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Finsteres Gold

Finsteres Gold

Titel: Finsteres Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Jones
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hat, nur kräftiger und irgendwie größer. Seine Verletzung muss komplett ausgeheilt sein. Seinem Aussehen nach ist er so alt wie ich. Er sieht gut aus, wie der Typ in der Highschool, in den alle, inklusive Lehrer, verknallt sind.
    Ich schüttle ihn ab, trete einen Schritt zurück und drücke mich an den Baum: »Du bist der andere König, stimmt’s?«
    »Eigentlich DER König, da es deinem Vater derzeit nicht besonders gut geht.«
    »Du hast es rausgefunden?«, bringe ich gerade so heraus. Ich schaue mich nach einer Waffe um. Ein Ast? Könnte ich einen Ast abbrechen? Brauche ich überhaupt eine Waffe? Immerhin hat er mich schon einmal gerettet. Ich spiele auf Zeit. »Du hast rausgefunden, wer ich bin?«
    Er seufzt, fährt sich mit den Händen durch die Haare und wechselt das Thema.
    »Es ist so kalt hier in Maine. Dein armer Vater hat dieses Territorium am Hals. Er muss jemanden sehr verärgert haben.«
    Dazu macht er ein Gesicht, als ob ihm der ganze Bundesstaat zuwider sei.
    »Du kannst jederzeit gehen«, schlage ich vor.
    Ich schaue nach rechts und nach links. Bis zum Parkplatz bräuchte ich ungefähr drei Minuten, aber was dann? Er würde mich einholen.
    »Ich würde dich einholen.«
    »Kannst du Gedanken lesen?«
    »Nur raten.«
    Mir klappern die Zähne.
    »Siehst du?«, sagt er. »Dir gefällt es hier auch nicht. Ich habe Nachforschungen angestellt. Du bist ein Mädchen aus den Südstaaten, nicht wahr? Charleston. Mint Juleps. Träge, heiße Tage auf der Veranda. Und jetzt hängst du hier fest und isst Bagels, zusammen mit all diesen Leuten.«
    »Ich bin freiwillig hier.«
    Er zieht eine Augenbraue hoch. Es ist eine langsame, berechnete Geste. Seine Stimme passt dazu: »Das glaube ich nicht. Du bist hier, weil du hier sein musst. Genau wie ich.«
    Unsere Blicke begegnen sich. Seine Augen sind unergründlich, fast hypnotisierend. Habe ich unergründlich gesagt? Ja, genau. Aber das trifft es nicht. Sie haben einen Sog wie Strömungen, kleben an dir fest wie Klettband oder so etwas. Sie fesseln dich, wie der Anblick eines auf dem Dach liegenden Cabrios auf der Autobahn, neben dem Leichensäcke liegen: Du möchtest nicht hinschauen, aber du schaust hin, denn du kannst nicht nicht hinschauen, denn dein Blick ist wie festgenagelt und …
    Aufhören. Einfach aufhören.
    »Lässt du mich zurückgehen?«, frage ich und zeige mit dem Kopf in Richtung Rettungsstation und Parkplatz.
    »Na klar. Ich gehöre nicht zu den Elfen, die Menschen in die Irre führen oder sie einsperren.«
    »So, so. Gut. Du rufst auch nicht im Wald die Namen von irgendwelchen Leuten?«
    »Das ist archaisch. Haben sie das tatsächlich getan?« Seine Stimme verliert ihre hypnotisierende Wirkung und klingt jetzt eher neugierig. Im Vergleich zu meinem Vater wirkt er so jung, viel zu jung, um König zu sein.
    Ich gehe los. Der Schnee dringt in meine Turnschuhe. Meine Füße sind sowieso schon nass und eiskalt. Er geht direkt hinter mir. Ich spüre seinen Atem auf meinen Haaren, weil er so nah ist. Wenn ich unvermittelt stehen bliebe, würde er mit mir zusammenstoßen.
    »Und du willst mich auch nicht entführen?«, sage ich. »Ich stehe nicht darauf, entführt zu werden.«
    »Keine Entführung.« Er hebt amüsiert die Hand. »Elfenehrenwort.«
    »Elfenehrenwort,« schnaube ich. »Das kenne ich. Ich bin entführt worden, weißt du. Komm mir nicht mit Elfenehrenwort..«
    Er packt mich an der Schulter und reißt mich herum. Auf einmal sieht er beunruhigend zornig aus. Ich ziehe den Kopf ein. Sein Mund bewegt sich hart und schnell, während er spricht: »Ich weiß, dass du keine guten Erfahrungen mit uns gemacht hast, Prinzessin, aber dein Vater war schwach. Er hatte sein Volk praktisch nicht unter Kontrolle. So dürfen wir nicht herrschen.«
    »Echt?« Ich reiße mich von ihm los. »Tut mir leid. Meiner Erfahrung nach seid ihr alle nicht besonders vertrauenswürdig.«
    Er mustert mich. Seine Stimme wird tiefer und klingt fast besorgt: »Du wirst blau. Die Farbe war nur ganz schwach, als ich dich zum ersten Mal sah, deshalb war ich mir nicht sicher, aber jetzt wird sie intensiver.«
    Auf einmal brist der Wind auf. Ich schwanke wieder, sacke fast zusammen: »Mir ist so schwindelig.«
    Seine Arme umfassen mich. »Ich trage dich zurück.«
    »Nein«, protestiere ich, aber er hört nicht auf mich, sondern hebt mich hoch. »Nein, habe ich gesagt.«
    »Du schaffst es nicht.« Er zieht mich an sich, als würde ich nichts wiegen.
    Die Welt schwankt hin und her,

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