Finstere Propheziung
noch nicht so ganz verarbeitet habe?«
»Post-traumatischer Fußballstress - total korrekt«, gestand Beth ein. »Und: Nein, ich habe Sie-die-ohne-Namen- bleiben-soll, dein Spiegelbild aus Montana, mit keinem Wort erwähnt. Das Vergnügen kannst du selber haben.« Sie lächelte und zuckte mit den Schultern. »Sie hätten es mir ohnehin nicht abgenommen.«
»Danke, Bethie«, sagte Cam erleichtert. Beth zuckte erneut mit den Schultern und spielte mit ihrem Strohhalm herum. »Außerdem sind ohnehin alle vollkommen davon besessen, das Rätsel um Marleigh Coopers Verschwinden zu lösen.«
»Genau, es gibt schon einen Antrag, die Stadt in >Marleigh Bay< umzubenennen.« Ihr Kellner, ein großer, dunkelhaariger Junge mit einem niedlichen, nahezu schüchternen Lächeln, war an ihrem Tisch aufgetaucht und setzte sich einfach mit dazu.
Aus irgendeinem merkwürdigen Grund fing Beth auf einmal an zu strahlen. »Jason, du bist ja sooo witzig.« Sie versetzte Cam einen leichten Tritt, aber die verstand überhaupt nicht, was los war. Also schenkte sie Beth einfach keine Beachtung und begann mit ihrer Bestellung. »Wir hätten gerne eine halbe Gemüse und ... «
»Eine halbe mit extra Käse«, vollendete Jason. »Alles klar, kommt sofort.« Lächelnd verließ er sie.
»Woher wusste er das denn ?«
Beth verdrehte die Augen. »Rate mal.«
»Tut mir Leid.« Cam lachte. »>Rate-mal< ist momentan leider ausverkauft. Kommt vielleicht nächste Woche wieder rein.«
»Oh nein, nicht schon wieder«, stöhnte ein
Mann am Tisch neben ihnen. Er sah zum Fernseher hinauf, der über der Theke befestigt war. »Neueste Nachrichten von Marleigh Cooper. Mitten im Spiel.«
»Das ist ihre Mutter«, sagte das Mädchen neben ihm. »Die arme Frau. Psst, ich will hören, was sie sagt.« Cam und Beth wandten sich dem Bildschirm zu, auf dem eine zierliche, gut gekleidete Frau mit geschwollenen Augen und schmerzverzerrtem Gesicht von Reportern belagert wurde. Sie rang verzweifelt die Hände. »Marleighs Mom«, flüsterte Beth. »Völlig mit den Nerven am Ende ... «
»Mrs Cooper«, rief ein Reporter, »gibt es irgendwelche Neuigkeiten? Können Sie uns ... irgendetwas mitteilen?«
»Lassen Sie sie in Ruhe«, wimmerte jemand im Hintergrund. Der Bildausschnitt vergrößerte sich und sie erkannten Tonya Gladstone, die sich beschützend gegen Mrs Cooper drückte. »Wow, es ist Tonya. Apropos mit den Nerven am Ende«, sagte Cam. »Die ist ja total durcheinander. Sie hat bestimmt vier Kilo abgenommen in der Zeit, in der wir weg waren.« Marleighs Mutter ergriff dankbar Tonyas Hand. »Tonya, hier drüben.« Eine Journalistin hielt ihr ein Mikrofon unter die Nase. »Inzwischen ist schon mehr als eine Woche vergangen. Hast du noch immer die Hoffnung, dass man Marleigh finden wird?«
»Selbstverständlich«, erwiderte Tonya nachdrücklich. »Ich bin ganz sicher, dass meine Freundin Marleigh gesund wiedergefunden wird. Alles andere ist undenkbar«, fügte sie hinzu. »Du solltest mal Briannas Meinung dazu hören«, sagte Beth. »Achtung: Ironie!«, rief sie aus und ahmte Brees atemlosen Wortschwall nach. »Rate mal, wer inzwischen der ultimative Superstar geworden ist. Tonya! Sie gibt tatsächlich Interviews und so was alles. Ach ja, das hätte ich fast vergessen: Sie erfuhr eine totale Wunderheilung und hat auf der Stelle ihre Krücken von sich geworfen. Machten sich wahrscheinlich nicht so gut im Fernsehen.«
»Du hörst dich echt genau an wie Brianna«, staunte Cam. Beth ging nicht darauf ein. »Sie denkt, dass es die Mutter war«, sagte sie. »Dass was die Mutter war?«
»Nun, dass irgendwas in Mommi-Hausen nicht ganz sauber ist. Dass Mrs Cooper die ganze Sache selbst aufgezogen hat...«
»Sie selbst ...? Warum sollte sie so was machen?« Cam war fassungslos.
»Laut Bree ist sie so eine Wunderkind-Mutter, die alles unter Kontrolle haben muss und sich in alles einmischt, was in Marleighs Leben passiert - und daraus folgt, dass die ganze Angelegenheit nur eine Aktion für die Öffentlichkeit ist und dass die geliebte Mama das ganze Spektakel organisiert hat.« Auch wenn sie mit anderen Dingen beschäftigt gewesen war, so hatte sie doch den Schlagzeilen der Nachrichten nicht entkommen können. Und Cam hatte wirklich geglaubt, dass sie schon alles gehört hätte. Die Gerüchte. Den Klatsch. Die falschen Fährten. Die Vorhersagen der Hellseherinnen. Die fortwährenden »Neuigkeiten« in den Fernsehnachrichten und die ständigen Einblendungen am unteren
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