Firelight 3 - Leuchtendes Herz (German Edition)
haben. Und ob das neue Rudel sie beide gerecht behandeln wird.
Der Wind bläst mir ein paar feuerrote Locken ins Gesicht und ich streife sie wieder zur Seite. »Na ja, das klingt doch sehr demokratisch.«
Endlich fährt sie fort: »Sie wollen, dass ich in diesem Rat sitze. Und Deghan.«
Ich weiche zurück. Ich lege den Kopf schief, mustere meine Schwester und staune, dass aus ihr jemand geworden ist, zu dem andere aufsehen. Ich habe schon immer gewusst, dass etwas Großes in ihr steckt, aber dem Rudel war das bis vor Kurzem nicht so klar. »Und an deinem Tonfall höre ich, dass du Interesse hast.«
»Ich habe zugesagt.«
»Ich verstehe.« Ich nicke langsam, verarbeite das eben Gehörte und denke mir, dass ich darauf hätte gefasst sein sollen. Sie hat es mir ja bereits gesagt … dass sie beim Rudel bleiben will. Eigentlich ist es keine große Überraschung. Seit sie Deghan kennengelernt hat, hat sich alles verändert. Tamra gibt sich jetzt nicht mehr damit zufrieden, mir zu folgen. Und das ist auch gut so. Wir werden immer noch Schwestern sein und uns immer noch lieben, auch wenn wir getrennte Leben führen. So sollte es sein. Und trotzdem … der Gedanke, dass sie in Zukunft nicht mehr ein Teil meines täglichen Lebens sein wird, versetzt mir einen Stich. Daran muss ich mich erst gewöhnen.
»Du wirst dem Rudel guttun. Du bist gerecht. Sie haben großes Glück, dich zu haben.« Die Worte kommen mir etwas schwer über die Lippen, aber immerhin schaffe ich es, sie auszusprechen.
Ich überlege, ob sie immer noch hierbleiben wollen wird, wenn ich ihr das mit Mum erzähle. Gleichzeitig weiß ich, dass es nicht fair von mir ist, sie mit dieser Information manipulieren zu wollen, nur weil ich sie nicht verlieren will. Auf der anderen Seite kann ich sie ihr auch nicht einfach vorenthalten.
»Wir sind keine kleinen Mädchen mehr«, murmelt sie.
»Nein, das sind wir nicht«, stimme ich zu. Schweigen entsteht. »Ich weiß, wo Mum ist«, gebe ich schließlich zu. »Erinnerst du dich noch an unseren Urlaub in Oregon? An dieses Foto von uns vor der Felsformation, die ausgesehen hat wie eine Palme?«
Tamra nickt und ihr Gesicht erhellt sich. »Ja! Die Palme!«
»Sie ist dort«, sage ich. »Sie ist dorthin gefahren.« Ich beobachte Tamra und hoffe – unfairerweise, ich weiß –, dass sie das vielleicht dazu bewegt, es sich anders zu überlegen.
Stattdessen sagt sie: »Und jetzt kann sie ja auch wieder zurückkommen. Ihre Verbannung ist aufgehoben –«
»Ich denke, das ist ihr egal.« Ich werfe Tamra einen Blick zu. »Du glaubst doch nicht wirklich, dass sie Lust hat, wieder hier zu wohnen, oder? Das war noch nie das, was sie wollte.«
Tamra seufzt. »Du hast ja recht.«
Und dann habe ich ein schlechtes Gewissen … weil ich versucht habe, Mum als Druckmittel zu benutzen. »Ich bin sicher, dass sie ab und an zu Besuch kommt«, sage ich. »Sie wird sich freuen, dass du glücklich bist. Das tue ich auch.«
Erleichtert blickt sie mich an.
Dann schüttle ich den Kopf und mir fällt noch etwas anderes ein. »Was ist mit Cassian? Ist er denn damit zufrieden, ein einfaches Ratsmitglied zu sein?«
Sie sieht mich an, als sollte ich die Antwort auf diese Frage eigentlich kennen. »Er geht.«
»Was sagst du da?«
»Er verlässt das Rudel.«
Auf einmal fällt mir das Atmen schwer.
Sie blickt mich besorgt an. »Jacinda? Ist alles in Ordnung mit dir?«
»Das Rudel braucht ihn.« Das hat er doch immer zu mir gesagt – dass das Rudel ihn braucht. Uns braucht. Er hat es fast geschafft, mich davon zu überzeugen.
»Anscheinend ist er jetzt anderer Meinung. Sein Vater ist zurückgetreten. Severin ist innerlich gebrochen und schämt sich. Er und Corbin.« Sie befeuchtet ihre Lippen und starrt wieder zurück zu den Kindern. »Ich glaube nicht, dass Cassian noch länger hierbleiben will. Nicht nach allem, was passiert ist.«
Das ist verständlich. Ich kann mir auch nicht recht vorstellen, wie er hier verblasst und an der Seite seines Vaters und seines Cousins in Vergessenheit gerät. Ich schere ihn keinesfalls mit Severin und Corbin über einen Kamm. Sie haben mit ihren Schuldgefühlen zu kämpfen, während er versucht, seiner Trauer um Miram Herr zu werden. Ich kenne ihn gut genug und weiß, dass er sich die Schuld an ihrem Tod gibt. »Ja, das stimmt wohl.«
»Und was ist mit dir, Jacinda? Was hast du vor?«
Was habe ich vor? Diese Frage stelle ich mir schon seit Monaten. Länger sogar. Selbst bevor ich von Will in die
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