Firelight 3 - Leuchtendes Herz (German Edition)
eine und von Cassian in die andere Richtung gezogen wurde, habe ich bereits zwischen zwei Stühlen gesessen …
Wenn es ausschließlich um mich geht, darum, was ich will – wofür entscheide ich mich dann? Wo gehöre ich hin? Zum allerersten Mal habe ich die Gelegenheit, ganz allein eine Entscheidung zu treffen. Ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen.
Ich hake mich bei Tamra ein und wir entfernen uns von dem Spielplatz. Das Lachen der Kinder hinter uns verklingt. »Glaub es mir oder glaube es mir nicht, aber das versuche ich immer noch herauszufinden. Zuerst werden Will und ich natürlich Mum suchen. Und dann …« Meine Stimme bricht ab und ich spüre, wie mein Lächeln wieder breiter wird.
Sie stupst mich aus Spaß an. »Was grinst du denn so?«
»Nichts. Es fühlt sich einfach gut an, eine Wahl zu haben. Bis jetzt hatte ich nie wirklich die Möglichkeit, selbst zu entscheiden und diese Entscheidung dann in die Tat umzusetzen. Aber egal, wohin ich gehe, ich werde dich immer besuchen kommen. Ich muss doch sehen, wie meine Kanone von einer Schwester das Rudel in die Zukunft führt.«
Tamra verdreht die Augen.
»Und jetzt komm«, sage ich. »Von dem ganzen Herumlaufen habe ich einen Bärenhunger bekommen.«
25
A uf Zehenspitzen schleiche ich den dunklen Flur in Nidias Haus entlang und bin ganz besonders vorsichtig, als ich das Wohnzimmer betrete, in dem Will auf der Couch schläft. Ich beobachte ihn einen Augenblick lang, bewundere seine wunderschönen markanten Züge und schlüpfe dann nach draußen. Das hier muss ich allein erledigen. Es macht keinen Sinn, ihn aufzuwecken.
In der Siedlung sind alle möglichen nächtlichen Geräusche zu hören, aber niemand ist auf der Straße, als ich Richtung Norden zu Cassians Haus gehe. Hinter den Fensterläden dringt Licht heraus. Irgendjemand ist wach. Ich muss an Severin denken. Tamra hat gesagt, dass er sich schämt. Dass er ein gebrochener Mann ist. Ich weiß, dass er seine Tochter verloren hat … und irgendwie auch seine Schwester. Und doch fällt es mir schwer, Mitgefühl für diesen Mann zu empfinden.
Ich straffe die Schultern, klopfe und warte. Ich hoffe, dass nicht Severin die Tür aufmacht. Ich weiß, dass Jabel für den Tod meines Vaters verantwortlich war und nicht er – trotzdem hat er eine nicht unbedeutende und nicht gerade erfreuliche Rolle in meinem Leben gespielt. Ich habe keine Lust, ihm jemals wieder ins Gesicht zu sehen, wenn es nicht unbedingt sein muss.
Ich weiß, wer auf der anderen Seite der Tür steht, noch bevor sie aufgeht. Ich spüre ihn so intensiv wie meinen eigenen Atem.
»Jacinda.« Sein Blick nimmt mich in Augenschein, streift über mein Nachthemd und wandert dann über meine Schulter hinweg. »Bist du alleine gekommen?«
Ich nicke.
Mit einer Handbewegung bittet er mich herein. »Komm rein.«
Ich zeige auf die Hollywoodschaukel auf der Veranda. »Können wir uns lieber raussetzen?«
Er schließt die Tür hinter sich und nimmt Platz. Ich setze mich neben ihn. Eine Weile lang schaukeln wir einfach schweigend zusammen und ich frage mich, ob so mein Leben verlaufen wäre, wenn ich das Rudel nie verlassen hätte. Cassian und ich abends zusammen auf der Verandaschaukel, für den Rest unseres Lebens?
»Du gehst weg«, verkünde ich.
Er neigt den Kopf. »Ja. Du auch.« Das ist nicht als Frage gemeint.
»Ja. Wo wirst du hingehen?«
Er wedelt unbestimmt mit einer Hand in der Luft herum. »Keine Ahnung. Da draußen gibt es viel zu sehen … es gibt viele andere Rudel. Ich würde gern Kontakt zu ihnen aufnehmen. Mit ihnen teilen, was ich gelernt habe, und sie vor den Enkros und ihren Sendern und Ortungsgeräten warnen. Und vielleicht kann ich auch etwas von ihnen lernen.«
Ich denke an Lia, Roc und all die anderen – und frage mich, ob sie es wohl geschafft haben.
»Ich bin sicher, dass es bessere Orte für mich gibt als hier«, fügt er hinzu.
Ich drehe mich zu ihm um. »Wonach suchst du?«
»Vielleicht irgendeinen Ort, an dem ich etwas Gutes tun und einen Beitrag leisten kann.«
»Das kannst du hier auch.«
Er zuckt zusammen. Einer seiner Mundwinkel kräuselt sich zu einem halben Lächeln. »Dann vielleicht einen Ort, wo ich vergessen und ein neues Leben anfangen kann. Ist dir das ehrlich genug?«
Seine violetten Augen bohren sich tief in mich hinein und ich weiß, dass er damit mehr als nur seine Familie und seine Schwester meint.
Ich mache den Mund auf, doch er hält eine Hand hoch und will nicht, dass ich ihn
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