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Finstere Propheziung

Finstere Propheziung

Titel: Finstere Propheziung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. B. Gilmour , Randi Reisfeld
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und betont hatten, was Sara doch für ein guter Mensch gewesen war, bemerkte sie den Arzt, der in seinen seltsamen schwarzen Klamotten noch immer neben dem Grab stand.
    Sie wünschte sich, dass er verschwinden würde. Wenn die Totengräber fertig waren, wollte sie sich noch ganz allein von ihrer Mom verabschieden.
    Sie konnte Lucinda und Evan hören, die am Lieferwagen warteten und sich mit ein paar Bekannten aus der Schule unterhielten. Alex wusste nicht, ob sie den kurzen Weg zum Grab gehen sollte, an dem der Mann in schwarzem Samt stand, oder ob sie einfach zurück zu Evans Wagen rennen und den Friedhof so schnell wie möglich verlassen sollte. Schließlich könnte sie ja immer noch später wieder herkommen, überlegte sie. Sie könnte heute Abend wiederkommen. Allein. Besser nicht, sagte der Arzt. Nicht allein. Das wäre zu gefährlich. Aber wie hätte sie ihn denn hören sollen ? Er stand doch ein ganzes Stück von ihr entfernt. Komm mal her. Wir müssen miteinander reden. Alex war den ganzen Tag über wie betäubt gewesen. Kalt wie Stein, hart wie die Erde des Friedhofs. Jetzt wurde sie von einer Empfindung überflutet, laut und einsam wie ein tosender Sturm in einer Höhle. Sie begann zu zittern. Mit einem Mal stand sie neben dem Arzt. Wie war sie zu ihm gekommen ?
    Es wird schon alles werden, sagte er und berührte ihre Schultern. Und wie durch ein Wunder fühlte sie sich besser. Das Zittern ließ nach. Der Sturm legte sich. Der Eisklotz, der noch vor wenigen Augenblicken ihr Herz gewesen war, begann zu tauen. Sie fühlte, wie ihr Inneres sich langsam erwärmte, wie sie sich entspannte. »Sie sind der aus dem Krankenhaus, stimmt's? Der Arzt, mit dem ich zusammengestoßen bin, als ich ins Zimmer ging.«
    »Ich wollte mich nur bei Sara bedanken«, erwiderte der alte Mann. »Bedanken?«, fragte Alex. »Nicht so wichtig.« Mit einer Handbewegung fegte er ihre Fragen beiseite. »Alexandra ... so hat sie dich doch genannt, nicht wahr? Alexandra, ich habe etwas für dich. Es ist von deiner Mutter. Sie hat es dir vor vielen Jahren geschenkt. Es ist an der Zeit, dass du es wiederbekommst.« Alex strich sich durch ihr struppiges kastanienbraunes Haar mit den blauen Strähnen. »Sie kannten meine Mom?«, fragte sie und alles in ihr schmerzte bei dem Gedanken an die junge Sara, die lebendige Sara.
    »Ja. Ein schöneres Wesen gab es nie auf dieser Welt. Zerbrechlich wie aus hauchdünnem Porzellan. Mit Augen, die ... « Der Arzt schien nach einem Wort zu suchen, das diese Augen beschreiben könnte. Dann erschien ein vergnügtes Lächeln auf seinem runzeligen alten Gesicht. »Na, mit den gleichen Grusel-Pupillen, wie du sie hast«, erklärte er.
    »Mom, zerbrechlich wie Porzellan? GruselPupillen?« Alex musste beinahe lachen. »Sie hatte braune Augen« , bemerkte sie. »Augen der Begabung, grau und mit dunklen Rändern.« Der alte Arzt schwelgte in Erinnerungen.
    »Wann haben Sie sich denn kennen gelernt?«, fragte Alex zweifelnd. »Kennen gelernt?« Er kam zurück in die Wirklichkeit. » Ach so, du meinst Sara. Wir haben uns vor vierzehn Jahren zum ersten Mal getroffen.«
    War ich da schon geboren, hätte sie gerne gefragt. Kannten Sie mich auch? Aber er fuhr fort: »Sie war so stark, Sara. Und sie hatte den Bogen raus, sie hatte einiges Geschick. Sie war ziemlich perfekt.« Mit einem traurigen Seufzer griff er in seine Manteltasche und nahm ein kleines, mit Seide bespanntes Kästchen heraus. Er warf einen liebevollen Blick darauf, strich kurz mit seiner Handfläche darüber und drückte es dann Alex in die Hand. Das Seidenkästchen fühlte sich warm an. »Soll ich es hier aufmachen ?« , fragte sie mit rauher Stimme. Ihre Kehle hatte sich zusammengeschnürt und in ihren Augen brannten Tränen. »Wie du möchtest«, sagte der alte Mann und kicherte auf einmal.
    »Hey, da kommt deine Clique. Ich verzieh mich. Bis später, Als.«
     
    Cam konnte sich nicht daran erinnern, wie sie aus der Diele gestürzt war, nur an die laut klatschenden Tritte ihrer Hausschuhe, als sie die Treppe hinauf hechtete. Jetzt, wenige Sekunden nachdem sie ihren Eltern eine Frage gestellt hatte, die ihr vor dem Urlaub niemals in den Sinn gekommen wäre, lag sie bäuchlings auf ihrem Bett und versuchte, ihren bebenden Körper zu beruhigen.
    Das schockierte Schweigen ihrer Eltern hatte ihr alles gesagt. Eine Liedzeile kam ihr in den Sinn: »Nichts bleibt beim Alten, nichts wie gehabt... « Was für eine dämliche Melodie.
    Aus dem Erdgeschoss konnte

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