Firelight 2 - Flammende Träne (German Edition)
nicht.«
Sie schenkt mir ein zaghaftes Lächeln. »Deine Schwester bewegt sich hier jetzt erhobenen Hauptes«, erinnert sie mich sanft.
Das stimmt. Tamra ist jetzt obenauf. Und ich nicht, ironischerweise. Zumindest momentan nicht.
Mum streicht mir mit dem Handrücken über die Wange. »Ich habe deines Vaters wegen hier gewohnt, also kann ich das auch für meine Töchter tun. Es ist ein vergleichsweise kleines Opfer.« Sie atmet tief ein. »Ich habe deinen Vater sehr geliebt. Aber diese Liebe war nichts gegen das Gefühl, nachdem wir verheiratet waren. Irgendetwas passiert da, irgendetwas verändert sich, wenn man sich das Jawort innerhalb dieses Kreises gibt. Es war so, als ob wir plötzlich untrennbar miteinander verbunden wären …« Ihr Gesicht wirkt wehmütig. »An manchen Tagen konnte ich seine Gefühle nicht von meinen unterscheiden.« Ihr bernsteinfarbener Blick verfinstert sich. »Sogar an seinem letzten Tag … da habe ich gespürt … da wusste ich einfach, dass etwas nicht stimmt, noch bevor mir jemand etwas gesagt hat. Und ich bin so lange hiergeblieben und habe mir gesagt, dass diese Leere , die ich gespürt habe, nicht bedeutet, dass er tot ist. Dass er noch immer am Leben sein konnte und dass er einfach nur zu weit weg war, als dass ich ihn hätte spüren können.«
Ich beobachte sie gespannt. »Warum hast du mir das nie erzählt?« Von diesem Gefühl höre ich heute das erste Mal. Natürlich weiß ich, dass viele verheiratete Drakis eine besondere Beziehung zueinander aufbauen. Früher hatten Drachen ein Leben lang denselben Partner und die Idee, die hinter einer Drakihochzeit steckt, stammt von diesem uralten Brauch. Bei manchen Drakipaaren geht die Verbindung sogar noch tiefer und anscheinend war das auch bei meinen Eltern so.
Sie zuckt mit den Schultern. »Du warst noch ein Kind. Ich wollte nicht, dass du weißt, dass ich seine … Angst gespürt habe. Seinen Schmerz. Ich wäre davon fast ohnmächtig geworden, Jacinda. Ich hatte Angst, dir davon zu erzählen. Ich dachte, dann denkst du, ich hätte seinen …«
»… Tod gespürt«, beende ich ihren Satz. Mein Kopf schmerzt und meine Stirn pocht, als ich versuche, das zu verarbeiten. Tief in mir drinnen hoffe ich, dass Dad überlebt hat. Dass er vielleicht irgendwo gefangen gehalten wird. Ich weiß nicht mehr, was ich denken soll.
Sie zuckt zusammen, nickt aber.
»Und warum erzählst du es mir dann jetzt?«, will ich wissen. Mum hatte praktisch in Dads Kopf gesteckt, als er starb … und das hat sie die ganze Zeit über für sich behalten?
»Weil du es wissen musst.« Sie schiebt sich eine Haarsträhne hinters Ohr. »Falls du jemals jemanden hier heiratest.« Meine Augen weiten sich und ich ahne bereits, worauf sie hinauswill. Und kann es nicht glauben. Schlägt sie gerade allen Ernstes vor, dass ich Cassian heirate? »Du wirst spüren, wie –«
»Wie was?«
Sie sieht mich bestimmt und mit festem Blick an. »Es wird alles gut werden, Jacinda.«
Gut werden? »Weil es nicht mehr wichtig ist, dass ich ihn nicht liebe, wenn wir erst verheiratet sind? Weil ich unechte Gefühle haben werde und mich dann selbst belügen und mir einreden kann, dass es Liebe ist?«
Sie schüttelt heftig den Kopf. »Du wirst dich mit ihm verbunden fühlen. Ist es dann wirklich noch wichtig, wie und warum es so gekommen ist?«
Ja, das ist es!
»Früher war es dir wichtig«, sage ich wie betäubt.
»Seitdem hat sich viel verändert. Jetzt sitzen wir hier fest. Du musst das Beste daraus machen.«
»Das tue ich bereits und werde es auch weiterhin tun. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass ich unbedingt heiraten muss.« Ich schließe die Augen und reibe sie mir in der Hoffnung, den Schmerz, der hinter den Lidern tobt, lindern zu können. Unterhalte ich mich wirklich gerade mit meiner Mutter über die Vorteile einer Vernunftehe, die ich nur schließen würde, um der Missbilligung des Rudels zu entgehen?
»Du kannst doch hier glücklich werden, oder? Cassian –« Sie hält inne. Ich beobachte, wie sich ihre Lippen bewegen, und kann nicht glauben, was sie da gerade sagt. »Cassian ist kein schlechter Kerl. Er ist nicht … ganz so wie sein Vater.«
Nicht ganz so. Ich weiche zurück und bin mir sicher, dass irgendwelche Aliens meine Mutter einer Gehirnwäsche unterzogen haben. »Ist das dein Ernst?«
»Das Rudel würde einfach alles vergessen, wenn du und Cassian nur –«
»Nein! Mum, nein!« Ich widerstehe dem Drang, mir die Ohren zuzuhalten. Ich
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