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Finsterherz

Finsterherz

Titel: Finsterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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allerdings nicht mehr so zufrieden gefühlt, wenn sie sich umgedreht und den Ausdruck in Stefans Gesicht gesehen hätte. Er fand, dass er genauso schlau hätte kombinieren können wie sie. Dass ihm genauso hätte einfallen können, wo Jakob das Papier versteckt hatt e – wenn man ihm genügend Zeit gelassen hätte. Hatte man aber nicht, und Katta war ihm zuvorgekommen.
    Immer Katta. Nun, das konnte er abstellen.
    Mathias sah noch grauer aus als zuvor, aber der Doktor sagte, dies sei zu erwarten gewesen. Seine Schulter war gesäubert und genäht worden. Die gebrochenen Rippen waren mit einem Stück Draht in die richtige Position gezogen worden, was sehr schmerzhaft gewesen war. Jetzt musste alles heilen, und was er dazu brauchte, war Ruhe. Allerdings würde er die kaum bekommen.
    Sie liefen durch die gewundenen Gassen, bis sie den Friedhof der Kirche der Heiligen Maximilian und Maria erreichten. Er war von einer hohen Mauer umgeben und am Eingang befanden sich schwere Eisengitter.
    König stieß das Tor auf. Auf den Wegen lagen Eis und Schnee. Es war ein trostloser Ort. Kein Laut war zu hören. Hierher kam man nur, um seine Toten zu begraben oder selbst begraben zu werden. Aus der Stadt der Lebenden drangen keine Geräusche hierhe r – kein Rufen, kein Hundegebell. Es war, als seien auch die Geräusche gestorben. Hier waren nur die Toten und die redeten nicht.
    Sie standen in der Kälte und blickten auf Grabreihen und Denkmäler. Einige waren von Eisenzäunen umgeben, andere waren schon halb verfallen. Es wehte ein eisiger Wind. Katta fror. Sie mochte keine Gräbe r – sie wollte nicht sterben und in Gesellschaft von Würmern unter der drückenden Last der Erde liegen.
    »Das sind ja Hunderte«, sagte sie.
    »Wir trennen uns«, bestimmte König. »Jeder nimmt sich eine Reihe vor. Und schaut genau hin.«
    »Ich gehe mit ihm«, sagte Katta rasch und legte den Arm um Mathias. »Kann sein, dass er Hilfe braucht.«
    »Gut«, erwiderte König. »Ruft, wenn ihr das richtige Grab findet.«
    Katta hielt Mathias fest und dirigierte ihn zwischen den Gräbern hindurch. Sie brach Efeuzweige von einem Grabstein und wischte damit den Schnee von den Buchstaben.
    »Lesen musst du«, sagte sie.
    Mathias fuhr die Worte vorsichtig mit den Fingerspitzen nach und bewegte langsam die Lippen dabei, aber es war nicht der richtige Name. Genauso wenig wie der nächste. Oder der übernächste.
    Mathias hatte das Gefühl, als hätten sie schon stundenlang gesucht. Er fror und ihm war schlecht. Er ließ seinen Blick über die Gräber schweifen. Es war aussichtslos. Weit hinten bei der Mauer sah er König zwischen den Grabbauten. Stefan saß auf einem Grabstein und klopfte mit einem Stock an seine Stiefel.
    »Es kann überall sein«, sagte Mathias und er klang verzweifelt. »Das Grab muss nicht einmal hier auf dem Friedhof sein.«
    Aber Katta war sich sicher, dass hier der richtige Ort war. Sie hatte jetzt nur noch einen Gedanken: das Grab zu finden.
    »Wir müssen nur richtig schauen«, sagte sie. »Er hat das Ding, was immer es ist, bestimmt am nächstmöglichen Ort versteckt, und der ist hier.« Sie nahm wieder seinen Arm und zog ihn mit sich zum Anfang der nächsten Gräberreihe. »Komm«, sagte sie.
    Und sie hatte Recht. Gelein Merlevede war ohne allen Prunk bestattet worden: ein schlichter Grabstein. Er hatte sich bereits zur Seite geneigt und war zur Hälfte von Unkraut überwuchert. Das Grab sah aus wie viele andere auch. Und das war vielleicht der Punkt. Es fiel nicht besonders ins Auge. Man musste gezielt danach suchen. Katta fegte den Schnee beiseite, wie sie es schon hundertmal zuvor getan hatte. Ihre Finger waren kalt und schmerzten. Sie ging schon weiter zum nächsten Stein, als sie feststellte, dass Mathias ihr nicht gefolgt war. Sie drehte sich nach ihm um und merkte sofort an der Art, wie er dastand und den Stein anstarrte, dass sie das Gesuchte gefunden hatten. Sie lief zu ihm zurück. Ihr Herz schlug schnell. Er fuhr mit dem Finger die vom Frost verwitterten Buchstaben nach und las jedes einzelne Wort langsam laut vor, um ganz sicher zu sein, dass er sich nicht vertan hatte.
    » Meine geliebte Frau, Gelein Merlevede . Sie ist es«, sagte er. »Das muss sie sein.«
    Er sah erst sie an und dann wieder seinen Fund, und Katta wusste, was er meinte, ohne dass er ein Wort zu sagen brauchte. Sie hatten den Schlüssel zu dem Geheimnis entdeck t – und sie brauchten ihn niemandem zu verraten.
    König suchte immer noch. Sie sahen ihn

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