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Finsterherz

Finsterherz

Titel: Finsterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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sein.
    Er trug das Messer jetzt unter seinem Hemd. Aber immer wenn er es benutzte, schaute er Katta an und strich mit der Klinge über seine Handfläche, und sie wusste, was das bedeutete. Genau davon hatte König gesprochen, als er sie gewarnt hatte: Die Rache verfolgt dich.
    Sie nahm nicht an, dass Stefan ihr etwas tun würde, solange König dabei war, doch ansonsten traute sie ihm nicht mehr über den Weg. Schlimmer noch: Sie wusste, dass sie selbst schuldig geworden war, doch ein Zurück gab es jetzt nicht mehr. Sie würde sehr, sehr vorsichtig sein müssen, und fürs Erste nahm sie sich vor, sich möglichst in Königs Nähe zu halten. Außerdem wollte sie wissen, wie seine nächsten Schritte aussahen.
    Doch im Augenblick ging sie neben Mathias her, passte sich seinem Schritttempo an und ließ zu, dass er sich an sie lehnte, was sie auf eine ihr wundersam erscheinende Art wärmte.
    »Hat er dir je irgendetwas beigebracht?«, fragte sie. »Tricks oder so was?«
    Sie sprach von Gustav. Die Geschichte von der Zaubervorstellung faszinierte sie. Doch Mathias schüttelte den Kopf.
    »Er hätte dir seine Kunststücke beibringen sollen«, sagte sie. »Dann hättet ihr zusammen auftreten können.«
    König hatte ihnen zugehört. Aus dem Sattel blickte er zu Katta herab. »Vielleicht hat er genau das nicht gewollt«, meinte er. »Vielleicht ist euer geheimnisvoller Zettel ja nur der Beweis für die Geheimnistuerei eines alten Mannes, der niemandem seine Tricks verraten wollte.«
    Mathias blickte zu ihm auf. »Das glaubst du doch nicht wirklich«, sagte Mathias.
    König richtete sich in den Steigbügeln auf und warf einen Blick auf die Straße hinter ihnen. Danach ließ er sich wieder in den Sattel fallen. »Nein«, gab er zu. »Zaubertricks sind es nicht wert, dafür zu sterben.« Er sah Mathias an, als wollte er noch etwas hinzufügen, doch mit einem Mal veränderte sich sein Gesichtsausdruck, er schien voller Sorge. Mathias drehte sich um, weil er wissen wollte, was König entdeckt hatte. Dass Katta sich von seiner Seite entfernt hatte, war ihm bis jetzt nicht aufgefallen. Sie stand reglos da, blass und mit leerem Blick.
    »Katta?«, sagte er.
    Doch sie hörte ihn nicht, weil die Welt in ihrem Kopf gerade in tausend winzige Lichtpünktchen zerfiel. Sie hatte die Zähne zusammengebissen und stieß ein leises Wimmern aus.
    Bevor Mathias etwas tun konnte, fiel sie nach vorn in den Schnee, zuckte und trat um sich wie eine kaputte Aufziehpuppe. Der plötzliche Aufruhr machte das Pferd unruhig, sodass es begann, seitwärts über den Pfad zu tänzeln. Stefan hielt Kattas Anfall für Theater. Er fingerte an seinen Jackenknöpfen herum, zog das Messer unter seinem Hemd hervor und brüllte Katta an, sie solle aufstehen. Doch dann sah er den roten Schaum vor ihrem Mund, denn sie hatte sich in die Zunge gebissen. Er blickte in ihre weit aufgerissenen, ins Leere starrenden Augen. König zog die Zügel an und glitt aus dem Sattel. Er umfasste Kattas hin und her zuckenden Kopf mit beiden Händen. Mathias konnte nichts tun als zusehen.
    Es schien eine Ewigkeit zu dauern. König hielt Katta fest, bis sie endlich aufhörte, um sich zu schlagen und zu treten. Dann strich er ihr das Haar aus dem Gesicht, legte seinen Hut in den Schnee und bettete ihren Kopf vorsichtig darauf wie auf ein Kissen. Es dauerte einige Augenblicke, bis sie die Augen aufschlug. Mit langsamen Pupillenbewegungen blickte sie sich um und blinzelte, als wüsste sie nicht, wo sie war oder was passiert war. Dann begann sie leise zu weinen.
    Stefan stand da und blickte fassungslos auf sie herab. Ihr ganzes Gesicht war voller Blut und Spucke. Zu allem Überfluss hatte sie sich auch noch in die Hose gemacht. Mathias kniete sich in den Schnee und sah Stefan an. Aus seinen Augen sprach eine stumme Anklage, die Stefan sofort bemerkte.
    »Sie verrückt!«, rief er. Er strich sein Haar aus der Stirn, damit man die dicke, hässliche Wunde sah. »Sie tun das!«
    Langsam blickte Katta zu ihm auf, das Gesicht nass von Tränen, den Blick noch getrübt. Aber sie wusste, wer er war. »Ich hasse dich«, sagte sie.
    Er beschimpfte sie in der Köhlersprache, doch König stieß ihn beiseite. Wütend spuckte Stefan in den Schnee und trat hinein, dann ging er hinüber zu dem Pferd, das die Zügel locker über den Hals hängen hatte.
    König kniete sich neben sie. »Kannst du auf einem Pferd sitzen?«, fragte er leise.
    Sie nickte fast unmerklich, doch schon diese kleine Bewegung tat weh.
    Er

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