Firelight 1 - Brennender Kuss (German Edition)
heraufbeschwören könnten. Ganz abgesehen vom Schmerz, einen der Edelsteine unseres Familienerbes herzugeben. Auch nur einen einzigen zu versetzen, wäre wie ein Stück unserer Familie zu verscherbeln. Aber vielleicht wäre es das Opfer wert, denn wenn ich hierbleiben muss, wird ohnehin bald nichts mehr von mir übrig sein. Und auf diese Art würde das Rudel uns finden und heimholen.
Mum schaut mich an, funkelnd und unnachgiebig. Sie durchschaut meine Worte und weiß, welches Spielchen ich treibe. »Das wäre eine wirklich dumme Idee, Jacinda.«
Das ist eine Warnung und ihr drohender Tonfall lässt keinen Widerspruch zu.
»Na schön«, gebe ich zurück, stelle den letzten Teller ins Regal und marschiere durchs Wohnzimmer in das Zimmer, das ich mir mit Tamra teile.
»Jacinda«, ruft Mum mir nach, als ich mich schon aufs Bett fallen lasse. Sie kommt mir hinterher und bleibt mit sanfter Miene im Türrahmen stehen. »Sei nicht böse.«
Ich boxe in eins der Kissen. »Wie bitte schön soll ich mich jemals hier zu Hause fühlen?«
»Ich weiß, wie schwer du es hast.«
Ich schüttle den Kopf und drehe mich zur Seite. Ich kann sie nicht einmal ansehen. Natürlich versteht sie es, sie hat es selbst durchgemacht. Und das macht mich wirklich rasend! »Du wolltest deinen Draki sterben lassen. Es war deine Entscheidung und nun triffst du diese Entscheidung für mich, ohne mich zu fragen!«
»Für mich ist es auch schwer.«
Ich werfe ihr einen bitterbösen Blick über die Schulter zu. » Du warst diejenige, die sich für dieses Leben entschieden hat.«
Traurig schüttelt sie den Kopf und einen Augenblick lang bilde ich mir ein, dass ich sie vielleicht davon überzeugen kann, dass sie einen Fehler gemacht hat. Vielleicht wird sie begreifen, dass ich nicht hierher gehöre und es auch nie tun werde.
»Ich weiß, dass es meine Entscheidung war und ich dir keine Wahl gelassen habe«, stimmt sie mir zu. »Aber ich will nur, dass du sicher bist.«
Alle Zuversicht ist mit einem Schlag dahin – wären wir also wieder so weit: Sicherheit! Was kann ich darauf noch erwidern?
Sie fährt fort: »Im Rudel bist du nicht mehr sicher. Und ich bin deine Mutter – du wirst mir einfach vertrauen müssen. Hierherzuziehen, war richtig.« Etwas in ihrer Stimme lässt mich stutzen. Auf einmal habe ich den Eindruck, dass sie mir noch immer nicht die ganze Wahrheit sagt. Dass mir im Rudel eine noch größere Gefahr droht, als sie mir verraten will.
Ich wende den Blick ab, starre die karierten Vorhänge an und atme den chemielastigen Geruch des Gartenhäuschens ein. Sofort beginnt meine Nase zu schmerzen. In diesem Zimmer riecht es stärker, es übertüncht sogar den Schimmelgestank. »Bist du nicht schon spät dran?«
Ein leises Seufzen dringt zu mir. »Gute Nacht, Kleines. Wir sehen uns morgen früh.«
Dann ist sie fort.
Sie und Tamra wechseln noch ein paar Worte, die aber zu leise sind, als dass ich sie verstehen könnte. Daher weiß ich, dass sie über mich reden.
Ich höre, wie die Haustür auf- und wieder zugeht und mich in meinem Gefängnis einschließt.
Das letzte Mal haben Tamra und ich uns ein Zimmer geteilt, als wir sieben waren. Noch bin ich völlig ratlos, wie ich ihre gute Laune ertragen soll, aber ich gebe mir Mühe. Ihr den großen Auftritt zu vermiesen, hat ja doch keinen Sinn.
»Was ziehst du morgen an?« Tamra durchforstet unseren Schrank, gründlich und bestimmt mehrere Minuten lang, als würde jeden Moment auf wundersame Weise etwas auftauchen, was vor einer Sekunde noch nicht da war.
Mum hat uns das größere Zimmer mit dem größeren Schrank überlassen. Doch die Größe des Kleiderschranks betont nur noch, wie mickrig unsere Garderobe ist.
Ich zucke mit den Schultern. »Jeans.«
»Du hast doch heute schon Jeans getragen.«
»Deshalb kann ich sie doch morgen wieder tragen. Ich ziehe einfach ein anderes Oberteil an.«
Tamra lässt sich auf ihr Bett plumpsen.
Ich reibe mir die Beine mit Bodylotion ein. Schon wieder. Fast die halbe Flasche ist schon aufgebraucht, aber meine Haut ist noch immer trocken und durstig, lechzt nach mehr.
»Vermisst du denn gar nichts von zu Hause?«, will ich wissen, in der Hoffnung, dass es doch etwas gibt – etwas, weswegen sie unter Umständen zurückkehren würde.
»Nö.«
»Nicht mal Cassian?«, wage ich zu fragen.
Augenblicklich verändert sich ihre Stimmung. Ihr Gesicht verfinstert sich, als sie mir eine patzige Antwort gibt. »Mir steht es nicht zu, ihn zu vermissen,
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