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Finsteres Verlangen

Finsteres Verlangen

Titel: Finsteres Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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Nutzloses.« Ich ging zur Tür. »Ich gehe jetzt ins Bad. Du kannst gern die Dusche oben benutzen, wenn du willst.« Jason rief mir noch einmal hinterher, aber ich ging weiter. Ich hatte für heute genug Bettgeflüster.

25
    D ie Dusche, die ich im großen Bad im Erdgeschoss nachträglich hatte einbauen lassen, mochte ich sehr. Einer der Werbären in der Stadt war Installateur, wie sich herausgestellt hatte. Ich hatte ihm trotzdem den üblichen Preis gezahlt, musste mir aber wenigstens keine dummen Fragen zu meinen Lebensverhältnissen anhören. Wenn sich die Gelegenheit ergab, nahm ich zwar gerne mal ein ausgedehntes Bad, aber eigentlich duschte ich lieber.
    Ich stellte die Brause auf harten Strahl ein, sodass mir das Wasser auf Kopf, Nacken und Schultern prasselte. Es war mir nicht peinlich gewesen, mit Jason zu schlafen, und vielleicht war das falsch, aber es war mir nicht wie eine Sünde vorgekommen. Vielleicht weil das für ihn einfach eine Art war, sich um mich zu kümmern. Doch die kleine Unterhaltung hinterher, die machte mir zu schaffen. Diese schonungslosen Wahrheiten riefen bei mir mehr Verlegenheit hervor, als wenn ich mit jemandem Geschlechtsverkehr hatte, in den ich nicht verliebt war, und daran war wahrscheinlich abzulesen, wie weit es mit meinem moralischen Verfall gekommen war.
    Ich stand unter dem heißen Wasserstrahl, während der Dampf die Glastüren der Duschkabine beschlug, und war froh, dass mein Herz niemandem gehörte. Es gehörte verdammt noch mal mir allein, und wenn es irgend ging, würde ich es mir nicht brechen lassen. Richard hatte schon etwas in mir kaputt gemacht, das letzte Bisschen in mir, das an einer zarten, romantischen Auffassung von Liebe hatte festhalten wollen. Er war gegangen, hatte mich fallen lassen, weil ich für ihn nicht Mensch genug war. Mein Verlobter während der Collegezeit hatte mich fallen lassen, weil ich seiner Mutter nicht weiß genug gewesen war. Meine Stiefmutter Judith hat mich nie vergessen lassen, dass ich klein und dunkelhaarig bin und sie, ihre Kinder und mein Vater groß, blond und blauäugig sind. Mein ganzes Leben lang war ich von Leuten wegen äußerer Merkmale abgelehnt worden, an denen ich nichts ändern konnte. Aber jetzt konnten sie mich alle mal.
    Ich saß auf dem Boden der Dusche und hatte das eigentlich nicht vorgehabt. Ich hatte mich nicht hinter dem Wasserstrahl verkriechen wollen. Warum wollte ich immer die Liebe von Leuten erringen, denen ich nicht gut genug war? Es gab jede Menge andere, die mich genau so wollten, wie ich war: klein, dunkelhaarig, blutig, randvoll mit metaphysischem Scheiß. Leute, die mich liebten, wie ich war. Leider gehörte ich selbst nicht dazu.
    Es klopfte an der Tür, und mir wurde bewusst, dass es schon mehrmals geklopft hatte. Ich schloss immer ab, wenn ich duschte, rein aus Gewohnheit.
    Ich drehte den Hahn ein Stück weit zu, damit ich besser hörte. »Was ist?«
    »Anita, ich bin’s, Jamil. Ich muss mal reinkommen.«
    »Warum?« Nur ein Wort und so viel Misstrauen darin. Wenn Jamils Bitte keinen unangenehmen Grund gehabt hätte, hätte er gleich gesagt, warum er reinkommen wollte.
    Er seufzte sogar. »Wir haben Richard hier, es geht ihm schlecht, und wir brauchen die große Badewanne.«
    »Nein«, sagte ich. Ich stellte das Wasser ab und griff nach dem großen Duschhandtuch.
    »Anita, seit das Rudel Rainas Haus verkauft hat, haben wir keine so große Wanne mehr, wo mehrere hineinpassen. Ich habe ihn bewusstlos in seinem Schlafzimmer gefunden. Er ist eiskalt.«
    Ich wickelte mir ein kleineres Handtuch um den Kopf. »Du wirst ihn nicht in mein Bad bringen, Jamil. Es muss eine andere Möglichkeit geben. Jean-Claude wird euch sicher seine Wanne benutzen lassen.«
    »Anita, er ist eiskalt. Ich weiß nicht, was passiert, wenn wir ihn nicht sofort aufwärmen.«
    Ich lehnte die Stirn gegen die Tür. »Soll das heißen, dass er vielleicht stirbt?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe noch keinen Werwolf in so einem schlechten Zustand gesehen, ohne dass er äußere Verletzungen hatte. Ich weiß überhaupt nicht, was er hat.«
    Aber ich wusste es. Leider. Belle hatte nicht nur mir, sondern auch Richard die Kraft ausgesaugt. Das hatte ich zwar schon vermutet, aber ich hätte mir nicht träumen lassen, dass er niemanden aus seinem Rudel ruft, um sich stärken zu lassen. Ich wäre nicht auf die Idee gekommen, er könnte sich einfach dem Tod überlassen. Denn schließlich musste er, lange bevor er einen lebensgefährlichen

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