Firelight 3 - Leuchtendes Herz (German Edition)
Mal als Draki neben mir. Seine Augen sehen so aus wie immer, nur dass seine Pupillen senkrecht stehen. Sie glänzen freudig, während wir hoch in den Himmel steigen und wieder hinabsinken und durch den nassen Kuss der Wolken gleiten. Seine Haut schillert golden, braun und grün – genau wie seine haselnussbraunen Augen. Die Bewegungen seiner Flügel sind flüssig, sie gleiten elegant durch die Luft wie große Segel.
Als ich aufwache, schlägt mir die harte Realität ins Gesicht und mir ist zum Heulen zumute.
Tränen brennen in meinen Augen. Will und fliegen – das wird nie passieren. Dieser Wunschtraum wird sich nie erfüllen. Er und ich werden nie als Drakis zusammen sein können. Auch wenn er bereits bewiesen hat, dass er anders ist, dass er mehr als nur ein Mensch ist – er wird niemals gemeinsam mit mir in die Lüfte steigen können.
Aber muss er das denn? , flüstert eine leise Stimme in meinem Kopf. Das ist dir doch früher nie wichtig gewesen.
Ich umschlinge meine Knie und reibe mir mit beiden Händen die weiche Haut. Vielleicht fühle ich mich so, weil ich hier bin. Vielleicht ist es die Tatsache, dass ich von Menschen gefangen gehalten werde, nur Drakis als Verbündete habe – mit Ausnahme des einen, der mich lieber umbringen würde, natürlich –, und mich nach dem Himmel sehne. Vielleicht lässt das die Kluft zwischen Will und mir auf einmal tiefer erscheinen.
Die Tür des Untersuchungsraums öffnet sich und noch mehr Laborkittel kommen herein. Sie schieben eine Krankenliege vor sich her, an deren Seiten braune Lederriemen herabbaumeln. Ihr Anblick löst ein nervöses Flattern in meiner Magengegend aus.
Ich stehe auf und mein Puls wird schneller, bis das Blut schließlich rasend in meinen Adern pocht. Ich stelle mich mit dem Rücken gegen eine Wand und presse die Handflächen gegen den kalten Beton. Ein Draki irgendwo am Ende der Zellenreihe fängt an, Radau zu machen. Es klingt fast, als wollte er sich in den betonierten Boden eingraben.
»Was ist denn los?«, rufe ich und hoffe, dass mir einer von ihnen erklären kann, was hier gerade passiert.
Lia antwortet mir – in entschuldigendem Ton, als fühlte sie sich irgendwie verantwortlich: »Sie sind deinetwegen hier. Du bist dran.«
Mir bleibt die Luft weg. »Dran womit?«
»Am Anfang nehmen sie jeden von uns und … pflanzen uns etwas ein.«
»Etwas einpflanzen? Was?«, rufe ich und gehe hastig in meiner Zelle auf und ab. Hin und her, hin und her, als könnten schnelle Bewegungen mich von alldem hier wegbringen.
»Ich weiß nicht recht … irgendeinen glänzenden kleinen Metallgegenstand. Es tut nur eine Sekunde lang weh.«
Einen glänzenden kleinen Metallgegenstand?
Ich drücke erneut die Handflächen gegen die Wand und schüttle den Kopf, als könnte ich die Enkros mit reiner Willenskraft dazu bringen, mich in Ruhe zu lassen. Ich bin auf das hier nicht vorbereitet. Ich dachte, sie hätten keine Zeit, irgendetwas Schlimmes mit mir anzustellen, bevor mich meine Freunde hier rausholen.
»Es bringt nichts, dagegen anzukämpfen«, sagt Roc grimmig. »Da müssen wir alle durch.«
Da müssen wir alle durch.
Das macht mir nicht gerade Mut. Entsetzen steigt in mir auf, als ich zusehe, wie die Menschen vor der Plexiglasscheibe meiner Zelle stehen bleiben. Ich sollte das nicht durchmachen müssen. Nur vierundzwanzig Stunden. Das war der Plan. Nicht das hier. Das war nie ein Teil des Plans gewesen. Will hat doch gesagt, sie würden gleich reinkommen. Wo bleiben sie denn? Ist irgendetwas schiefgelaufen?
Mag sein, dass ich das fügsame Wesen gespielt habe, als sie mich hierher gebracht haben, aber jetzt kann ich es mir nicht mehr leisten, ein leichtes Opfer zu sein. Ich darf niemand anders mehr sein als ich selbst.
Als sie die Plexiglastür öffnen, stehe ich bereit. Ich speie ihnen knisterndes Feuer entgegen und versuche, sie so von mir fernzuhalten.
Zuerst weichen sie zurück, kommen dann aber wieder auf mich zu, diesmal in Hockstellung. Sie versuchen es mehrere Male und wagen sich Schritt für Schritt in die Zelle vor. Jedes Mal empfange ich sie mit Feuer und treibe sie in die Flucht.
Ich keuche laut und heißer, rauchiger Atem dampft von meinen Lippen. Ich versuche, nicht darüber nachzudenken, wie lange ich meine Abwehr wohl aufrechterhalten kann. Ich sage mir einfach, dass ich durchhalten muss. Ich muss durchhalten, bis Will kommt.
Mit hochroten, wütenden Gesichtern schließen sie die Plexiglasscheibe wieder und besprechen sich.
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