich nicht.»
    Sie trocknete sich die Hände ab und wandte sich zu ihm. «Du arbeitest gern für ihn, nicht?»
    «Manchmal», stimmte Lewis zu. «Er... er hebt mich ein bißchen, irgendwie, wenn du verstehst, was ich meine.»
    Mrs. Lewis

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