Firelight 2 - Flammende Träne (German Edition)
nie bei ihr gehört habe. Sie klingt fast gebrochen.
Ein selbstgefälliges Lächeln umspielt Severins Mundwinkel. »Vielleicht schaffst du es diesmal besser, sie im Zaum zu halten.« Mit einem scharfen Nicken dreht er sich um und verlässt polternd unser Haus.
Ein Haus, das sich nicht mehr wie ein Zuhause anfühlt. Sondern einfach nur wie ein Haus, das nicht mehr uns gehört. In das Severin einfach so hereinspazieren und Befehle erteilen und Drohungen aussprechen kann, als hätte er jedes Recht dazu.
Zum ersten Mal frage ich mich, ob sich das Rudel so sehr verändert hat – oder ob es vielleicht schon immer so gewesen ist.
5
E inen Augenblick lang stehen wir schweigend da und dann lässt sich Mum auf mein Bett sinken und wirkt dabei so erschöpft, dass es mir einen Stich ins Herz versetzt. Es ist viel zu lange her, dass sie sich verwandelt hat – Jahre . Langsam macht ihr das Alter zu schaffen.
Sie nimmt den zerlumpten Bären, den mir Dad zu meinem siebten Geburtstag geschenkt hat, von dem zerwühlten Haufen aus Laken und Kissen. Ich habe ihn dort vergessen, als wir damals so eilig aufgebrochen sind, und jetzt bin ich froh darüber, ihn hier zurückgelassen zu haben. Froh, dass etwas Geliebtes und Vertrautes hier auf mich wartet.
Mit einem stummen Seufzen zupft Mum an einem der verfilzten Ohren herum. Das Geräusch klingt so resigniert. Die Art, wie sie ihre Schultern plötzlich müde hängen lässt, unterstreicht das noch. War es das jetzt etwa? Hat sie tatsächlich aufgegeben?
Endlich sagt sie doch etwas und ihre Stimme wirkt genauso fahl wie ihre Augen. »Ich will, dass du in Sicherheit bist, Jacinda. Ich will nicht, dass man dir wehtut.«
Ich nicke. »Ich weiß.«
»Und mittlerweile fange ich an zu glauben, dass vielleicht ich diejenige bin, die dir am meisten Leid zufügt.«
Ich schüttle entschlossen den Kopf. Dieser neue, kraftlose Abklatsch meiner Mutter gefällt mit ganz und gar nicht. Sie wirkt wie eine Fremde. Doch das will ich nicht wahrhaben. Jetzt, wo sich alles um mich herum verändert, brauche ich sie als Fels in der Brandung. »Nein. Das stimmt nicht.«
»Ich habe dich nach Belieben herumgeschubst, egal, ob es dir gefallen hat oder nicht – alles nur, um dich zu beschützen.« Sie schüttelt den Kopf. »Aber vielleicht habe ich dadurch alles nur noch schlimmer gemacht. Jetzt sind wir wieder ganz am Anfang.« Sie macht eine unbestimmte Geste. »Du stehst wieder genauso unter der Herrschaft des Rudels. Nur, dass es jetzt noch schlimmer ist. Sie werden dich nicht mehr wie ein Geschenk des Himmels behandeln, sondern wie einen Störenfried.«
»Mum?« Meine Stimme zittert ein wenig und ich muss schlucken. »Was willst du damit sagen?«
Sie sieht von dem Bären auf. »Lass nicht zu, dass sie dich für den Rest deines Lebens wie einen räudigen Hund behandeln, Jacinda. Halt dich an ihre Regeln. Versuch, nicht aufzufallen. Gewinn wieder die Oberhand. Tu, was du tun musst.«
»Du willst also wirklich hierbleiben? Du willst, dass Tamra hierbleibt?«
»Euch nach Chaparral zu bringen war … Ich bin einem Traum hinterhergejagt. Etwas, was nie wirklich real war. Weder für dich noch für Tamra. Sie war von Anfang an dazu bestimmt, eine Draki zu sein, und ich hatte nicht die leiseste Ahnung.« Ihr entwischt ein Lachen und sie hält sich die Hand vor den Mund, um es zu unterdrücken. »Und du – du hast mir die ganze Zeit schon versucht zu sagen, dass du nur eine Draki sein kannst. Dass du hier sein musst. Ich wollte es nur einfach nicht hören. Es tut mir so leid, Jacinda.«
Ich setze mich neben meine Mutter aufs Bett. Sie hat mich früher vielleicht wütend gemacht, aber ich halte es nicht aus, sie so zu sehen. Ich will sie wiederhaben. Ich vermisse ihre Lebhaftigkeit. Ich vermisse sie. »Das muss dir nicht leidtun. Es sollte dir niemals leidtun, dass du eine Mutter bist, die ihre Töchter so bedingungslos liebt, dass sie alles für sie aufgeben würde.«
Ich halte ihre Hand, drücke die kalten Finger und plötzlich fällt mir wieder ein, dass ihr hier immer kalt ist. Ständig zittert sie wegen des ewigen Nebels und des ewigen Windes. Derselbe Nebel und derselbe Wind, bei denen ich mich zu Hause fühle und die ich so gerne schmecke und auf meinem Gesicht spüre. Sie mochte es hier noch nie und sie wird es vermutlich auch nie mögen. »Wir finden schon einen Weg, wie wir hier leben und glücklich werden können. Ich werde jedenfalls nicht mit gesenktem Kopf herumlaufen und du auch
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