Fire after Dark - Tiefes Begehren: Roman (German Edition)
darum kann ich mir gut vorstellen, dass die Jahreszeiten in Nordeuropa für ihn ein Schock waren. Ich nippe an meinem heißen Tee und beobachte Familien, die ihre Mäntel anziehen und sich für den Heimweg vorbereiten, bevor die Dunkelheit hereinbricht.
»Der Tag morgen bei der Arbeit wird der reine Wahnsinn«, sagt Dominic. »Möglicherweise kann ich dich diese Woche nicht oft sehen. Der Abschluss nähert sich seinem Ende. Aber danach, wenn alles gut läuft …« Er schaut auf mich herab, und ich bewundere das Schokoladenbraun seiner Augen. »… bin ich auf dem Weg zur Freiheit und zu meinem eigenen Erfolg.« Er lacht. »Ich kann es kaum erwarten, Andreis Gesichtsausdruck zu sehen. Zuerst stoßen wir auf den Abschluss an, und dann, wenn ich mein Geld in der Tasche habe, werde ich ihm mitteilen, dass ich mich selbständig mache.« Dominic sieht so fröhlich und voller Vorfreude aus, dass ich ihm nicht sagen kann, wie besorgt ich instinktiv bin. Reibe es Andrei nicht unter die Nase, das ist nicht die richtige Art, mit ihm umzugehen! Doch noch sage ich nichts. Ich will versuchen, ihm zu raten, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Dann werde ich ihm sagen, er solle sich Andrei gegenüber bescheiden zeigen, ihn wissen lassen, er sei der Größte, mit dem man nie mithalten könne. So muss man das machen.
Aber ich habe es gerade nötig . Mir fallen die Dinge ein, die ich meinem Chef am Freitag an den Kopf geworfen habe, und ein kalter Schauder, der nichts mit dem Herbstwind zu tun hat, läuft mir über den Rücken.
»Und was ist mit dir? Bist du mit dem Projekt bei Andrei so gut wie fertig?«, will Dominic wissen.
Ich nicke. Auch wenn ich am Montag vielleicht keinen Job mehr habe. Das bleibt abzuwarten. »Ja, bis zum Ende der Woche sollte das Projekt abgeschlossen sein.«
»Lass dich von ihm nicht überreden, weiterzumachen«, sagt er, und eine kleine Falte entsteht zwischen seinen Augenbrauen. »Ich kenne Andrei, er sammelt Menschen und behält sie dann, und er hat ganz offensichtlich einen Narren an dir gefressen. Pass auf dich auf, ja?«
»Glaub mir, egal was er sagt, ich bleibe nicht«, erkläre ich mit Nachdruck.
»Warum?« Plötzlich mustert Dominic mein Gesicht. »Ist etwas vorgefallen? Hast du dich von ihm bedroht gefühlt?«
»Nein, nein«, erwidere ich hastig. »Natürlich nicht. Er ist schon in Ordnung, ehrlich. Mir gefällt nur die Atmosphäre dort nicht. Auch nicht der Umstand, dass Anna ständig dort ist. Sie ist fest entschlossen, mich wissen zu lassen, wie gern Andrei und sie es miteinander treiben. Als ob mich das interessieren würde.« Mir ist bewusst, dass ich jetzt das Thema verschiebe, weg von Andrei, aber ich weiß nicht, wie ich Dominic auch nur annährend die Spannungen zwischen Andrei und mir erklären könnte. Würde es ihm helfen, wenn er wüsste, dass mich sein Chef angebaggert hat? Oder dass ich die verrückte Idee hatte, ich könnte versehentlich Sex mit Andrei gehabt haben? Und dass immer noch die Frage offen ist, ob er mich in den Katakomben unter Drogen gesetzt hat oder nicht? Natürlich würde das nicht helfen, im Gegenteil. Dominic muss in der nächsten Woche einen kühlen Kopf bewahren, und jeder Einzelne dieser Punkte könnte ihn zu wütend machen, um kühl und rational mit Andrei umzugehen. »Was hältst du von ihr?«
»Von Anna?« Dominic zuckt mit den Schultern. Sein Blick wendet sich einen Moment von mir ab, dann kehrt er zurück, dunkel und freimütig. »Sie ist eine interessante Frau, talentiert und sehr geschickt in ihrer Arbeit. Sie taucht immer ganz ins Leben ein, verstehst du? Sie stellt sich jedem Abenteuer. Sag ihr, dass sie eine bestimmte Skiabfahrt nicht schaffen würde, und sie fährt runter, noch bevor du dich umdrehen kannst. Fordere sie heraus, zu was auch immer, und sie nimmt die Herausforderung an. Sie stürzt sich immer mit Volldampf in eine Sache, darum überrascht es mich auch nicht, dass sie ihre Anwesenheit in Andreis Wohnung deutlich zeigt.«
»Wenn du mir jetzt noch sagst, dass sie nebenher als Opernsängerin auftritt, wäre ich angesichts ihres Lungenvolumens kein bisschen überrascht«, bemerke ich spöttisch. Dominic lacht.
»Sie würde alles tun«, sagt er und fährt nachdenklicher fort: »Ich frage mich manchmal, ob es das ist, was Andrei an ihr anziehend findet. Nicht nur ihre Schönheit – es gibt Hunderte schöner Frauen, die mit ihm schlafen würden –, sondern ihre Furchtlosigkeit. Was immer er sich wünscht, sie würde es tun.
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