Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Finsteres Verlangen

Finsteres Verlangen

Titel: Finsteres Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
Vom Netzwerk:
umarmte ihn, und das verblüffte uns wohl beide. An seiner vanilleduftenden Wange flüsterte ich: »Bitte, tu einfach, was ich sage.«
    Einen Herzschlag lang war er still, dann schlang er die Arme um mich und flüsterte: »Ja.«
    Langsam löste ich mich und forschte in seinem Gesicht. Mir lag die Frage auf der Zunge, ob er meine Regeln als Belastung empfand, ob ich auch ihm die halbe Lebensfreude genommen hatte. Doch dann fragte ich lieber nicht. Nicht weil mein Mut mich im Stich ließ, sondern weil mich meine Feigheit überwältigte. Noch mehr Wahrheit konnte ich an dem Tag nicht verkraften.
    Ich küsste ihn auf die Wange und ging, um Bobby Lee zu suchen. Ihm traute ich bei einer Schießerei mehr zu. Aber es war nicht nur das. Ich ging mit Bobby Lee nicht ins Bett, ich liebte ihn nicht. Die Liebe macht einen manchmal egoistisch und manchmal dumm. Und manchmal führt sie einem wieder vor Augen, warum man seine Pistole liebt.

34
    I ch schaute durchs Fernglas zu einem Wagen, der am anderen Ende des Personalparkplatzes stand. Nathaniel hatte recht: Es waren dieselben Männer, aber jetzt saßen sie in einem großen goldenen Impala aus den Sechzigern. Er war alt aber in gutem Zustand und im Vergleich zu dem glänzend neuen blauen Jeep eine völlig andere Art Wagen. Diesmal saß der Blonde am Steuer. Durch das Fernglas konnte ich erkennen, dass er ein jungenhafter Typ zwischen fünfundzwanzig und vierzig war. Er war glatt rasiert, trug einen schwarzen Rollkragenpullover und eine Brille mit silbernem Gestell. Seine Augen waren hell, grau oder blaugrau.
    Der Dunkelhaarige hatte sich eine Schirmmütze und eine größere Sonnenbrille aufgesetzt. Er hatte ein schmales Gesicht, keinen Bart, aber ein Muttermal am Mundwinkel, früher Schönheitsfleck genannt.
    Ich fragte mich, warum sie nicht wenigstens Zeitung lasen oder Kaffee tranken, während sie dort saßen.
    Nach »Kasey Crime Stopper 101« hatten sie fast alles richtig gemacht – den Wagen gewechselt, kleine Änderungen an ihrer äußeren Erscheinung vorgenommen, und es hätte vielleicht sogar funktioniert, wenn sie nicht vor dem Zirkus geparkt hätten, ohne sich mit irgendetwas zu beschäftigen. Egal wie geschickt man sich verkleidet – sehr wenige Leute sitzen am Vormittag in einem geparkten Wagen und tun gar nichts. Bei Dunkelheit wären sie wahrscheinlich nicht so schnell bemerkt worden, aber um diese Tageszeit fielen sie auf.
    Bobby Lee erklärte mir gerade die Crime-Stopper-Tipps und noch ein paar mehr. »Wenn sie den Wagen nicht gewechselt und ihre äußere Erscheinung nicht verändert hätten, könnte das heißen, dass ihnen egal ist, ob wir sie bemerken. Oder sogar, dass sie bemerkt werden wollen. Aber so glaube ich, dass sie wirklich versuchen, dich zu beschatten.«
    Ich gab ihm das Fernglas zurück. »Aber warum?«
    »Wenn man beschattet wird, kennt man meistens den Grund.«
    »Ich dachte, sie könnten Renfields von Musette sein, aber die würden sich nicht die Mühe machen, ihre Erscheinung zu ändern. Renfields sind häufig nicht die Hellsten.«
    Bobby Lee grinste mich an. »Wie kannst du mit so vielen Blutsaugern befreundet sein und noch immer so verächtlich über sie reden?«
    Ich zuckte die Achseln, aber bei mir sah es nie elegant aus. »Alles Übung.«
    Das Grinsen blieb, aber seine Augen wurden ernst. »Was willst du wegen der beiden unternehmen?«
    Eine Sekunde lang glaubte ich, er meinte Asher und Jean-Claude anstatt der beiden Kerle in dem Impala. Das zeigt, wie schlecht ich mich konzentrieren konnte. Mit solch einer Konzentration ging man bei einer Schießerei drauf.
    Ich atmete einmal tief durch und dann noch einmal und versuchte einen klaren Kopf zu bekommen. Ich musste mit meinen Gedanken an Ort und Stelle sein und nicht bei meinem komplizierter werdenden Privatleben. Hier und jetzt bei den bewaffneten Männern und Frauen, die im Begriff standen, ihr Leben zu riskieren, weil ich sie darum gebeten hatte. Möglich, dass die beiden Beschatter gar nicht gefährlich waren, aber darauf konnten wir uns nicht verlassen. Wir mussten uns verhalten, als wären sie es. Wenn wir uns irrten, gut. Wenn wir recht hatten, nun, dann waren wir entsprechend vorbereitet.
    Ich wurde das Gefühl einer herannahenden Katastrophe nicht los. Ich sah Bobby Lee an. »Ich will nicht, dass einer von euch dabei umkommt.«
    »Das würden wir auch gern vermeiden.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, das meine ich nicht.«
    Plötzlich sah er mich äußerst ernst an. »Was ist

Weitere Kostenlose Bücher