Finsteres Verlangen
Musette hier ist. Ich will ihr keinen Grund geben, mich wieder an den Hof mitzunehmen. Und das wird sie tun, wenn ich zu keinem gehöre. Ich hätte keinen Weigerungsgrund.« Er rieb sich die Arme, als wäre ihm kalt. »Wenn sie abgereist ist, werde ich bei dem Meister eines anderen Territoriums um Aufnahme bitten. Es gibt welche, die mich nehmen würden.«
Ich ging auf ihn zu. »Nein, nicht. Du musst mir ein bisschen Zeit lassen. Ich muss darüber nachdenken, was du getan hast. Es ist nicht fair, einfach so wegzugehen.« Ich war fast bei ihm, als er zu mir herumfuhr, und angesichts seiner Wut prallte ich zurück.
»Fair! Was ist fair daran, wenn einem angeboten wird, wonach man sich so lange gesehnt hat, und es einem wieder entrissen wird, kaum dass man es in den Händen hält? Und das, weil man eine Bitte erfüllt hat.« Er schrie mich nicht an, legte aber seinen ganzen Zorn hinein, sodass mich jedes Wort wie ein glühender Schürhaken traf.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
»Ich kann und werde nicht bleiben und zusehen, wie ihr beide zusammen seid. Lieber möchte ich keinen von euch sehen, als euch so nah und doch ausgeschlossen zu sein.« Er schlug sich die Hände vors Gesicht und stieß einen Schrei aus. »Geliebte eines Vampirs zu sein heißt, sich von seinen Kräften verführen zu lassen.« Er drehte sich um und zeigte mir die Verführungskraft seiner Augen. »Ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass Jean-Claude darauf verzichtet.« Er blickte zu ihm hinüber, der noch auf der Bettkante saß. »Wie konntest du so lange mit ihr zusammen sein und der Versuchung widerstehen?«
»Sie ist in solchen Dingen unerbittlich«, sagte Jean-Claude. »Wenigstens du hast von ihr willig Blut bekommen; ich hatte nie das Glück.«
Asher blickte finster, und das passte nicht zu seinem schönen Gesicht. Er sah aus wie ein zorniger Engel. »Das schockiert mich noch immer, obwohl ich es seit langem weiß. Aber sie hat dir ihre körperlichen Reize gewährt, und die werde ich nun nicht mehr kennenlernen.«
Das ging mir alles viel zu schnell. »Jean-Claude versteht meine Grundsätze, und wir leben danach.« Ich war zwar gerade drauf und dran gewesen, die Regeln zu ändern, aber das wollte ich Asher nicht gerade jetzt auf die Nase binden.
Asher schüttelte den Kopf, sodass die goldene Haarpracht über die Schultern nach vorn glitt. »Selbst wenn ich für deine Grundsätze Verständnis hätte, Anita, könnte ich sie nicht befolgen.«
»Warum nicht?«, fragte ich stirnrunzelnd.
»Anita, wir sind keine Menschen, ganz gleich wie menschlich sich manche von uns geben. Aber nicht alles an uns ist schlecht. Du hast unsere Welt betreten, verwehrst dir aber das Beste daran und siehst nur das Schlechte. Am Schlimmsten ist aber, dass du auch Jean-Claude das Beste an seiner Welt verwehrst.«
»Was meinst du damit?«
»Wenn er nicht mit dir zusammen ist, lebt er völlig enthaltsam, und nicht einmal von dir bekommt er den vollen Genuss.« Er machte eine Geste, die ich nicht verstand. »Ich sehe diesen Gesichtsausdruck bei dir, Anita, diesen amerikanischen Gesichtsausdruck. Sex beschränkt sich nicht auf Geschlechtsverkehr und Orgasmus, und schon gar nicht bei unseresgleichen.«
»Ach, vielleicht weil ihr Franzosen seid?«
Darauf blickte er mich so ernst an, dass mir meine bemühte Heiterkeit im Hals stecken blieb. »Wir sind Vampire, Anita, noch dazu sind wir Meistervampire aus Belle Mortes Linie. Wir können dir Genüsse verschaffen wie kein anderer, und wir können genießen, wie es kein anderer kann. Als Jean-Claude sich bereit erklärt hat, sich zu beschränken, hat er sich einen Gutteil dessen, was seine Existenz erträglich und angenehm macht, versagt.«
Ich sah Jean-Claude an. »Wie sehr hast du dich zurückgehalten?«
Er weigerte sich, mich anzusehen.
»Wie sehr, Jean-Claude?«
»Ich kann meinen Biss nicht zum Genuss machen wie Asher. Ich kann dein Empfinden nicht so stark manipulieren wie er.« Er wollte mich noch immer nicht ansehen.
»Danach habe ich nicht gefragt.«
Er seufzte. »Ich kann Dinge tun, die du noch nicht erlebt hast. Ich habe versucht, mich in allem nach deinen Wünschen zu richten.«
»Und ich bin dazu nicht bereit«, sagte Asher.
Wir drehten beide den Kopf zu ihm.
»Anita wird immer einen Grund finden, sich uns beiden nicht frei hinzugeben. Sie kann nicht einmal einem Geliebten gestatten, ein ganzer Vampir zu sein. Wie soll sie da den vollen Kontakt mit zweien ertragen?«
»Asher«, sagte
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