Firelight 2 - Flammende Träne (German Edition)
kann nicht glauben, dass ich mir das wirklich anhören muss. Nicht aus ihrem Mund.
»Ich sage ja nicht, dass es jetzt sofort passieren muss. Mit der Zeit –«
»Ich kann einfach nicht glauben, was du da sagst!«
Sie packt meine Hand und sagt ebenso verbittert wie bestimmt: »Ich kann dich nicht mehr beschützen, Jacinda. Ich habe hier keinerlei Einfluss.«
»Und dass Cassian Einfluss hat, ist Grund genug, mich dafür zu verpfänden?«
»Es ist ja nicht so, als würde ich etwas vorschlagen, was du nicht schon selbst in Erwägung gezogen hast. Ich habe euch beide zusammen gesehen. Die Chemie zwischen euch beiden stimmt.«
Ich nicke langsam. »Vielleicht. Vielleicht war das einmal so.« Als es niemand anders gab. Keine Alternative, die mich in Versuchung geführt hätte. Bevor ich Will kennengelernt habe. »Jetzt nicht mehr.«
»Wegen Will.« In Mums Augen leuchtet für einen Moment die alte Lebenskraft auf. »Du kannst nicht mit ihm zusammen sein. Das ist vollkommen unmöglich, Jacinda. Er ist keiner von uns.«
Er ist keiner von uns. Ich habe es bislang vermieden, wirklich darüber nachzudenken, es zu akzeptieren, aber jetzt holen die Worte mich ein, graben sich tief in mein Bewusstsein und legen den Finger genau in die Wunde in meinem Herzen.
Ich atme flach ein. »Egal, ob es unmöglich ist oder nicht, ich kann mir niemand anders vorstellen. Dann bleibe ich lieber allein.«
»Mach dir doch nichts vor, Jacinda! Er ist ein Mensch! Ein Jäger! Vergiss ihn endlich! Du wirst einen anderen finden.«
Einen Augenblick lang ähnelt die Unterhaltung merkwürdigerweise sehr einem Gespräch vor langer Zeit, in dem Mum versucht hat, mich dazu zu überreden, meinen inneren Draki zu vergessen, ihn absterben zu lassen. Jetzt will sie, dass ich mich auf den Draki in mir konzentriere und Will vergesse. Ich schüttle den Kopf.
Allerdings hat sie recht damit. Mehr, als ihr selbst bewusst ist. An Will festzuhalten ist dumm und falsch, das weiß ich. Er ist nicht nur ein unberührbarer Mensch und nicht nur ein Jäger. Er ist etwas viel Schlimmeres.
Drakiblut fließt in seinen Adern. Ein Draki – vielleicht sogar mehrere – sind gestorben, damit er am Leben bleiben konnte. Sogar wenn sein Vater für diese schreckliche Tat verantwortlich ist, wie könnte ich Will jemals wieder in die Augen sehen? Ihn jemals wieder berühren? Ihn in den Armen halten? Ihn küssen?
Ich nehme an, dass es gut für mich ist, wenn ich ihn nie wiedersehe. Ich muss aufhören, tief im Inneren zu hoffen, dass er sein Versprechen halten und mich finden wird.
»Ich habe ihn bereits vergessen«, murmle ich mit sanfter Stimme. Mum mustert mich genau und wirkt nicht gerade überzeugt von meinen Worten. Doch im Grunde muss ich nicht sie überzeugen, sondern mich selbst.
An diesem Abend liege ich im Bett, starre auf die Glitzersterne, die ich mit Dad vor vielen Jahren an der Decke angebracht habe, und beginne langsam, mich wieder sicher zu fühlen. So, wie ich mich als Kind gefühlt habe, als meine Eltern nebenan geschlafen haben. So sicher. So beschützt.
Ich befreie meine Gedanken und finde Will. Er wartet in meinem wehrlosen Herzen auf mich.
Dösend, im Halbschlaf, erinnere ich mich. Erinnere mich an ihn – an uns – an all die gemeinsamen Momente, bevor die Welt um mich herum einstürzte. Ein Lächeln umspielt meine Lippen. Ich schwelge so lange in Erinnerungen, bis die Sehnsucht zu stark wird. Bis der Schmerz, bei ihm sein zu wollen, zu tief wird und warme, salzige Tränen über meine Wangen laufen.
Es ist nicht vorbei. Die Sache zwischen dir und mir ist noch nicht beendet … Ich werde dich finden, ganz bestimmt. Wir werden wieder zusammen sein.
»Nein«, flüstere ich in die Stille meines Zimmers hinein, auch wenn mir dabei das Herz blutet. Ein verräterischer Teil meines Herzens will das für immer glauben. »Das werden wir nicht.«
Doch dann wache ich auf und die schreckliche Wahrheit holt mich wieder ein und sticht mir wie ein Dolch ins Herz. Er wird sich nicht an das Versprechen erinnern, das er mir gegeben hat.
Ich streiche mir mit den Fingern über die Lippen. Du wirst dich nicht daran erinnern, dass ich gegangen bin. Du wirst dich nicht daran erinnern, warum ich fliehen musste. Du wirst denken, dass ich Chaparral einfach so verlassen habe. Dass ich dich einfach so verlassen habe.
Ich drehe den Kopf, beiße in mein Kissen und versuche, das Schluchzen zu unterdrücken, das sich einen Weg aus meiner Brust heraus bahnen will.
Denkt er
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