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Finsterherz

Finsterherz

Titel: Finsterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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mit ihm zu tun hat?«, fragte Mathias.
    Von der Tür her kam ein Zischen, mit dem Stefan sie zum Schweigen brachte. Auf dem Flur hatte sich etwas beweg t – aber es war nur eine Katze.
    König senkte die Stimme. »Weil er im Sterben auf ihren Namen gezeigt hat.« Er richtete sich auf und ging suchend im Zimmer umher. Dann nahm er einen schmutzigen Löffel vom Tisch und kratzte mit dessen Rand über die Wand, bis von der Schrift nichts mehr zu erkennen war.
    »Vielleicht wollte er uns den Namen mitteilen«, meinte er. »Oder vielleicht hat er auch nur versucht seine eigene Haut zu retten. Das könnte, hat er mir gesagt, wer die andere Hälfte des Blattes hätte. Aber wer immer ihn umgebracht hat, hat die Schrift nicht gesehen, sonst wäre sie jetzt nicht mehr da. Der Täter hätte sie weggekratzt.«
    »Was hat sie zu bedeuten?«, fragte Katta.
    »Dass Gelein Merlevede die andere Hälfte des Blattes hat.«
    Sie blickte ihn verständnislos an.
    »Es ist die Inschrift eines Grabsteins«, erklärte König. »Finde das Grab und du findest die andere Hälfte von Meiserlanns Blatt.«
    »Und das ist alles?«, wollte Mathias wissen.
    »Nein«, antwortete König.
    Er schob Stefan beiseite, öffnete die Tür und spähte hinaus in den dunklen Flur. Dann hielt er die Fackel so, dass er das Treppenhaus oben und unten einsehen konnte.
    »Du musst versuchen, was Jakob nicht geschafft hat«, fuhr er fort.
    »Und was ist das?«
    König drehte sich um und schaute ihn an. »Am Leben zu bleiben.«
    Sie gingen durch die dunklen, leeren Straßen zum Gasthaus zurück. Katta und Mathias zuckten jedes Mal zusammen, wenn sie irgendwo einen Schatten sahen. Nachdem König die Tür zu ihrem Zimmer abgeschlossen hatte, klemmte er einen Stuhl unter die Klinke, sodass sie von außen nicht geöffnet werden konnte. Dann hieß er die Kinder schlafen gehe n – es war schon mitten in der Nacht. Er blies die Kerzen aus und setzte sich in eine Ecke des Zimmers. Im Mondlicht, das durch das hohe Fenster schien, konnte Katta nur seine Umrisse erkennen und den bläulichen Schimmer am Lauf der Pistole, die er im Schoß hielt. Sie war unendlich müde.
    Katta bemühte sich, an etwas Gutes zu denke n – an Reichtümer und Schätze, die sie fand, an die Prozession mit dem goldenen Engel, an die Glocke, die geläutet hatte, und an die vielen Menschen, doch wenn sie die Augen schloss, sah sie immer nur das Antlitz des Herzogs vor sich und Jakob, der tot in seinem Sessel saß. Als der Schlaf sie in die Arme schloss, waren es diese beiden Gesichter, die ihr in die Dunkelheit folgten und durch ihre Träume geisterten.
    »Aufwachen!«, sagte König.
    Er schüttelte Katta. Sie blinzelte. Die Morgensonne füllte das ganze Zimmer. Mathias und Stefan aßen Brot an dem großen Tisch.
    »Du hast den Schlaf gebraucht«, sagte er, »aber jetzt musst du aufstehen. Wir haben zu tun.«
    »Was denn?«, fragte sie.
    Er antwortete nicht. Sie sah seine Ungeduld; er wollte hinaus. Er hob die Satteltaschen auf und schloss die Riemen. Dann nahm er das übrig gebliebene Brot und steckte es in seine Manteltasche.
    »Kommt«, sagte er. »Jetzt sofort.«
    Stefan griff nach seinem Bündel.
    »Wohin gehen wir?«, erkundigte sich Katta.
    »Du stellst zu viele Fragen«, antwortete König.
    »Das macht man eben, wenn die Leute einem nichts sagen«, erwiderte sie.
    Aber er kümmerte sich nicht mehr um sie. Er überprüfte die Pistolen, steckte eine davon in seinen Mantel und schob die anderen unter den Gurt einer Satteltasche. Als er fertig war, sagte er: »Du kennst die Antwort doch schon.«
    Da fielen ihr Gelein Merlevede und die Inschrift an der Wand wieder ein. »Wir suchen ein Grab?«, fragte sie und ein Schauer überlief sie.
    »Nein«, sagte König, und erst jetzt blickte er sie an. »Wir suchen einen Arzt.«
    Er ging voraus zum Stall, in dem Razor untergebracht war, legte die Satteltaschen vor dem Pferd auf den Boden und deckte sie mit Stroh zu. Der Stalljunge tat so, als hätte er es nicht bemerkt, aber er blickte so betont in die andere Richtung, dass es König auffiel.
    »Komm gar nicht erst auf die Idee, sie anzufassen«, drohte er und strich mit der Hand über die glänzende Flanke des großen Pferdes. »Den Letzten, der dumm genug war, es zu versuchen, hat er getreten.« Er ging nahe an das Gesicht des Jungen heran. »Die eine Hälfte seines Kopfes wurde nie gefunden.«
    Der Junge grinste. Dann kamen ihm Zweifel, ob das wirklich ein Scherz gewesen war, und er blickte von König zu

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