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Finsterherz

Finsterherz

Titel: Finsterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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kratzten sie von draußen an der Tür. Das hatte ihr einmal jemand gesagt, der es wissen musste. Sie spürte, wie ihre Handflächen feucht wurden, und hatte das Gefühl, ihr Mund sei voller Asche. Sie wischte die Hände am Mantel ab. Was, wenn das Blatt im Sarg lag? Was, wenn Gelein Merlevede es in der Hand hielt? König stand vor dem dunklen Himmel. Sie schaute ihn an und wusste, dass selbst das ihn nicht aufhalten würde. Er würde die Verstorbene ausgraben. Aber wenn sie genügend Abstand hielt, würde das tote Etwas sie vielleicht nicht verfolgen.
    König kam die Stufen herauf. »Der Mond geht auf«, sagte er und nahm den Spaten von der Wand.
    Sie gingen über den dunklen Friedho f – König vorneweg, dann Katta und Mathias und zum Schluss Stefan. Es behagte Katta nicht, dass Stefan hinter ihr ging. Sie verlangsamte ihre Schritte, um ihm eine Gelegenheit zu geben, sie zu überholen, aber er fiel ebenfalls zurück. Er blieb offenbar mit Absicht hinter ihr.
    Der Mond warf dunkle Schatten zwischen die Grabsteine. Kein Laut war zu hören. Nur die Toten konnten eine solche Stille verbreiten. Katta zog den Kragen ihres Mantels hoch bis zum Kinn und schloss die Augen, während sie durch die Gräberreihen schritt. Schließlich blieb König stehen. Sie hatten den Grabstein erreicht. Katta versuchte, nicht an die längst verstorbene Frau zu denken, die in ihr Leichentuch gehüllt nur wenige Fuß unter ihnen in der Erde lag. Sie versuchte, nicht an das zu denken, was gleich passieren würde.
    König schob mit dem Fuß das Eis vom Grab, spuckte in die Hände und hob den schweren Pickel. Er sagte etwas zu Stefan, dann ließ er den Pickel in einem weiten Bogen in den gefrorenen Boden sausen. Man sah kaum etwas. Er holte noch einmal aus; dieses Mal blieb der Pickel stecken und König ruckelte mit der Spitze vor und zurück, bis sich eine vereiste Erdscholle abheben ließ. Dann holte er erneut aus. Das Geräusch, das der Pickel machte, war in der kalten Luft weithin zu hören. König hielt inne und lauschte, aber selbst wenn jemand die Schläge gehört hatte, so kam er nicht nachsehen.
    König und Stefan wechselten sich immer wieder beim Graben ab. Die Erde war so hart gefroren, dass es ihnen vorkam, als hackten sie auf Stein. Doch Scholle um Scholle gab der Boden nach, und was zunächst nur eine flache Grube war, wurde tiefer, dann auch breiter. Sie begannen die Erde mit der Schaufel herauszuheben. Katta fragte sich, wie es Gelein Merlevede da unten in der Kälte und Stille ihres dunklen Sarges jetzt wohl ging, wenn sie plötzlich das Kratzen der Schaufel und das Hacken des Pickels hörte, die immer näher rückten. Sie versuchte es zu verdrängen, doch das Bild wollte sich nicht aus ihrem Kopf vertreiben lassen. Die tote Frau wartete da unten in der dunklen, kalten Erde auf sie. König stieg aus dem Loch und Stefan kletterte hinein, hob den Pickel und setzte erneut an.
    Mathias begann zu zittern. »Mir ist so kalt«, sagte er.
    Katta legte die Arme um ihn. Das gab ihr etwas zu tun und lenkte sie von der Graberei ab.
    Stefan stand fast bis zur Taille in dem Loch, als der Pickel mit einem hohlen Klack! auf Holz traf.
    Es war der Sarg. Der Deckel war längst vermodert. Als Stefan die Erde beiseiteschaufelte, gab das Holz plötzlich unter seinem Gewicht nach. Sein Fuß brach ein und landete im Sarg. Er musste gedacht haben, dass etwas nach ihm gegriffen hätte, denn er stieß einen Schrei aus, kletterte wimmernd aus dem Grab und versuchte die Fetzen des Leichentuchs abzustreifen, die an seinem Bein hingen. König packte ihn und schüttelte ihn heftig. » Shtahl! «, zischte er.
    In der kalten Luft hing der Geruch modriger Erde aus dem eingebrochenen Sarg. Erdkrümel rollten wie Pfefferkörner in das schwarze Loch, das Stefans Fuß in den Deckel getreten hatte.
    König ließ ihn los und sprang in das Grab. Er stand mit gegrätschten Beinen über dem Deckel und begann ihn mit dem Pickel aufzustemmen. Katta hielt es nicht mehr aus. Sie merkte, wie ihre Nerven sie im Stich ließen. Mathias hatte sich bereits abgewandt. Er konnte nicht hinsehen. König zog Holzsplitter beiseite.
    »Nicht!«, rief sie.
    Er sah zu ihr hinauf.
    »Das Papier ist nicht im Sarg! Wie soll er es denn in den Sarg gelegt haben? Sie ist doch schon seit Jahren tot!«
    Eigentlich hatte Katta nur verhindern wollen, dass er das Leichentuch von dem verunstalteten Gesicht zog, aber noch während sie es sagte, erkannte sie, dass es stimmte.
    »Wie soll er denn das

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