Firelight 3 - Leuchtendes Herz (German Edition)
weiß genau, dass ich Geduld haben und abwarten muss, bis die Sache mit Miram erledigt ist, aber das besänftigt mich keineswegs.
So sitze ich da und warte. Und frage mich, was wohl auf uns zukommt und ob ich dafür bereit sein werde. Ob irgendjemand von uns dafür bereit sein wird.
18
L achend laufe ich am Wasser entlang und schäumende Gischt spritzt wild an meinen Unterschenkeln hoch. Ich drehe mich um und werfe einen Blick zurück auf die anderen. Mum und Dad sind um einiges langsamer als ich. Sie gehen Hand in Hand am Strand entlang und genießen die seltene Gelegenheit, endlich eine Auszeit vom Rudel zu haben. Tamra holt auf und ist mir dicht auf den Fersen, aber ich bin schneller.
Überall am Strand stehen hoch aufragende Felsformationen. Sie sind wunderschön und fremdartig. Tamra schließt zu mir auf und wir lachen und stoßen miteinander zusammen. Wir zeigen auf unterschiedliche Felszungen und machen alberne Bemerkungen darüber, woran sie uns erinnern.
»Die da sieht aus wie ein Clown.«
»Dort drüben ist ein riesiges Kaninchen – und die da sieht aus wie Dads Nase!«
»Die dort sieht aus wie der Eiffelturm.«
»Und die hier sieht aus wie eine Palme«, sagt Dad und zeigt über meine Schulter hinweg auf eine Felsformation, die oben ganz breit ist und dann nach unten hin schmaler wird und aussieht wie ein Baumstamm.
»Hey«, sagt Mum und greift nach ihrer Kamera. »Stellt euch mal da drunter.«
Ich stehe darunter und blicke hoch zu dem riesigen Felsen über meinem Kopf. Irgendwie berührt er meine Seele und das Gefühl erinnert mich sehr an die Erde zu Hause. Die raue rötlich braune Felszunge fasziniert mich und Mum muss erst meinen Namen rufen, um mich daran zu erinnern, dass ich in die Kamera schauen soll. Ich drehe mich um und lächle. Dabei neige ich meinen Kopf ein wenig und lasse ihn auf der Schulter meiner Schwester ruhen.
Dann kommt Dad zu uns herüber und legt einen Arm um mich. Er zeigt auf den steinernen Schirm über uns. »Eine Palme, Jacinda.« Er sagt es noch einmal und lächelt.
Ich nicke und erwidere sein Lächeln. »Ziemlich cool.«
Dann verblasst alles andere ringsum. Mum. Tamra. Das Tosen der Brandung. Jetzt sehe ich nur noch meinen Dad und den glänzenden Blick, mit dem er mich ansieht. »Nein, es ist eine Palme, Jacinda …«
Atemlos wache ich auf und meine Brust bebt, als hätte ich an einem Wettrennen teilgenommen. Die Schummrigkeit meiner Umgebung verwirrt mich. Ich weiß nicht, wo ich bin. Die Luft ist trüb und hat einen leichten Gelbstich. Seltsame Schatten tanzen auf den dunklen, unebenen Wänden um mich herum.
Dann fällt mir alles wieder ein.
Ich drücke mich hoch und mein Blick fällt auf Miram, die in Seitenlage zusammengerollt auf ihrem Schlafsack neben mir liegt. Wir müssen eingeschlafen sein, während wir uns unterhalten haben. Ich wollte sie etwas aufmuntern, sie auf andere Gedanken bringen.
Als sich meine Augen an die Düsterkeit der Höhle gewöhnen, durchzuckt mich ein Gefühl der Enttäuschung. Ich kann Dad noch immer klar und deutlich vor mir sehen, sein Bild ist scharf und frisch. Fast so, als hätte ich gar nicht von einem Ereignis aus der Vergangenheit geträumt, sondern als würde ich es noch einmal durchleben.
Plötzlich spüre ich einen Schmerz tief hinten in meinem Hals. Ich kann fast die kalte Meeresluft riechen. Dads Stimme flüstert in meinem Inneren: Palme.
Mein Herz macht einen Satz in meiner Brust und mein Puls pocht wie wild in meinem Hals. Ich sehe den Zettel, den meine Mutter für mich hinterlassen hat, glasklar vor mir:
Erinnere dich an die Palme.
Damals haben diese Worte keinerlei Sinn für mich ergeben. Ich habe einfach darauf vertraut, dass es mir irgendwann einfallen würde, dass ich irgendwann herausfinden würde, was Mum damit gemeint hat. Und genau das habe ich jetzt.
Ich springe auf und kann es kaum erwarten, Tamra die tollen Neuigkeiten mitzuteilen. Ich weiß, wo Mum ist. Wir können zu ihr gehen! Doch dann halte ich inne und atme rasch aus, als mir wieder einfällt, dass ich nirgendwohin gehen kann. Noch nicht. Ich bin hier, um Gerechtigkeit für Dad zu erlangen. Und um Miram zu helfen. Und Cassian … und dem Rudel. Ich muss noch eine ganze Menge Dinge in Ordnung bringen, bevor ich losziehen und Mum suchen kann. Diese Entscheidung habe ich getroffen – und ich habe auch Will mit hineingezogen.
Tamra hat sich anders entschieden. Ich weiß, dass das ihr gutes Recht ist … aber jetzt, da wir ein festes Ziel haben,
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