Firelight 2 - Flammende Träne (German Edition)
sicher bin, ob es sie überhaupt interessieren würde, wenn es so wäre.
Ich schüttle den Kopf und jeder einzelne meiner geschundenen Muskeln spannt sich kampfbereit an. Angestrengt lausche ich dem Geräusch ihrer Schritte auf dem Kies, als sie den Transporter umkreisen. Einer von ihnen lacht und das Geräusch verliert sich, als sie sich von dem Lieferwagen entfernen. Und uns zurücklassen.
Nach einer Weile atme ich aus. Erst jetzt wird mir bewusst, dass ich die Luft angehalten habe. »Sie sind weg«, flüstere ich dann und bemerke, dass es gar keinen Grund mehr dafür gibt. Ich wiederhole den Satz, diesmal lauter: »Sie sind weg.«
»Wahrscheinlich schlagen sie sich ihre fetten Bäuche voll«, brummt sie. »Ich würde töten für etwas zu essen.«
Seufzend lässt sie sich wieder auf dem Boden des Lieferwagens nieder. Ich mustere sie von oben bis unten. Sie hat immer schon klein und ausgemergelt ausgesehen, mit ihrem hageren Gesicht und ihrem rasselnden Atem. Angestrengt hebt und senkt sich ihre Brust bei jedem Atemzug. Vielleicht hat mich meine Zeit in der Wüste besser auf das hier vorbereitet. Trockene Hitze. Beschwerlichkeit. Schmerzen. Miram schlägt sich nicht gerade sonderlich tapfer und sie hat noch nicht einmal eine Harpune in den Flügel abbekommen.
Ich muss sie hier rausholen. Bald. Sonst kommen diese Jäger mit einer toten Draki an ihrem Ziel an.
Plötzlich ist ein unangenehmes Geräusch an der Tür zu hören. Ein Adrenalinschub betäubt meinen Schmerz und ich schnelle hoch in die Hocke. Etwas kratzt gegen die Metalltür. Das Geräusch geht mir durch Mark und Bein und die winzigen Haare in meinem Nacken stellen sich auf. Mein Blick bohrt sich in die Tür. Ich atme langsam und tief ein, lasse Hitze in mir aufsteigen und sammle sie in meinem Rachen. Ich mache mich bereit.
So schwach und ausgetrocknet, wie ich bin, wird mir von der Anstrengung übel. Erschöpft zittere ich am ganzen Körper. Ich befinde mich nicht gerade in bester Verfassung, aber es muss einfach reichen. Es wird sich mir nur diese eine Gelegenheit bieten. Sobald sich die Tür öffnet, muss ich bereit sein.
»Miram«, sage ich und wünschte, sie würde sich endlich zusammenreißen, sich unsichtbar machen und auch so bleiben. »Es ist gleich so weit.«
Sie nickt kurz.
Dampfschwaden dringen aus meiner Nase.
Ich öffne die Lippen und fixiere die Tür so angestrengt, dass meine Augen schmerzen. Zuerst ertönt ein dumpfer Schlag und dann wird die Tür aufgezogen. Mein Herz krampft sich in meiner glühend heißen Brust zusammen. Gleißendes Sonnenlicht dringt in flüssig-heißen Strahlen in den Transporter und blendet mich. Das ist mir aber vollkommen egal – ich darf nicht zögern und diese Gelegenheit verpassen.
Die Glut in mir ist noch nicht erloschen. Feuer bringt meine Luftröhre zum Glühen und lodert in Flammen aus meinem Rachen. Sie genügen.
Die Gestalt, die im Gegenlicht nur schemenhaft zu erkennen ist, stürzt mit einem Aufschrei zu Boden.
Mit einem Satz springe ich aus dem Transporter und schaffe es irgendwie, auf meinen wackligen Beinen das Gleichgewicht zu halten, was mit gefesselten Händen und Flügeln doppelt so schwierig ist.
Ich beuge mich hinunter, um in den Taschen des Jägers nach einer Waffe zu suchen, nach irgendetwas, womit ich meine Fesseln durchschneiden kann. Und erstarre plötzlich.
Das ist nicht einer der hartherzigen, schwarz gekleideten Jäger, die mich wie eine Weihnachtsgans dressiert und in einen Transporter geworfen haben. Es ist Will.
Ein scharfes, ersticktes Geräusch dringt aus meiner Kehle. Sein Name kommt mir mit einem krächzenden Laut über die Lippen, den er unmöglich verstehen kann.
Aber das muss er auch nicht. Er weiß Bescheid. Er ist meinetwegen hier. Das ist das Einzige, was zählt. Und dass ich ihn nicht total verbrannt habe.
Jetzt hat er sich wieder aufgerappelt und streicht mir über die zitternden Arme, als wolle er sichergehen, dass auch wirklich ich es bin, die da vor ihm steht. »Jacinda!«
Erleichterung durchströmt meinen Körper. Das Adrenalin weicht dem Schmerz und der Erschöpfung, die mich jetzt wieder fest im Griff haben. Ich gebe nach und breche in seinen Armen zusammen – lasse mich von ihm retten, mich vor seinesgleichen und den Schmerzen bewahren, die jede Faser meines Körpers durchsetzen.
Vorsichtig legt Will einen Arm um mich und ich blicke über meine Schulter auf meine gefesselten Flügel. Ich kann spüren, wie er zusammenzuckt, als ihm alles klar
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