Firkin 05 - Fahrenheit 666
mißtrauisch, während er Motorottos Kehle etwas fester zusammendrückte. »Also hast du bereits eine Maschine fertiggestellt, stimmt’s? Ist die etwa schon startklar? Wo ist das Ding? Ich will es sofort sehen!«
»Einige von meinen Jungs sind gerade damit unterwegs und führen einen letzten Probelauf durch. Sie müßten jeden Augenblick zu …«
Die letzten Worte von Motorotto hörte Khar Pahcheeno bereits nicht mehr, denn sie wurden von dem Krach eines vierzig Tonnen schweren Zugwagens verschluckt, der mit einer infernalischen Verbrennungsmaschine und einem Katastrophenkonverter ausgestattet war. Mit einem Höllenlärm kam der Wagen in den Hof gedonnert, stieß heftig prustend Rauchschwaden und giftige Dämpfe aus und kam schließlich kreischend zum Stehen. Als die Mechanikergesellen an verschiedenen Hebeln zogen und ungeschickt versuchten, das fürchterlich blähende Monster zu beruhigen, stießen aus sämtlichen Rohren schwarz-gelbe Rauchwolken hervor, bis es endlich zum Stehen kam.
Wie Motorotto gesagt hatte, handelte es sich wirklich um eine völlig neue Art der Fortbewegung, und Pahcheeno traute seinen Augen nicht; das war die Erfüllung all seiner Träume. Mit diesem Höllengerät konnte er sämtliche Lieferungen rechtzeitig erledigen, und darüber hinaus war er imstande, damit durch die Welt zu reisen. Kurz gesagt, so etwas wie diese infernalische Verbrennungsmaschine hatte es noch nie zuvor gegeben – na ja, jedenfalls nicht so weit oberhalb des Phlegethon. Sie war nämlich über unzählige Jahrhunderte von einem Fährmann in Helian entwickelt worden, der es gründlich satt gehabt hatte, jahrtausendelang die Seelen durch den dunklen Schlick des Phlegethon rudern zu müssen, und der schließlich zu der Überzeugung gekommen war, daß es eine bessere Möglichkeit geben mußte. Und es gab eine, die auch erschreckend einfach war und nur geringe Kenntnisse der Strömungslehre erforderte.
Erkundigt man sich zum Beispiel bei irgendeinem begeisterten Heißluftballonfahrer, wird er einem sofort erklären, daß der Ballon steigt, sobald man die Luft darin erhitzt. Und haben Sie sich nicht auch schon immer gefragt, wodurch der Ballon ersetzt wird, sobald er einige Meter höher getrudelt ist? Ich meine, der kann doch nicht einfach ein Loch an der Stelle hinterlassen, wo er noch kurz zuvor gewesen ist. Das wäre doch nicht richtig, oder? Nun, in dieses vermeintliche Loch huscht eben kalte Luft hinein und drückt die heiße Luft nach oben, und siehe da, schon haben Sie genügend Luftstrom. Nimmt man nun ein Segel und dirigiert den heißen und kalten Luftstrom dort hinein, dann kann man, als wäre es Zauberei, fahren, wohin man will.
Und so war die Grundidee für eine infernalische Verbrennungsmaschine geboren, wenngleich sie vom ursprünglichen Prototypen ein wenig abwich. Der Heißluftofen schien unendlich viel größer, und wenn man einen Katastrophenkonverter davorsetzte, konnte man alles darin verbrennen. Heutzutage waren sämtliche Fährboote, die auf dem Phlegethon, dem Styx und sogar auf dem Acheron fuhren, mit infernalischen Verbrennungsmaschinen ausgestattet.
Es gab nur zwei entscheidende Nachteile. Wie nicht anders zu erwarten war, produzierten sie Unmengen Hitze, und verwandelten die meisten Kohlenwasserstoffe in Methan oder in andere wirklich üble Zusammensetzungen, die als ›fluoridierte chthonische Kohlenwasserstoffe‹ oder abgekürzt als FCKWs bezeichnet wurden – eigenartige Gase, die vor allem Hitze binden. Bei einer konstanten Umgebungstemperatur von etwas über sechshundert Grad Fahrenheit ist das im Grunde kein Problem, aber bei den verhältnismäßig arktischen Temperaturen, die im Talpa Gebirge herrschten …
»Bis morgen früh will ich die ganze Flotte umgerüstet haben!« brüllte Khar Pahcheeno, während er eine weitere Ladung hochwertiges Birkenholz in den Katastrophenkonverter schaufelte, die infernalische Verbrennungsmaschine anheizte und den Luftzug spürte, der ihm in den Nacken schlug und das gewaltige Segel aufblähte. »Bis morgen früh!« schrie er über den prustenden Lärm hinweg, dann löste er die Handbremse und verschwand unter einer gewaltigen und furchtbar stinkenden FCKW-Wolke vom Hof.
Überhitzte, rot-schwarze Rauchschwaden donnerten unaufhaltsam in den ehemals verregneten talpinischen Himmel und ließen die riesige Wolke anschwellen, die sich wie ein tödlicher Schleimpilz am Horizont ausbreitete. Und mit jedem Ausstoß der Abgase stieg die Temperatur an, so
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