Firelight 3 - Leuchtendes Herz (German Edition)
verliere, kann sich mein Weggang vom Rudel als größerer Verlust entpuppen, als ich es mir je hätte träumen lassen. Zu wissen, dass sie mitkommt, hat mir immer Trost gespendet. Aber zumindest werde ich bei Will sein.
»Dann machst du das also für das Rudel?«, frage ich.
»Ist das denn so schwer zu glauben?«
»Äh, ja, schon ein bisschen.« Jahrelang hat sie das Rudel gehasst – wollte für immer frei davon sein. Ich bin immer diejenige gewesen, die bleiben wollte.
Und dann verrät sie sich.
Ihr Blick wandert ganz leicht zur Seite.
Ich folge ihm und bemerke den riesigen grauen Draki, der neben unserer Gruppe hergeht. Als ich zu ihr zurücksehe, hat sie die Augen wieder nach vorn gerichtet und tut so, als hätte ich ihren unbewussten Seitenblick nicht mitbekommen. Aber es ist zu spät. Ich habe ihn bemerkt. Und ich hatte mir bereits gedacht, dass da etwas zwischen den beiden ist. Zumindest der Anfang von etwas.
»Wir verändern uns alle«, sagt sie vage.
»Ja. Das tun wir.« Dass Tamra Augen für jemand anders als Cassian hat, bestätigt das nur umso mehr. Sie hat recht. Alles verändert sich … entwickelt sich weiter. Und ich spüre, wie Vorfreude auf die Zukunft mit Will in mir hochsprudelt. Wir werden zusammen sein, egal, was passiert.
Ich lasse mich ein paar Schritte zurückfallen und gehe jetzt neben Will her. Er blickt zu mir und ich lächle ihm zu. Ich bin einfach so froh, so erleichtert darüber, ihn bei mir zu haben.
Mit meinem Lächeln versuche ich, ihm zu verstehen zu geben, dass das hier nicht für immer ist, dass wir bald von hier verschwinden werden. Ich bin nicht Tamra. Das Rudel braucht vielleicht meine Schwester, aber nicht mich. Ich werde Will nicht enttäuschen – und mich auch nicht.
»Wir sind da«, verkündet Cassian, als wir auf eine kleine Lichtung im Wald stoßen. Er stellt seinen Rucksack ab und geht auf eine dichte Wand aus ineinander verheddertem Gebüsch zu. Ich beobachte ungläubig, wie er einen Zweig nach dem anderen entfernt, zu Boden wirft und schließlich den Blick auf eine tiefe Höhle freigibt.
Ich mache einen Schritt nach vorn und spähe hinein. Es überrascht mich, einen Haufen Proviant und Ausrüstung dort vorzufinden. Fragend sehe ich Cassian an.
Er zuckt mit den Schultern. »Man weiß nie. Vorsicht ist besser als Nachsicht.«
»Was für ein Ort ist das hier? Kennt das Rudel ihn? Oder dein Vater?«
»Nein. Nur ich.«
Ich blicke auf die Taschen voller Essen und Werkzeug – ein Vorratslager. Ich kann kaum glauben, dass Cassian jemals daran gedacht hat, solche Maßnahmen zu ergreifen. Ich habe immer angenommen, dass er lieber mit dem Rudel untergehen würde, falls es je in Schwierigkeiten oder Gefahr wäre, statt zu fliehen. Diesen Eindruck hat er mir zumindest immer vermittelt.
Ich nehme die Vorräte genauer unter die Lupe und bemerke, dass sich darunter sogar Schmucksteine befinden. Diese Ansammlung ist nicht einfach nur für den Notfall gedacht. Sie enthält alles, was ein Draki mitnähme, wenn er weglaufen und irgendwo ein neues Leben anfangen wollen würde.
Cassian räumt die letzten Zweige beiseite und beginnt, seine Vorräte zu überprüfen. Dabei wirft er mir ein paar kurze Blicke zu und merkt eindeutig, wie verblüfft ich bin.
»Du hast also darüber nachgedacht, das Rudel zu verlassen?« Es fällt mir schwer, den Cassian, den ich zu kennen glaubte, mit dem Cassian, der jetzt vor mir steht, in Einklang zu bringen.
Bei ihm ist es immer um das Rudel gegangen – darum, was das Beste für die Gemeinschaft war. Und jetzt das … mein Blick wandert über die gut sortierte Auswahl an Vorräten. Ich frage mich, ob Cassian nicht irgendwann vielleicht andere Pläne hatte. Pläne, die nichts damit zu tun hatten, der zukünftige Anführer des Rudels zu werden.
Cassian zuckt erneut mit den Schultern und das verwandelt meine Verwirrung in Ärger. Er ist immer mein Gewissen gewesen, die Stimme in meinem Kopf, die mir Schuldgefühle eingeredet hat, weil ich in den letzten Monaten das Rudel enttäuscht habe. Er ist derjenige gewesen, der mich immer und immer wieder daran erinnert hat, dass das Rudel wichtiger ist als ein einzelner Draki, als jeder von uns für sich allein. Und dabei hatte er die ganze Zeit über einen geheimen Plan. Ich lasse ihn meinen Zorn über seine Scheinheiligkeit deutlich spüren – und genieße es ausnahmsweise einmal, dass er meine Gefühle spüren kann.
Er blinzelt und sieht weg. Unter seiner dunklen Haut kann ich deutlich die
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