Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Finsteres Gold

Finsteres Gold

Titel: Finsteres Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Jones
Vom Netzwerk:
Stuhl.
    »Hey.« Ihre Stimme ist kaum zu erkennen, so leise und flüstersanft ist sie.
    »Hey«, antwortet Devyn mit ähnlich leiser Stimme.
    »Also …« Nick sucht nach etwas, das er sagen könnte. »Glaubt ihr, dass es in allen Highschool-Cafeterien Bagels gibt.«
    »Na klar«, erwidere ich schnell. »Sie sind total praktisch: Sie enthalten Kohlehydrate und machen satt, sind schnell zubereitet, und wenn man sie nicht auftaut, gehen sie locker als tödliche Waffen durch.«
    »Das muss ich mir merken«, sagt Nick. »Wenn ich das nächste Mal keine Zeit habe, einen Elf zur Villa zu bringen, binde ich ihn nicht an einem Baum fest, sondern schlage ihn mit einem gefrorenen Bagel k.o.«
    »Ja, genau«, falle ich ein. »Statt mit Bogen, Schwert und Messer zu trainieren, sollten wir zu Bagels und Stiefeln greifen.«
    Wir werfen uns verzweifelte Blicke zu. Issie und Devyn sehen einfach nur unglücklich aus. Der blonde Elfentyp kommt mir auf einmal in den Sinn, und ich muss daran denken, wie er mich festgehalten hat, als Yoko explodiert ist. Fluchend schiebe ich den Gedanken beiseite.
    Nach weiteren schrecklichen Minuten gekünstelter Unterhaltung schalten Nick und Dev in den »Wir-sind-Männer-und-beschützen-unsere-Frauen« -Modus. Das ist zwar hoffnungslos altmodisch und machomäßig, aber irgendwie auch ein bisschen süß, wie sie so dahocken – Ellbogen auf dem Tisch, Rücken gerundet und Schultern leicht hochgezogen, die Hände zu Fäusten geballt – und mit erhobenem Zeigefinger ihren Ängsten und Sorgen Luft machen.
    »Ich habe heute Morgen das Haus gecheckt«, sagt Devyn. »Da war nichts. Kein Körnchen Elfenstaub weit und breit.«
    »Es gab auch keine Anzeichen für irgendwelche neuen Elfen«, ergänzt Nick.
    »Vielleicht kommen keine mehr nach«, mutmaße ich.
    »Oder sie werden schlauer.« Nick lässt seine Gelenke knacken.
    Ich zupfe eine Rosine aus meinem Bagel. »Na, vielleicht ist es ja ein gutes Zeichen.«
    »Du kannst dir nicht auf Dauer vormachen, dass du in Sicherheit bist«, sagt Nick. »Das ist nicht gut für dich, Baby. Letzte Woche bist du fast gestorben.«
    »Nein, bin ich nicht. Ich wurde nur verletzt, und nicht einmal schwer«, entgegne ich ihm. »Und was ist mit dir? Du bist da draußen dauernd allein auf der Jagd. Das ist auch nicht sicher.«
    Issie tritt mir unter dem Tisch gegen das Schienbein. Ich stehe auf.
    »Alles o.k., Zara«, versucht Issie mich zu beruhigen. Sie legt die Hände auf den hässlichen Cafeteria-Tisch. Ihre blassen, zartgliedrigen Finger sind gespreizt. Ich starre sie einen Augenblick lang an. Weiß heben sie sich neben Papptellern mit halb gegessenen Bagels, Plastikmessern, der Wasserflasche und leeren Frischkäsedöschen gegen die schweinchenrosa Tischplatte ab. Ich starre und starre und starre, und auf einmal überkommt mich dieses merkwürdige Gefühl, fast das krabbelige Spinnengefühl, das sich einstellt, wenn Elfen in der Nähe sind, aber da ist noch etwas anderes. Ich bekomme wackelige Knie.
    »Ich habe das Gefühl … das Gefühl … äh …« Ich bringe die Worte nicht heraus.
    Jemand packt mich um die Taille und zieht mich zurück auf den Stuhl. Große Hände. Zuverlässige Hände. Nicks Hände. »Zara? Was ist? Was ist los, Baby?«
    »Etw … äh … etw …«, presse ich hervor. »Krabbelig. Ich habe das krabbelige Spinnengefühl.«
    Ich hebe den Kopf und schaue durch das große Fenster auf das Feld hinaus, das sich bis zum Waldrand erstreckt. Durch dasselbe Fenster habe ich damals gesehen, wie mein Elfenvater auf mich zeigte, lange bevor ich wusste, dass er mein Vater ist. Die Welt schwankt. Jetzt ist dort nichts zu sehen.
    Ich sitze seitlich auf dem Stuhl, und Nick ist vor mir in die Hocke gegangen. Seine Hände liegen auf meinen Knien, und er schaut mir in die Augen. Er hat seine besorgte Miene aufgesetzt, sanft und fürsorglich. Dann wechselt er in den Befehlsmodus. »Devyn«, bellt er. »Riechst du was?«
    Devyn atmet tief ein. »Nein. Hier drin gibt es zu viele Gerüche. Ich kann sie nicht trennen.«
    Aus Nicks Kehle dringt ein leises Knurren: »Ich auch nicht.«
    Er steht auf und lässt den Blick durch die Cafeteria schweifen. Sein Körper zittert. Seine Hand greift nach meiner. »Ich sehe ihn nicht.«
    »Nick?«
    Sein Körper zittert wieder. Die Leute um uns herum merken es und fangen an zu glotzen.
    »Oh, Scheiße«, sagt Devyn, was so gar nicht zu ihm passt. »Er verwandelt sich.«
    Ich stehe auf und zerre Nick hinter mir her in Richtung Toiletten.

Weitere Kostenlose Bücher