Firelight 1 - Brennender Kuss (German Edition)
Jetzt sofort!«
Tamra sieht merkwürdig stumm zu.
Als Will begreift, dass ich gleich gehen werde – und womöglich für immer – nimmt er meine Hand und dreht mich mit entschlossener Miene zu sich. »Nein, Jacinda! Tu das nicht, denk nicht mal dran! Geh nicht mit ihm!«
Mit jedem Wort wird sein Griff stärker.
Sein Bild verschwimmt mir vor den Augen und ich blinzle eilig die Tränen fort.
»Ich lasse das nicht zu …«
Worte liegen mir auf der Zunge, Worte, die ich für mich behalte. Ich kann nicht bleiben, Will. Nicht jetzt. Es tut mir leid, es tut mir so leid! Ich wünschte, ich könnte es aussprechen, wünschte, er könnte mich verstehen.
Dennoch ist es, als hätte er mich gehört. »Nein, Jacinda!« Sein Blick heftet sich an Cassian, der direkt vor mir steht, und seine Lippen verziehen sich zu einer Grimasse. »Du willst mit ihm fort – zurück zum Rudel.« Aus seinem Mund hört es sich an, als wolle ich den Weg zum Schafott antreten – geradewegs in den Tod.
»Nein!«, schreit Tamra, die neben uns steht, als erwache sie eben erst aus einem bösen Traum, als erfasse sie erst jetzt, was wirklich vor sich geht.
Kopfschüttelnd streichle ich Wills Gesicht mit goldglühenden Fingern, um ihn aufzumuntern.
»Ich lasse nicht zu, dass er dich bekommt!«
Cassian tritt drohend auf uns zu und knurrt auf Draki – auch wenn Will seine Worte gar nicht verstehen kann: »Deine Meinung spielt keine Rolle, Mensch!« Dann wendet er den Blick und durchbohrt mich mit seinen dunklen Augen. Trotz seines Versprechens, mich nie gegen meinen Willen zu etwas zu zwingen, traue ich dem gierigen Glühen darin nicht.
Auch Will entgeht es nicht. Er reißt sich von mir los und stolpert hinkend auf Cassian zu.
»Sie ist nicht dein Besitz!«, keucht Will.
Nun sieht auch Cassian, was mir längst aufgefallen ist: das purpurne Blut, das Will vom Gesicht tropft, wie Tinte, die aus einem Füller läuft. Er versteht sofort, dass Will kein normaler Mensch ist. Ich halte den Atem an und hoffe, er tut nichts Unüberlegtes.
Brüllend stürzt sich Cassian auf Will. Kurz bevor sie aufeinanderprallen, werfe ich mich dazwischen und presse je eine Hand auf Wills und auf Cassians Brust, um sie auseinanderzustemmen. Ich spüre beider Herzschlag, ein wildes Hämmern.
»Aufhören! Alle beide! Cassian, nein!«
Will greift nach meiner Hand über seinem Herzen und drückt sie, während er mich durchdringend anschaut. Blinzelnd wende ich mich ab, weil ich den Anblick des purpurnen Bluts nicht ertragen kann … den Beweis für das Leben, das sein Vater einst für ihn gestohlen hat.
Ein bedrohliches Knurren dringt aus Cassians Kehle. Warnend halte ich einen Finger hoch, als könne ihn das allein davon abhalten, Will in Stücke zu reißen. Dann höre ich, wie jemand meinen und Wills Namen ruft. Die Stimmen kommen näher.
Eindeutig alarmiert schaut Will in die Richtung, aus der die Rufe schallen. »Haben sie dich etwa so gesehen?« Sein unverletztes Auge fixiert mich mit glasigem Blick. »Hat Xander dich gesehen?«
»Natürlich hat er das!«, zischt Tamra, die ganz unnatürlich blass um die Nase ist. »Und sie hat es getan, um dir das Leben zu retten!«
Will starrt mich noch immer an und wartet darauf, dass ich es ihm bestätige. Ich nicke nur widerwillig.
In diesem Moment sackt er in sich zusammen, aller Kampfgeist scheint wie weggeblasen. Mit hängendem Kopf fährt er sich durchs Haar. »Jacinda.« Sanft, traurig und niedergeschlagen flüstert er meinen Namen, als er endlich begreift.
Wenn ich bleibe, bin ich tot. Wir beide wissen, dass ich keine Wahl mehr habe – ich muss gehen.
Schritte nähern sich, eine ganze Armee von trampelnden Schuhen. Ich löse mich von Will und gehe zu Cassian.
»Jacinda …« Wills Stimme klingt belegt und gezwungen, als ihn die Gefühle zu überwältigen drohen. Er sieht aus, als wolle er mich wieder an sich drücken, und auch ein Teil von mir wünscht sich nichts sehnlicher als das – allen Gefahren zum Trotz.
Innig blicke ich Will in die Augen, um ihm zu sagen, was ich vor Cassian nicht laut auszusprechen wage. Ich liebe dich. Auch wenn es vielleicht nicht richtig ist. Auch wenn gestohlenes Drakiblut dich am Leben hält.
Will versteht mich, ich kann es in seinem Blick sehen – ebenso wie seinen Schmerz. Denselben Schmerz, den auch ich empfinde.
Ich sehe ihm tief in die Augen und fühle mich unendlich traurig – es tut mir so leid um die Chance, die wir nun verloren haben. Oder vielleicht niemals hatten.
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