Firelight 1 - Brennender Kuss (German Edition)
bis obenhin angenehm voll mit zu viel Nudelauflauf.
Mum kommt aus ihrem Zimmer, sie trägt eine schwarze Hose und ein violettes, paillettenbesetztes Trägertop. Ihre nackten Schultern leuchten wie heller Marmor. Hier wird sie mit der Zeit vielleicht braun werden. Ich runzle die Stirn. Vielleicht werden wir das alle.
»Und ihr Mädels kommt auch ganz sicher alleine zurecht?« Dabei sieht sie mich an.
»Aber klar«, antwortet Tamra aufgekratzt. »Und jetzt los mit dir und lass dir ordentlich Trinkgeld geben!«
Mum lächelt unsicher. »Ich werd’s versuchen, aber eigentlich passt es mir ganz und gar nicht, euch allein zu lassen.«
Ich weiß, es ist furchtbar egoistisch von mir, aber ich bin froh, dass sie in der Spätschicht arbeitet. Im Augenblick finde ich ihre Nähe einfach zu anstrengend. Und so muss ich mir nur Gedanken um Tamra machen, wenn ich mich fortschleiche. Falls ich mich fortschleiche. Sobald ich erst einen sicheren Ort gefunden habe, um mich zu verwandeln. Und das darf nicht zu weit weg sein, schließlich werde ich zu Fuß gehen müssen.
Ein bitteres Lachen will in mir hochsteigen, denn hier gibt es nirgends einen sicheren Ort für eine Verwandlung. Wir sind hier in der Wüste! Hier gibt es weder schützenden Nebel noch Berge und Wälder, in denen man sich verstecken kann.
»Bleibt nicht zu lange auf«, sagt Mum. »Und macht eure Hausaufgaben!«
Heute ist ihr erster Abend im Kasino der Stadt – die Nachtschicht wird am besten bezahlt. Dafür muss sie von zehn Uhr abends bis fünf Uhr morgens arbeiten. Mum passt das: So kann sie uns am Morgen zur Schule bringen, ein Nickerchen halten, danach für ein paar Stunden tagsüber arbeiten und sich rechtzeitig ausstempeln, um uns wieder abzuholen und den frühen Abend mit uns zu verbringen. Der ideale Job – zumindest solange sie durchhält mit nur fünf Stunden Schlaf pro Tag.
»Und vergesst nicht, Mrs Hennessey ist gleich nebenan.«
Ich schnaube verächtlich. »Als ob wir es wagen würden, sie zu stören.«
»Seid einfach vorsichtig.« Sie lässt den Blick bedeutungsvoll zwischen Tamra und mir hin und her wandern und ich frage mich einmal mehr, was genau sie wirklich bedrückt. Dass das Rudel auftauchen könnte, um uns zurückzuzerren? Oder dass ich ausreißen und freiwillig zurückkehren könnte?
»Weißt du«, wendet Tamra ein. »Du könntest einfach ein paar Edelsteine verkaufen, einen Smaragd oder Diamanten.« Sie zuckt mit den Schultern. »Dann müsstest du uns nicht allein lassen und bräuchtest weniger zu arbeiten.« Meine Schwester sieht sich in dem kleinen holzverkleideten Wohnzimmer um. »Wir könnten uns eine hübsche Eigentumswohnung zulegen.«
Mum greift nach ihrem Geldbeutel. »Du weißt genau, dass das nicht möglich ist.«
Denn das Rudel würde es sofort spitzkriegen, wenn Steine aus unserem jahrhundertealten Familienerbe auf einmal in Umlauf kämen. Genau darauf lauern sie mit Sicherheit schon, denn das wäre das Naheliegendste, um an Geld zu kommen.
Wäre dem nicht so, dann würde Mum jeden Edelstein verkaufen, den wir besitzen, das weiß ich. Immerhin verbindet sie keinerlei sentimentalen Wert damit. Schließlich gehören die Steine zu unserem Familienerbe als Draki – und was das angeht, will sie alle Verbindungen kappen.
Das Horten von Edelsteinen geht zurück auf unsere Vorfahren. Und das ist zu einem Großteil der Grund, weshalb wir gejagt werden. Für Geld. Aus Habsucht. Abgesehen von der Gier nach unserem purpurfarbenen Blut, unserer schillernden Haut und unseren starken Knochen – die für Menschen angeblich heilende Kräfte haben – hat man es wegen unserer Reichtümer auf uns abgesehen.
Nur geht es für uns dabei nicht um Geld. Es geht um unser Leben.
Fruchtbare Erde gibt uns Kraft, aber Edelsteine schenken uns sogar noch mehr. Sie sind wie der Zuckerguss auf dem Kuchen, die reinste Form von Energie, die uns die Erde bietet. Sie nähren uns. Wie unsere Ahnen, die Drachen, können auch wir Edelsteine tief unter der Erde aufspüren – ihre Kraft zieht uns an. Ohne fruchtbare Erde oder Edelsteine in der Nähe verhungern wir.
Tamra stemmt die Hände in die Hüften. »Ach, komm schon. Du brauchst ja nicht mehr als einen zu verkaufen. Ich brauche neue Klamotten.«
Mum schüttelt den Kopf. »Am Freitag bekomme ich meinen Lohn. Vielleicht fällt ja was für dich ab.«
»Was ist denn schon dabei, einen kleinen Stein zu verkaufen?«, frage ich scheinheilig, als wüsste ich nicht, welche Gefahr wir damit
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