Firelight 1 - Brennender Kuss (German Edition)
will ihn schlagen, ihm wehtun – ihn meinen eigenen Schmerz fühlen lassen. Ein Feuerball entzündet sich in meinen Lungen und besorgt, ich könne Cassian tatsächlich etwas antun, trete ich einen Schritt vom Auto weg. »Du verstehst das alles nicht!«
Seine Augen haben wieder diesen violetten Glanz und die Pupillen verengen sich zu Schlitzen. »Steig jetzt ein! Du kannst nicht bleiben, nicht nach dem, was heute Nacht geschehen ist.«
Ich schlucke den flammenden Kloß in meinem Hals hinunter und nicke. Man hat mir die Entscheidung abgenommen. »Ich weiß.« Als ich vorne um das Auto herumlaufe, murmle ich: »Wir müssen uns beeilen – wir müssen Mum noch abholen.«
»Wozu?«
Einen Augenblick lang bleibe ich stehen und werfe Cassians dunklem Schatten durch die Windschutzscheibe einen finsteren Blick zu, bevor ich schnell einsteige. »Es würde mich nicht wundern, wenn sie sie töten, weil sie mit mir verwandt ist.«
»Wer? Xander?«, will Tamra wissen. »Warum sollte er Mum was antun? Nur weil er zugesehen hat, wie Jacinda sich verwandelt hat? Er kann doch gar nicht wissen, was sich da abgespielt hat – wahrscheinlich zweifelt er an seinem Verstand.«
Cassian ignoriert die Verwirrung meiner Schwester einfach. Mir ist das nur recht – jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, Tamra zu erklären, was es mit Will und seiner Familie auf sich hat.
»Ich mache mir einzig und allein um dich Sorgen, Jacinda«, antwortet Cassian in ruhigem Tonfall. »Ich will dich wieder heimbringen. Tamra kann gerne mitkommen.«
»Na, herzlichen Dank!«, grummelt Tam.
»Aber eure Mutter war diejenige, die dich entführt hat, Jacinda. Das Rudel wird sie nicht wieder aufnehmen.«
»Entweder wir holen jetzt Mum oder ich gehe nirgendwohin!«, drohe ich, die Hände an meinen Seiten zu Fäusten geballt.
»Na schön. Aber man wird sie nicht willkommen heißen … Sie will ja selbst nicht mal Teil des Rudels sein«, erinnert er mich barsch. Als hätte ich diese Tatsache je vergessen können.
»Ich auch nicht!« Tamra schlägt von hinten mit Fäusten gegen Cassians Sitz.
Kurz wendet er ihr seine Aufmerksamkeit zu, allerdings bleibt sein Gesicht dabei vollkommen ausdruckslos, nicht zu entziffern. In diesem Moment sieht er nicht mehr aus wie der Junge, der zu mir ins Poolhaus gekommen ist. Von der sanfteren, mitfühlenden Seite an ihm, die er mir damals gezeigt hat, ist nichts mehr zu spüren.
Ich mache den Mund auf, um eine Schimpftirade loszulassen und so lange auf ihn einzuhacken, bis er mir glaubt, dass meine Familie auf jeden Fall mit mir kommen würde, und zwar freiwillig. Immerhin sind sie meine Mum und meine Schwester – wir halten zusammen!
Aber ich schweige, weil ich mir ehrlich gesagt nicht sicher bin. Denn die Wahrheit ist: Ich habe nun schon eine ganze Weile vor mich hin gelebt, ohne auch nur einen Gedanken an sie zu verschwenden. Vielleicht verdiene ich sie gar nicht.
Sie müssen wissen, was passiert ist – alles, von Anfang bis Ende, müssen sie erfahren. Ich schaue zu Tamra. »Egal, ob ihr mit mir kommen wollt oder nicht – hier könnt ihr nicht mehr bleiben. Nicht, nachdem ich mein Geheimnis verraten habe.«
Sie starrt mich an und die Blässe in ihrem Gesicht macht mir langsam ernsthaft Sorgen. »Wenn das mal nicht wieder perfekt für dich ist! Jetzt kriegst du endlich, was du schon die ganze Zeit über wolltest!«
Ich wünschte, sie hätte recht.
»Lass uns das ein andermal ausdiskutieren, Tamra. Tatsache ist, ihr müsst abhauen.« Und ich bin schuld. Durch das, was ich getan habe, habe ich es besiegelt. Werden sie mich Cassian und dem Rudel überlassen, um irgendwo anders ein neues Leben unter den Menschen anzufangen?
Oder wird Mum ihr Leben – und auch Tamras – schon wieder opfern? Meinetwegen? Das kann ich nicht von ihnen verlangen. Ich kann ihnen keinen Vorwurf machen, wenn sie ohne mich einen neuen Weg einschlagen.
Heute Nacht habe ich meine Freiheit verloren. Und Will. Werde ich auch noch Mum und Tamra verlieren?
Als Cassian wendet und zurück in die Stadt fährt, muss ich an die furchtbare Autofahrt denken, als wir vor über einem Monat das Rudel verlassen haben. Damals hatte ich so große Angst und habe mich so gesträubt.
Jetzt geht es mir wieder so. Ich sitze in einem Wagen, der mich in eine ungewisse und unerwünschte Zukunft bringt. Ich verabscheue es, mit Cassian mitkommen zu müssen, und frage mich, ob ich je eine Möglichkeit finden werde, wieder mit Will zusammen zu sein.
»Heute Nacht
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