Firelight 2 - Flammende Träne (German Edition)
und ist viel zu klein.
»Ich weiß nicht. Ich bin schon vor Stunden aufgewacht.«
»Irgendwann müssen sie anhalten«, sage ich, mehr zu mir selbst als zu ihr.
»Na und? Dann halten sie eben an. Und was dann? Diese Türen werden sich nicht öffnen, bevor wir nicht dort angekommen sind, wo sie uns hinbringen. Und dann …« Sie bringt den Satz nicht zu Ende.
Ich verziehe das Gesicht und atme langsam gegen den anhaltenden Schmerz in meinen gefesselten Flügeln an. »Ich gebe nicht auf. Ich kann Feuer speien und du kannst dich unsichtbar machen.« Falls sie sich auf ihre Gabe konzentrieren kann und die Angst sie nicht wieder lähmt. »Warum sollten sie in der Lage sein, uns zu überwältigen?«
»Aber genau das haben sie.« Miram zieht eine ihrer filigranen Augenbrauen hoch, die ebenso beige und unscheinbar sind wie alles andere an ihr. Die Grate auf ihrer Nase erzittern unter einem wütenden Atemzug. Zornig starrt sie mich an. »Also, du Genie, wie kommen wir jetzt hier raus?«
Will. Wieder muss ich an ihn denken, traue mich aber nicht, etwas in der Richtung zu sagen. Warum sollte ich diese Hoffnung in ihr schüren? Oder sogar in mir. Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wo er steckt und warum er nicht zu unserem vereinbarten Treffpunkt gekommen ist. Momentan bin ich auf mich selbst gestellt.
Ich schüttle den Kopf – und wünsche mir trotzdem, er wäre hier. Er weiß bestimmt Bescheid. Er muss einfach mittlerweile gehört haben, dass sein Vater einen Feuerdraki gefangen hat.
Dieser Gedanke verleiht mir Ruhe, während wir kopfüber in das nebulöse Reich meiner Albträume stürzen und der Transporter von einer Windböe so stark hin und her geworfen wird, dass ich am ganzen Körper erzittere.
Sie halten nicht unseretwegen an. Nicht, um uns Essen zu bringen oder uns auf die Toilette zu lassen. Warum sollten sie auch? Für sie sind wir nichts als wilde Tiere.
Der Transporter ist nicht mehr als eine übergroße Metallkiste, die gleichgültig vor sich hin rattert und in der es heiß und stickig ist.
Miram und ich liegen auf der Seite und werden auf dem heißen Metallboden gegrillt wie zwei ausgetrocknete Fische, die aus dem Meer gefischt wurden und nun verzweifelt versuchen, wieder ins Wasser zu kommen. Wir haben schon lange aufgehört, miteinander zu sprechen. Mit unseren gefesselten Händen und zusammengebundenen Flügeln fühlen wir uns einfach zu elend, um uns zu unterhalten.
Jede noch so kleine Bewegung sendet eine Welle stechender Schmerzen durch meinen Körper. Ich lecke andauernd meine rissigen Lippen und schlucke gegen das Brennen in meiner trockenen Kehle an. Das Feuerspeien hat mich wirklich erschöpft. Ich verdorre innerlich und lechze nach Wasser.
Aber ich gebe nicht auf. Ich hebe mir meine Kraft für den Moment auf, in dem sich die Lieferwagentür öffnet. Vielleicht kann ich mich freikämpfen, wenn ich sie überrumple und noch einmal Feuer speie.
Das rede ich mir zumindest ein. Aber wirklich daran zu glauben, dass ich genügend Feuer ausstoßen kann, ist viel schwieriger.
Ich spüre meine Flügel nicht mehr und versuche, nicht darüber nachzudenken, was das bedeuten könnte. Auf jeden Fall nichts Gutes. Ich liege auf der Seite und drücke die Arme fest an die Brust. Sie kribbeln und schmerzen wie verrückt.
Der Transporter bremst ab. Als das Fahrzeug abbiegt, rutsche ich ein Stück über den Boden.
Wir halten an. Das finde ich noch nicht einmal besonders spannend. Wir haben schon einmal angehalten. Niemand hat die Tür aufgemacht, um nach uns zu sehen. Sie haben nur getankt, ihre eigenen Bedürfnisse befriedigt und uns einfach in dem heißen Wagen liegen gelassen.
Dass wir angehalten haben, bedeutet noch lange nicht, dass sich die Tür öffnen wird. Aber trotzdem …
Ich hebe den Kopf und flüstere Mirams Namen, nur um sicherzugehen, dass sie wach ist. Sie antwortet nicht. Bewegt sich nicht. Ich robbe näher an sie heran und stupse mit dem Fuß gegen eines ihrer schlanken Beine. »Miram!«
Sie stöhnt und öffnet die Augen. »Was ist denn los?«
»Wir haben angehalten.«
»Und weiter?«, krächzt sie.
Ich lege den Kopf schief und lausche, als die Fahrer- und Beifahrertür erst aufgerissen und dann wieder zugeknallt werden. Stimmen dringen gedämpft an mein Ohr. Was genau sie sagen, ist nicht auszumachen.
Unter großer Anstrengung benutzt Miram ihre gefesselten Arme als Hebel und setzt sich auf. »Glaubst du, wir sind da?«
Sie stellt die Frage so teilnahmslos, dass ich nicht
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