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Finsteres Verlangen

Finsteres Verlangen

Titel: Finsteres Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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um unsere Beine und legten sich raschelnd. Unsere Kleidung war genau für solche Bewegungen gemacht. Wahrscheinlich wirkten wir wie die Gruftiversion von Fred Astaire und Ginger Rogers.
    Asher kam zu uns geeilt und bot einen völlig ungewohnten Anblick. Seine Haltung war scheinbar wie immer, hatte aber etwas Geducktes wie ein geprügelter Hund. Er hastete in seinen perlweißen Stiefeln, hastete ohne jede Anmut. Für Anmut hatte er zu viel Angst.
    Jean-Claude streckte die Hand aus, und Asher nahm sie. Wir standen da und hielten uns an den Händen wie Kinder. Scheinbar absurd, angesichts des kleinen Vampirs, der dort vor uns stand, doch ich glaube, es war nicht Valentina, weswegen wir uns schützend aneinanderdrängten, sondern wegen der Nacht im Allgemeinen, wegen allem, was im Vorzimmer wartete und was es repräsentierte.
    Valentina stand vor den Vorhängen und sah aus wie ein Püppchen, das eigens ein gold-weißes Kleid bekommen hatte, damit es zur gedeckten Tafel passte. Jeder in Musettes Entourage passte dazu. Offenbar war auch das ausgehandelt worden. Die Kleidung wäre keine meiner Prioritäten gewesen.
    Valentina trug ein Kleidchen nach der Mode des siebzehnten Jahrhunderts, wo die Rockform ein Oval bildete. Der Rock war sehr bauschig und ließ ihre goldenen Pantöffelchen und mehrere Unterröcke hervorblitzen. Sie hatte sogar eine weiße Perücke auf, unter der ihre braunen Locken vollständig verschwanden. Sie wirkte zu schwer für den schlanken, weißen Hals, aber Valentina bewegte sich, als ob all die Juwelen, Federn und gepuderten Haare nichts wögen. Sie hielt sich absolut makellos, doch ich wusste, das kam durch das Korsett. Diese Art Kleider sitzen überhaupt nur richtig mit dem dazugehörigen Unterzeug.
    Bei ihr war kein Puder nötig, um die Haut weiß aussehen zu lassen. Rouge und roter Lippenstift genügten dafür. Ach, und ein schwarzes Schönheitspflästerchen in Form eines Herzens neben ihrem Rosenknospenmund. Sie hätte albern aussehen können, tat sie aber nicht; sie war eine Gruselpuppe. Als sie mit einem scharfen Ruck ihren goldenen Spitzenfächer entfaltete, fuhr ich erschrocken zusammen.
    Sie lachte, aber nur der Klang war kindlich und deutete noch an, wie sie vor langer Zeit einmal gewesen sein mochte.
    »Sie hat am Rand des Abgrunds gestanden und hineingeblickt, und der Abgrund hat sie angesehen, nicht wahr?«
    Ich schluckte mühsam, um überhaupt antworten zu können, denn mein Herz hämmerte, und ich zitterte plötzlich. »Du redest, als hättest du Erfahrung damit.«
    »Die habe ich.« Sie kam elegant gleitend auf uns zu. Sie hatte den Körper eines Kindes, bewegte sich aber nicht wie ein Kind. Ich schätze, ein paar Jahrhunderte Übung und jeder schafft diesen gleitenden Gang.
    Sie blieb in einem größeren Abstand stehen, damit sie den Kopf nicht in den Nacken legen musste, um mir ins Gesicht zu sehen. Das war mir schon im Vorzimmer aufgefallen. »Als ich noch das Kind war, das dieser Körper zu sein vorgibt, bin ich einmal weggelaufen, um allein auf Entdeckungsreise zu gehen, wie Kinder es eben tun.« Sie sah mich aus enorm großen braunen Augen an. »Ich stieß auf eine Tür, die nicht abgeschlossen war, und einen Raum mit vielen Fenstern …«
    »Und keines davon blickte nach draußen«, schloss ich.
    Sie blinzelte mich an. »Exactement. Worauf blickten die Fenster?«
    »Auf einen Raum«, sagte ich, »einen riesigen Raum.« Ich schaute zur Höhlendecke auf. »Er war wie dieser, nur größer, und der Raum mit den Fenstern befindet sich darüber.«
    »Du warst nicht in unserem Allerheiligsten, dessen bin ich mir sicher, aber du sprichst, als hättest du an derselben Stelle gestanden wie ich.«
    »Nicht physisch, aber ich war dort«, sagte ich.
    Wir sahen uns an und teilten unser Wissen, unseren Schrecken, unsere Angst.
    »Wie nah bist du dem Bett gekommen?«, fragte sie.
    »Näher, als ich wollte«, flüsterte ich.
    »Ich habe die schwarze Decke berührt, weil ich dachte, dass sie nur schläft.«
    »Das tut sie.«
    Valentina schüttelte ernst den Kopf. »Non. Zu sagen, dass sie schläft, heißt, dass jeder Vampir schläft. Aber das ist nicht wahr.«
    »Sie ist nicht tot, nicht so wie ihr in euren Särgen liegt.«
    »Das ist wahr, aber man kann es auch nicht Schlafen nennen.«
    Ich zuckte die Achseln. »Wie immer man es nennt, wach ist sie nicht.«
    »Und dafür sind wir wirklich dankbar, nicht wahr?« Sie redete so leise, dass ich mich vorbeugen musste.
    »Ja«, sagte ich ebenfalls

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