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Firkin 03 - Das Wurmloch ins Biblioversum

Firkin 03 - Das Wurmloch ins Biblioversum

Titel: Firkin 03 - Das Wurmloch ins Biblioversum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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Platzregen die Menge vom Marktplatz. Die Wolke wurde größer, verdichtete sich und wurde dick, quoll auf wie ein versoffener Flaschengeist, der unvermittelt, als wäre er plötzlich lebendig geworden, zur Erde raste, wo er beim Aufprall ein paar Dutzend weitere Marktbuden demolierte, die Füße in den Boden rammte, das Straßenpflaster in winzig kleine Stücke zerhackte und Felsbrocken hoch in die Luft katapultierte. Und so blieb die Wolke dann einen Augenblick lang stehen: eine riesige, himmelhoch aufragende Gassäule, die auf der Stelle kreiselte und wie die Legeröhre eines gewaltigen nebelartigen Insekts pulsierte. Bis sie sich schließlich genauso schnell wieder zurückzog und durch das Loch, das sie in den Wolkenhimmel gebohrt hatte, verschwand.
    Und das war es dann auch.
    Stille lag über dem Marktplatz, vermutlich zum ersten Mal seit vielen hundert Jahren. Ein paar Fetzen Zeltleinwand schaukelten sanft zu Boden, wie betäubt stierte die Menge auf den Trümmerhaufen. Die nicht verkauften Waren hingen wild verstreut in einem Gewirr aus Stangen und Pfosten, überall lagen zerstückelte Karotten und zermatschte Tomaten, ein paar brutzelnde Fische zischten und zappelten und kühlten dann allmählich ab.
    Abgesehen davon war alles in Ordnung. Soweit ein betriebsamer Markt eben in Ordnung sein konnte, der gerade von einer bösartigen Wolke zerstampft worden war, die einen dreißig Meter großen Steintroll zurückgelassen hatte, der jetzt knöcheltief in eben dem Kopfsteinpflaster feststeckte, auf dem vor wenigen Augenblicken ein betriebsamer Markt stattgefunden hatte.
    Die gigantische Trollfrau stand vollkommen reglos da, trug nichts als ein hauchzartes Babytroll in Moosgrün und Schiefergrau auf dem Leib und eine ganz und gar perplexe Miene zur Schau.

 
IV
IMMER UND EWIG: DIE FRAUEN!
     
     
    »Gruppe 4 und 5 nach rechts und links! Erste und zweite Gruppe in gerader Linie hintereinander! Ohne mein Wissen kommt keiner in dieses Ding rein oder raus! Verstanden?«
    »Jawoll.«
    »Ich will wissen, ob ihr verstanden habt!«
    »JAWOLL!«
    »Klingt schon besser. Also dann: weitermachen!«
    Und noch im selben Augenblick fegte eine Sturzflut schnarrender Kommandos über die Schwarze Garde hinweg, grüppchenweise spritzten muskelbepackte Männer auseinander und nahmen die angewiesene Position ein. Die Trümmerreste der kurz und klein geschlagenen Marktbuden wurden aus dem Weg geschafft, der Platz von allem geräumt, was auch nur annähernd zur Deckung geeignet gewesen wäre. Innerhalb weniger Minuten waren endlose Strecken Stacheldraht abgespult, war alles fachmännisch eingezäunt, ringelten sich dornige Stränge wie das stachelige Skelett eines versteinerten Sandwurms um die riesigen Granitknöchel. Nur wenig später schon glitzerten unzählige Piken im Licht der Nachmittagssonne, machten sich Garottiereisen und Speere mit Katapulten und Ölkesseln die Vorrangstellung streitig, klirrten neben den gewölbten Schutzhelmen und -schilden die Kugel- und Kettenfesseln, leise, mit stählerner Arroganz.
    Kurzum: Es konnte losgehen.
    Hauptmann Schikaneder postierte sich neben Kommandant Schyrling und brüllte: »Melde gehorsamst: Garde einsatzbereit angetreten!«
    »Gut. Dann wollen wir mal sehen.«
    Schikaneder lächelte stolz. Allerdings nur insgeheim, seiner Umwelt zeigte er jene höhnische Befehlshabergrimasse, die er von Schyrling abgeschaut hatte: Er zog die Oberlippe gerade so weit hoch, daß das Dentalemblem zu sehen war, das seinen Rang anzeigte, senkte die Lider gerade so weit, daß die niederen Ränge nicht feststellen konnten, wohin er blickte, und ließ gekonnt die Nasenflügel zittern. Warum er das tat …? Ehrlich gesagt, hatte er nicht die geringste Ahnung. Es sah nicht einmal besonders gut aus … Aber Schikaneder hatte einmal miterlebt, wie Schyrling einen Vizehauptmann, der acht Dienstjahre ohne eine einzige Pflichtverletzung hinter sich gebracht hatte, in ein flennendes Häufchen Elend verwandelte, indem er ihm einfach unnachgiebig in die Augen starrte und auf diese unverschämte Weise mit den Nasenflügeln zitterte.
    Trotz seiner cranachischen Herkunft hatte Schikaneder unter der Fahne von Isolon als Angehöriger der Schwarzen Garde eine glänzende Karriere gemacht, weil er sich mit bewundernswertem Pflichteifer in den Dienst stürzte, weil er keine Arbeit scheute und weil ihm ein außerordentliches Geschick dabei half, mit nachtwandlerischer Sicherheit stets im rechten Augenblick am rechten Ort zu sein.

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