Firelight 1 - Brennender Kuss (German Edition)
rutscht er, verliert den Halt und stürzt in die Tiefe.
Ich lasse mich fallen, gleite in den Sturzflug und fange ihn keuchend auf.
Er ist schwer. Es kostet mich alle Kraft, uns beide in der Luft zu halten und nicht abzustürzen. Vor lauter Anstrengung pfeift brennend heißer Atem durch meine Zähne.
Ich schlage wie wild mit den Flügeln, die laut flatternd darum kämpfen, uns sicher auf die Erde zu bringen. Meine Muskeln fangen an, immer heftiger zu brennen, ich spüre es in meinem Rücken, und trotzdem kann ich die ganze Zeit über nur an eins denken: Er hat Drakiblut in sich!
Nachdem wir endlich sicheren Boden unter den Füßen haben, untersuche ich Will, fahre mit den Händen über ihn, um sicherzugehen, dass er keine schweren Verletzungen davongetragen hat – obwohl ich ihn am liebsten erwürgen würde.
Er verschlingt mich regelrecht mit seinen Blicken, lächelt mich matt an und legt mir schließlich die Hand auf die Wange. »Du bist genau so, wie ich dich in Erinnerung hatte.«
Außer mir vor Wut fauche ich ihn an – wie um alles in der Welt kann in seinen Adern Drakiblut fließen? Und ich dachte, wir hätten keine Geheimnisse mehr voreinander. Nur für ihn bin ich gerade in eine Schlucht gesprungen und habe Xander mein wahres Ich gezeigt!
Auf einmal ergibt alles auf grauenhafte Weise einen Sinn: unser besonderer Draht zueinander, sein außergewöhnliches Talent, Drakis aufzuspüren, die enorme Anziehungskraft zwischen uns. Dieses Gefühl, dass wir uns kennen . Plötzlich wirkt alles so unwirklich – alles, was wir zu haben glaubten …
Will schüttelt verzweifelt den Kopf und verzieht dabei das Gesicht, als täte ihm diese Bewegung schrecklich weh. »Sei bitte nicht böse! Ich kann dir alles erklären. Es ist passiert, als ich damals krank war. Als ich Krebs hatte … Ich war kurz davor zu sterben. Deshalb hat mir mein Vater Drakiblut gegeben. Dad hat mir keine Wahl gelassen. Er hatte bereits meine Mum verloren und wollte nicht auch noch mich verlieren …«
Ich senke den Kopf und versuche, mich zu beruhigen, die Wut und die vielen widersprüchlichen Gefühle in den Griff zu bekommen. All seine Worte klingen in meinen Ohren wie das entfernte Dröhnen eines Motors.
Plötzlich fegt mir eine Brise die Haare von der Schulter – in einer windstillen Nacht.
Ich wirble herum und erneut lodert Hitze in meiner Brust auf. Ein sengend heißer Luftstoß dringt zischend aus meinem Mund, als die anmutige schwarze Gestalt dicht neben uns landet. Die riesigen schwarzen Schwingen glitzern, sind durchzogen von violettem Funkeln. Cassian!
Dann bemerke ich, dass er nicht allein ist – er hält Tamra so fest an sich gepresst, dass ich sie zuerst nicht gesehen habe. Nicht, bis Cassian sie loslässt und Tamra ruckartig von ihm forttaumelt, als könne sie nicht schnell und weit genug von ihm wegkommen. In ihren Bernsteinaugen tanzen wütende Flammen, aber ich bin froh, dass er zurückgeflogen ist, um sie zu holen.
Doch Cassian schenkt Tamra keinerlei Beachtung. Seine schwarzvioletten Augen glühen bedrohlich in der Nacht, als er erst mich und dann Will ins Visier nimmt.
Unbeschreibliche Angst packt mich, doch ich kämpfe dagegen an und stelle mich schützend vor Will.
32
S chon oft habe ich Cassian in Drakigestalt gesehen. Aber hier und jetzt, wo kein weiteres Rudelmitglied neben ihm steht, ist sein Anblick wahrhaft Furcht einflößend. Er ist viel größer und massiger als in seiner menschlichen Form. Unter der glänzenden schwarzen Haut zeichnen sich kräftige Muskeln und Sehnen ab. Seine gigantischen Schwingen wirken beinahe ledrig, nicht wie die zarten spinnennetzartigen Membranen, die mich durch die Lüfte tragen.
Ich gehe in die Hocke, kauere mich zusammen und halte die Luft an, um das Feuer in mir zu schüren, damit ich Will und mich verteidigen kann.
Ich merke, wie Will hinter mir unsicher auf die Beine kommt, und wünschte, er würde unten bleiben. Schlagartig richtet sich Cassians Blick auf ihn – wie der eines ausgehungerten Raubtiers, das sich zum Sprung bereit macht. Er schlägt mit den Flügeln und stößt ein gefährliches Zischen aus.
»Verzieh dich!«, schnauze ich ihn an.
Er legt den Kopf in den Nacken, als lausche er auf ein Geräusch in der Ferne und sagt dann bedeutungsschwer: »Sie kommen.«
In diesem Moment höre ich es auch – die Stimmen von Xander und den anderen, die den Berg hinabsteigen und uns suchen.
Im nächsten Atemzug befiehlt Cassian: »Wir müssen weg hier, Jacinda.
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