Firelight 3 - Leuchtendes Herz (German Edition)
Zelle hindurch nicht sehen kann. »Du hast es versucht. Es war nicht viel Zeit für Erklärungen.«
»Das ist immer so.«
»Was meinst du damit?«
»Wenn sie einen neuen Draki fangen, scheuchen sie uns als Erstes immer alle zusammen in den Wald. Dort halten sie ihn fest.« Jetzt weiß ich, wen sie damit meint. »Sie wollen sehen, wie sich der neue Draki den anderen gegenüber verhält. Na ja, hauptsächlich wollen sie sehen, wie ein neuer Draki auf den Grauen reagiert. Du weißt schon, ob wir irgendeine interessante Gabe haben oder nicht.«
»Was für ein Draki ist er denn? Und wo kommt er her?«
»Er ist nicht wie wir anderen.«
»Weil er instinktiv zuallererst versucht, seine eigenen Artgenossen zu vernichten? Ja, so was in der Art habe ich mir schon gedacht.«
Der männliche Draki auf der anderen Seite meldet sich zu Wort: »Er ist alt. Älter als wir alle.«
»Er hat gar nicht so alt ausgesehen«, sage ich.
»Ich glaube, dass er der älteste lebende Draki ist. Mehr Drache als Mensch.«
Ich runzle die Stirn. »Woher weißt du das?«
»Roc weiß alles. Er ist echt schlau«, wirft Lia ein.
»Es ist nur eine Theorie«, sagt Roc, »aber im Laufe der Zeit sind wir immer menschenähnlicher geworden. Ich vermute, dass wir früher drachenähnlicher waren … so wie er.« Er macht eine Pause und ich kann ihn fast auf der anderen Seite der Wand mit den Schultern zucken sehen. »Er ist so, wie wir vielleicht vor ein paar Tausend Jahren waren. Bevor die Zivilisation eingesetzt hat. Primitiv. Wild.«
Ich beiße mir auf die Lippen. Vielleicht. Aber ich frage mich auch, ob seine Bösartigkeit nicht einfach das Ergebnis von all dem ist, was ihm die Enkros angetan haben. Vielleicht hat ihn das Leben in Gefangenschaft verrückt gemacht. Sogar ich kann nach dieser kurzen Zeit schon spüren, wie es an meinen Nerven zehrt.
Ich schlucke und schüttle den Kopf. Ich bin nicht hier, um das Rätsel des grauen Drakis zu lösen. Ich bin hier, um Miram zu retten und hoffentlich nebenbei dem ganzen üblen Treiben ein Ende zu setzen. Die Enkros zu vernichten, die vielleicht etwas damit zu tun hatten, dass mir Dad entrissen wurde. Doch selbst wenn das nicht der Fall war, muss ihnen das Handwerk gelegt werden.
Um mich herum kehrt Schweigen ein und ich weiß, dass jeder seinen eigenen Gedanken nachhängt. Irgendwo in der Ferne, am Ende der Zellenreihe, höre ich eine Stimme etwas in Drakisprache murmeln. Die diensthabenden Enkros unterhalten sich leise und monoton. Einem von ihnen fällt auf, dass ich ihn beobachte, und ich sehe schnell weg. Ich wage es nicht, seinem Blick standzuhalten. Er gibt mir irgendwie das Gefühl, als könne er direkt in mich hineinsehen und meine Geheimnisse lüften.
Rastlos gehe ich in meiner kleinen Zelle auf und ab und frage mich, wie viel Zeit wohl vergangen ist, seit sie mich in dieses Verlies geworfen haben. Auf jeden Fall schon zu viel, zumindest fühlt es sich so an. Ich bin nicht dafür gemacht, eingepfercht zu sein. Niemand ist das, aber mir scheint es besonders viel auszumachen. Ich habe das Gefühl, dass ich mir gleich die eigenen Haare ausreißen werde, wenn ich nicht bald aus diesem Kasten herauskomme.
»Miram«, rufe ich nach einer Weile, entschlossen, es noch einmal zu versuchen. »Bist du da?«
Natürlich ist sie hier. Wo sollte sie auch hingegangen sein?
»Ich weiß, dass du da bist«, bekräftige ich. »Und auch, dass du sauer auf mich bist.« Von unserer Rettungsaktion mal ganz abgesehen, ist es mir plötzlich irgendwie wichtig, zwischen uns reinen Tisch zu machen. Seit ich mit Cassian verheiratet bin, ist meine Abneigung gegen sie nicht mehr so … unerbittlich . Ich bin sicher, dass Cassians Gefühle, die Liebe und Zuneigung, die er für seine Schwester verspürt, etwas damit zu tun haben.
»Sauer?« Endlich ist Mirams vertraute Stimme zu hören. »Wieso sollte ich denn sauer auf dich sein? Du hast mich schließlich nur Jägern in die Arme getrieben und in diese Hölle hier gebracht!«
Ich atme tief durch und verzichte darauf, sie daran zu erinnern, dass sie mindestens genauso viel Schuld trägt wie ich. Sie hätte mir eben nicht hinterherspionieren sollen! Aber ich bin nicht hier, um mich mit ihr zu streiten. Das muss ich ihr klarmachen. Wir sind jetzt Verbündete.
»Dein Bruder ist hier, Miram.«
Eine lange Pause entsteht, dann fragt sie: »Cassian?«
»Ja.«
»Er ist hergekommen, um mich hier rauszuholen?«
»Ja. Wir alle. Tamra auch. Ich habe mich fangen lassen, damit
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