Finsternis über Gan (German Edition)
bestanden die Straßen, Häuser und Pflanzen nicht nur aus Gold, Silber und Edelsteinen, sondern im Reich König Auberons hatten Metalle und Edelsteine die seltsame Fähigkeit, aus sich heraus zu leuchten. An Chaschmal war dies in besonders eindrucksvoller Weise zu sehen. Aus der Ferne sah die Stadt aus, als ob sie glühte.
Der König führte sie zum Schloss und ging direkt in einen Speisesaal, in dem schon alles für das Abendessen vorbereitet war. Stühle und Tische waren zwar für Dreizehnjährige etwas klein, so ähnlich wie im Kindergarten, aber das war kein Problem. Chika kniete sich ohnehin lieber vor den Tisch. Schon der Gedanke an ein gutes Essen in dieser schönen Umgebung war eine Wohltat. Während sie sich einen leckeren Braten mit Kartoffeln und Gemüse schmecken ließen, erzählten sie dem Bergmännchenkönig von ihren Erlebnissen. Sie begannen bei Alfrigg, der nach Frankfurt in Deutschland gereist war, und endeten mit der Flucht vor den Schwarzalben, von denen einer Philerigg mit seinem Speer getroffen hatte.
König Auberon lauschte gebannt der Erzählung der Gefährten. Zwischendurch stellte er kurze Rückfragen oder machte seiner Empörung Luft. Am meisten erschütterten ihn natürlich dieBerichte über die Machenschaften von Erzminister Thainavel und seinem muskelbepackten Schatten Scharir.
»Das hätte ich nicht gedacht«, sagte der König. »Alfrigg mochte den Erzminister zwar nie besonders, aber einen Pakt mit den Schwarzalben hätte Thainavel wohl keiner zugetraut.«
»Nicht zu vergessen das Feuer speiende Krokodil«, sagte Joe.
Die Gefährten erzählten nun dem König ausführlich von ihren Funden in der Hütte des Bösen und von dem Verdacht, dass sich tief unten in der Erde eine dunkle Macht verborgen hielt.
Jetzt wurde König Auberon nervös: »Könnt ihr mir bitte die Karte zeigen, auf der die Orte mit diesem Symbol eingezeichnet sind?«
»Natürlich können wir das«, antwortete Chika höflich und griff nach ihrer Tasche.
Finn begriff am schnellsten, worauf der König hinauswollte: »Denkt Ihr etwa, das unheimliche Grollen unter Eurem Reich könnte damit etwas zu tun haben?«
Der König gab keine Antwort.
Begierig griff er nach der Karte, die Chika ihm nun hinhielt, und studierte sie eine Weile. Schließlich atmete er erleichtert auf: »Kein einziger der hier eingezeichneten Wege kommt auch nur in die Nähe meines Reiches.« Beruhigt gab er Chika die Karte zurück. »Der Fels an der Grenze von Untererde in Richtung Zauberwald ist zu hart. Niemand könnte dort einen Stollen graben. Ausgeschlossen.«
»Deswegen mussten wir auch mit Philerigg zusammen so weit zurücklaufen, um nach Untererde zu gelangen?«, fragte Joe.
»Genau. In der Nähe von Änosch gibt es keinen Eingang nach Untererde.«
Erleichterung machte sich breit. Zwischendurch hatten sie schon an ein schreckliches Monster tief unten in der Erde geglaubt.
»Vielleicht hat meine Mutter doch recht«, meinte Finn grinsend, »wenn sie mir sagt, ich soll nicht so viele Horrorfilme im Fernsehen anschauen. Ich fange schon an, Gespenster zu sehen.«
Chika, Pendo und Joe lachten.
König Auberon schaute sie nur verwundert an. In Gan gab es keine Fernsehapparate.
Als ihnen ein köstlicher Nachtisch aus frischen Früchten, Baiser und Sahne serviert wurde, beschlossen sie, an diesem Abend nicht mehr über die schrecklichen Dinge, die in Gan vor sich gingen, zu reden. Stattdessen erzählten sie von ihrer Welt, die König Auberon mindestens genauso fremd war wie die seine ihnen.
Am nächsten Morgen ließ der König die Träger der Amulette früh wecken. Da mittlerweile schon Dienstag war und Farlon die Unterzeichnung des Gesetzes für Mittwochnachmittag angesetzt hatte, war Eile geboten.
Während sie frühstückten, besprachen sie ihre Pläne.
»Es gab einst einen Stollen, der ganz nahe an Schloss Apelah heranführte, aber er wurde von früheren Königen des Bergmännchenvolkes vor langer Zeit zerstört«, erzählte Auberon.
»Bestimmt wollten sie Abstand zum Schloss halten, nachdem Nahaltiev, der Erbauer, aus Gan verbannt worden war«, vermutete Chika.
»Es wäre ohnehin nicht sinnvoll, jetzt direkt zum Schloss zu gehen«, meinte Finn.
»Wieso?«, fragte Joe. »Vielleicht könnten wir Farlon mit den Beweisen, die wir jetzt haben, überzeugen? Denke nur daran, wie erschrocken er über sich selbst war, als er unsere Nachricht gelesen hat.«
»Weil Thainavels Leute ganz bestimmt das komplette Schloss bewachen. Wir würden
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