Firkin 04 - Hundstage
verspätet haben sollte. Und da wir schon mal dabei sind: Er hatte auch nicht die Bohne Ahnung, wo er gewesen war und was er vorgehabt hatte … Er rechnete schnell nach. Drei Tage. Er konnte sich an nichts erinnern.
»Seid achtsam mit dem Zeug, Ernstl«, rief Practz dem sich abmühenden Portier-Wachmann über die Schulter zu. »Es hat ’ne Menge gekostet.«
»Einen Sackvoll«, korrigierte Mancini und setzte ein nervöses Grinsen auf. Knapp schaute auf und preßte seinen Sack an sich.
»Wie? O ja, gewiß.« Practz zuckte hinter Mancinis Rücken die Achseln und geleitete den KUT durch eine große Öffnung in der Grottenwand.
Als Cheiro Mancini zwischen dem liebenswürdig redenden Practz und dessen zwergenhaftem Kollegen eine gewaltige, aus massivem Fels herausgehauene Treppenflucht hinabstieg, fragte er sich allmählich, ob er die richtige Entscheidung getroffen hatte.
Außerdem fragte er sich, ob er eigentlich eine andere Wahl gehabt hatte.
Und ein Stimmchen im Inneren seines Schädels wägte die Chancen ab, ob er das Tageslicht je wiedersehen würde.
Mit angespannten Nerven und einem Herzen, das schneller bumste als der Hintern eines sich paarenden Wiesels, schob Wampert zwei Türflügel auseinander, trat auf den großen Hofgarten hinaus und entging im letzten Moment der Möglichkeit, mit dem Hinterteil eines großen Rosses zu kollidieren. Er schaute kopfschüttelnd auf, und obwohl es ihm an jeglicher formellen Qualifikation in Sachen Gynäkologie mangelte, erkannte er, daß das Vieh eindeutig ein Hengst war. Er wandte den Blick schnell ab und hielt nach der Kaiserin Ausschau. Entsetzt machte er mehrere Schritte zurück, denn nun sah er, daß sich im kaiserlichen Palast von Murrha zwei Heere versammelt hatten.
Zwei riesige Bambus-Belagerungstürme waren herangezogen worden und schauten einander über der Arena hinweg an. Jeder Turm erhöhte eine einzelne Gestalt über das darunter stattfindende Geplänkel, und jeder führte ein großes, sanft im Morgenlicht flatterndes Banner. Über den strahlenden grünrotgedeckten Dächern kräuselte sich träge das gezackte Symbol des kaiserlichen murrhanischen Drachen in der für ihn typischen fauchenden Pose. Wampert musterte den ihm am nächsten stehenden Belagerungsturm und erkannte mit einem verblüfften Keuchen, daß die mit Stahlkappen versehenen Sandalen der Kaiserin über den Rand hingen. Als er sie angaffte, hob die Kaiserin eine große Tröte an den Mund, deutete nach unten und rief »Springer auf Königsbauer drei!«
Auf der Stelle schwärmten acht kaiserliche Wachen aus dem Nichts hervor, packten das Roß, zwei an jedem Bein, und schleiften das Terrakottavieh zwei Quadrate vorwärts und eins zur Seite. Die Massen drehten durch. Matt in zwei Zügen!
Am anderen Ende des Hofgartens bellte General Zakkik eine Reihe von Befehlen, und eine Schergenschar schleppte einen riesigen Turm auf Taus Terrakotta-Heer zu. Ein unmenschlicher Schrei löste sich fünfzig Fuß über Wamperts Kopf, als die Kaiserin sah, daß einer ihrer zehn Fuß hohen Bauern aus dem Hofgarten geschleppt wurde.
»Bringt ihn wieder her!« quäkte sie wütend. Ihre Stimme warf schrille Echos von den gekrümmten Dächern.
»Es geht nicht. Ich hab ihn eingesackt!« schrie General Zakkik durch sein Megafon.
»Aber ich will ihn zurückhaben!«
»Aber die Regeln besagen …«
» …daß ich Euch zwischen den Zügen köpfen lassen kann, wenn ich will!« schrie Tau und schnitt dem General mitten im Satz das Wort ab. »Würde es Euch gefallen, wenn ich Euch zwischen zwei Zügen köpfen lassen würde? Hm?«
Auch wenn General Zakkik eine halbe Meile von ihr entfernt war, er spürte, daß die Kaiserin am Griff ihres Katana herumfummelte.
»Bringt den Bauern zurück«, befahl er kleinlaut.
Kaiserin Taus Adleraugen erspähten nun Wampert, der nervös hinter ihrem zwölf Fuß hohen Terrakotta-Läufer herumscharwenzelte. »Nun?« fragte sie, wobei sich ihre gestärkten Brauen zu ärgerlichen Vs verzogen. »Was gibt’s Neues? Soll Kitty heute Euren Hals schmecken?« Ihr Organ klang grollend, sie spielte mit dem Griff ihres Katana.
Wampert schluckte und duckte sich innerlich wie die verkohlten Überreste einer brennenden Brücke, die sich auflöste und zusammenkrachte. Auf geht’s! »Ich habe gute Nachrichten, Eure vortreffliche Drakonität! Ich habe zwei …«
»Was? Ich versteh nichts! Lauter, Mann!«
Wampert schüttelte sich. Es war schon schlimm genug, die Kaiserin belügen zu müssen, aber
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