Finsterwald: Fantasy-Roman (German Edition)
gesagt, als er gefragt hatte, was sie dort tue. Er hatte die Patronin der Weber nie mit der furchteinflößenden Vettel der Nargi in Verbindung gebracht. Jetzt, am Abend der Vettel, kamen ihm beide Bilder in den Sinn. Welches von beiden war echt? Und konnte das jemand wissen? Wusste es Tris?
Er führte sein Pferd in seine Box und nahm den Sattel ab. Keiner der Stallknechte war zu sehen, also hing er das Zaumzeug selbst auf und sah sich nach einer Decke um, um das Pferd damit abzudecken. Nur eine der Lampen brannte im Stall, der Rest der Scheune war in tiefe Schatten gehüllt.
Ohne Vorwarnung schlugen die Schatten zu.
Die Gestalt ergriff ihn von hinten. Jonmarc reagierte instinktiv und ließ seinen Ellbogen hart zurückschnellen. Er traf, aber der Angreifer zeigte keinen Schmerz. Arme schlangen sich um seine Brust wie eiserne Bänder und für ein paar Sekunden bekam Jonmarc keine Luft. Dann schubste ihn der Angreifer nach vorn. Jonmarc stolperte, schnappte nach Luft und griff nach seinem Schwert. Im Halblicht der Lampe sah er kurz seinen Gegner, er war schwarz angezogen, mit einer schwarzen Kapuze und Maske. Nur die Augen waren zu sehen und darin eine Herausforderung an Jonmarc. Hinter Jonmarc scheute sein Pferd in Panik und schlug mit den Hufen gegen die Box.
Er zog sein Schwert, aber der Angreifer schoss unerreichbar von unten herauf. Jonmarc hörte Stiefelschritte hinter sich, ein heftiger Schlag traf seine Hand und schlug ihm das Schwert aus der Hand. Er schwang sich in einen Ostmarktritt und traf den Angreifer in die Brust, sodass dieser nach hinten schleuderte, aber er kam mit unwahrscheinlicher Geschwindigkeit wieder auf ihn zu. Der Schattenkämpfer rannte auf Jonmarc zu, schubste ihn nach hinten, sodass er durch den halben Stall schlitterte. Er prallte auf einen der Stützbalken und schnappte nach Luft.
Der Angreifer verschwand in den Schatten und Jonmarc kam wackelig wieder auf die Beine, jeden seiner Sinne angespannt. Ein Luftzug war seine einzige Warnung. Der schwarz gekleidete Kämpfer schlug von der Seite zu und warf sie beide damit in die Mitte des Stalls. Jonmarc hielt sich fest und konnte mit Knie und Faust jetzt einen Treffer nach dem anderen landen. Ein menschlicher Kämpfer hätte vor Schmerz und Wut geheult. Doch der schwarze Angreifer blieb unheimlich still. Triumph glitzerte in seinen Augen, als er Jonmarc an der Kehle packte und mit einem Arm hochhob, hoch genug, um Jonmarcs Füße eine Handbreit über dem Boden baumeln zu lassen. Jonmarc wehrte sich, er wusste, dass die Hand, die ihn hielt, ihm sehr einfach das Genick hätte brechen können. Der Fremde war nicht größer als er selbst, und er war zarter gebaut; kein menschlicher Angreifer mit dieser Statur hätten ihn so beiläufig hochheben können. Lichtblitze tanzten vor seinen Augen, als er gegen die Hand ankämpfte und sich zu befreien versuchte. Er glaubte schon, er müsse das Bewusstsein verlieren, als der Angreifer ihn auf den Boden warf.
Es war genau das, was Jonmarc brauchte. Sein Schwert lag hinter dem Licht der Lampe, am Rand der Schatten. Er warf sich zu seinem Schwert, wirbelte herum und versenkte die Klinge tief in der Brust des Gegners. Für einen Moment traf sich sein Blick mit dem hinter der Maske und Jonmarc sah das Aufblitzen von Belustigung darin. Plötzlich begann der Angreifer zu lachen, befreite sich von Jonmarcs Schwert und verschwand in den Schatten.
Jonmarc hörte ein tiefes Grollen und ein großer Wolf sprang aus dem Dunkel, lief an ihm vorbei und landete da, wo der Angreifer vor einem Moment noch gestanden hatte. Jonmarc erkannte das graugefleckte Fell von Yestin und rang nach Atem. »Du bist zu spät. Ich glaube, er ist weg.«
Er sah sein Schwert an. Die Klinge war dunkel von einer zähen Flüssigkeit, die kein Blut war. Sein Schwertstreich hätte eine tödliche Wunde hinterlassen müssen, aber auf dem Sägemehl am Boden war kein Blut zu sehen.
Der Yestin-Wolf trabte vorsichtig in der Scheune herum und knurrte, während er in die Finsternis starrte. Die Pferde spürten keine Gefahr mehr, sie sahen dem Wolf neugierig zu oder widmeten sich wieder ihrem Hafer. Am Rand der Dunkelheit verschwammen die Konturen des Wolfs, kräuselten sich, entfalteten sich und wurden größer. Mit einem Mal stand Yestin vor Jonmarc und streckte sich. »Es ist ein bisschen kalt«, meinte er. »Und ich habe keine Kleider hier. Und ich mag keine Frostbeulen!« Jonmarc warf ihm eine Pferdedecke zu.
»Danke, dass du gekommen bist.
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