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Finsteres Verlangen

Finsteres Verlangen

Titel: Finsteres Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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ohne körperliche Gewalt. In seinen Augen stand viel Unausgesprochenes, und ungeheurer Schmerz glänzte darin. Ich wollte die Worte nicht hören, den Schmerz nicht zu fühlen bekommen. Ich wollte ihn weder sehen noch fühlen und mir nicht in meine eigenen Wunden reiben lassen. Ich fühlte mich im Recht, und eine Frau muss ein paar Grundsätze haben. Ich lasse mir von Vampiren nicht den Verstand benebeln, sie bekommen nur meinen Körper. Bis vor einer Stunde schien mir das ein guter Grundsatz zu sein.
    Ich schloss die Tür hinter mir, lehnte mich dagegen und versuchte zu atmen, ohne zu zittern. Vor einer Stunde war meine Welt noch im Lot gewesen.

33
    I ch lehnte noch zitternd an der Tür, als Nathaniel kam. Zuerst nahm ich ihn gar nicht wahr, obwohl er direkt vor mir stand. Ich starrte auf den Boden und sah schließlich seine Joggingschuhe, seine Beine, seine Shorts, sah langsam weiter hinauf bis in sein Gesicht. Es dauerte ziemlich lange, bis ich bei dem vertrauten Gesicht mit den lila Augen angelangt war.
    »Anita …«, begann er sanft.
    Ich unterbrach ihn mit einer Handbewegung. Bei der geringsten Nettigkeit würde ich zusammenklappen. Das konnte ich jetzt nicht gebrauchen. Wenn Asher wach war, dann wahrscheinlich auch Musette. Normalerweise hätte ich bei dem Gedanken gleich meine Fühler nach dem nächsten Vampir ausgestreckt, aber heute war ich leer. Ich war, was Marianne, meine Lehrerin, kopfblind nennt. Diesen Zustand hat man manchmal, wenn man unter Schock steht, physisch, emotional oder wie auch immer. Bis der nachließ, würde ich für nichts Metaphysisches zu gebrauchen sein – falls er überhaupt nachließ. Im Moment fühlte ich mich, als müsste sich der Boden vor mir auftun und mich in dieses große schwarze Loch ziehen, das an meinem Herzen fraß.
    »Was gibt es, Nathaniel?« Es kam nur ein Flüstern heraus. Ich räusperte mich, um es zu wiederholen, aber er hatte mich schon verstanden.
    »Die beiden Männer aus dem blauen Jeep sind draußen und beobachten den hinteren Parkplatz. Sie sind jetzt mit einem anderen Wagen da, aber es sind die beiden von vorhin.«
    Ich nickte, und das schwarze Loch vor meinen Füßen begann sich zu schließen. Ich litt trotzdem und war noch immer kopfblind, aber in diesem Fall spielte das keine Rolle. Schusswaffen ist es egal, ob man übersinnlich begabt ist. Schusswaffen ist alles egal. Sie beschweren sich auch nicht über irgendwelche Grundsätze, die man in seinem Privatleben hat. Ein Hund natürlich auch nicht, aber ich muss keine Kotschaufel benutzen, nachdem ich meine Kanone abgefeuert habe. Manchmal wird dann ein Leichensack gebraucht, aber das fällt nicht in mein Ressort.
    Ich fühlte mich besser. Stabiler. Mit dieser Sache konnte ich umgehen. »Such Bobby Lee. Er soll mir seine besten Fahrer schicken.«
    »Fahrer?«
    »Wir werden sie von zwei Seiten blockieren und feststellen, warum sie uns gefolgt sind.«
    »Und wenn sie es nicht sagen wollen?«
    Ich sah ihn an, während ich das Holster anlegte und den Gürtel öffnete, um ihn durch die Holsterschlaufen zu fädeln. Ich sagte nichts, sondern rückte meine Pistole dahin, wo ich sie haben wollte. Ich musste den Griff etwas tiefer tragen, als mir der Schnelligkeit wegen lieb gewesen wäre, aber wenn der Griff beim Ziehen die Brust streift, ist man noch langsamer. Darum ein kleinerer Winkel, um der Brust auszuweichen. Den Sagen nach haben sich die Amazonen die Brüste abgeschnitten, um besser mit dem Bogen schießen zu können. Ich glaube das nicht. Es dürfte ein weiteres Beispiel des männlichen Denkens sein, wonach eine Frau kein erstklassiger Krieger sein kann, solange sie ihre Weiblichkeit nicht beschneidet, ob äußerlich oder sonst wie. Wir können erstklassige Krieger sein; wir müssen nur die Waffen ein bisschen anders tragen.
    Nathaniel schaute sehr ernst. »Ich habe keine Kanone dabei.«
    »Das ist in Ordnung, denn du kommst nicht mit.«
    »Anita …«
    »Nein, Nathaniel. Ich habe dich mit Schusswaffen vertraut gemacht, damit du dich im Notfall verteidigen kannst und dich nicht selbst verletzt. Das hier ist aber kein Notfall. Ich will, dass du drinnen bleibst und dich raushältst.«
    Daraufhin huschte eine Regung über sein Gesicht. Vielleicht Sturheit. Sturheit hatte ich bei Nathaniel noch nicht erlebt. Ich wollte, dass er selbstständiger wurde, aber nicht stur. Er war so ziemlich der einzige Mensch in meinem Leben, der immer tat, worum ich bat. Das wusste ich gerade jetzt sehr zu schätzen.
    Ich

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