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Firkin 05 - Fahrenheit 666

Firkin 05 - Fahrenheit 666

Titel: Firkin 05 - Fahrenheit 666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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Harnischgemeinde von Südrhyngill.
    »Habt ihr von der Heiligen Schrift gehört?« schrie er, noch während er nach der erstbesten Zelttür griff und hineinstampfte. »Ich komme von weit, weit her«, verkündete er und beugte sich zur Verdeutlichung weit nach hinten zurück. »Doch nun bin ich« – er stürzte auf den am ältesten aussehenden D’vanouinen zu und schob das Gesicht direkt vor dessen Nase – »ganz nahe!« Grinsend richtete er sich wieder auf und eilte zum Zelteingang zurück. »Ich war weit, weit weg«, wiederholte er, »doch nun bin ich« – er hastete vorwärts – »ganz nahe! Seht ihr? Weit, weit weg … ganz nahe!«
    Die D’vanouinen guckten den schwarzgekleideten Verrückten befremdet an und reichten gelangweilt eine Schüssel mit Schafsaugen herum.
    Pfarrer Schimpf nahm das Paket von den Schultern und machte sich daran, jedem der anwesenden Nomaden einen Stapel der funkelnagelneuen roten Bücher auszuhändigen. »Nehmt euch jeder ein Buch und gebt die anderen weiter. Wenn es nicht genug sind, dann müßt ihr euch zu zweit eins teilen.« Er griff wieder in den Sack, zog ein stark verbeultes Tamburin heraus und schüttelte es mit leicht bedrohlich wirkendem, verklärtem Grinsen. »Ich hoffe, ihr seid gleich alle gut bei Stimme. Ich verspüre nämlich den unbändigen Drang, den Herrn mit einem Lied zu lobpreisen.«
    Im Zelt wurden die Schafsaugen unbeeindruckt weitergereicht.
    »Aber zuerst eine kurze Lektion aus dem Buch der Aphorismen«, verkündete Pfarrer Schimpf und schlug sein ganz persönliches und stark abgenutztes Exemplar der Roten Neubekehrerschrift von Sankt Schmuddel dem Ungewaschenen auf. Er zeigte die Seitenzahl an und begann zu lesen. Es folgte ein kurzes allgemeines Seitenrascheln, das von einigen mißbilligenden Bemerkungen der älteren, absolut desinteressierten D’vanouinen unterlegt wurde.
    Aber woher rührte dieses Desinteresse? Nun, wahrscheinlich lag es daran, daß die D’vanouinen vorher schon andere Religionen kennengelernt und es bereits mit zig verschiedenen Formen versucht hatten. Der eigentliche Haken an der Geschichte war nämlich der, daß man, wenn man mehr als vierzig Tage da draußen am Stück verbrachte, fortwährend von irgendwelchen Missionaren heimgesucht wurde, die offenbar nichts Besseres zu tun hatten, als einen zu bekehren. Folglich kriegten insbesondere die älteren D’vanouinen schon beim Anblick eines Missionars bereits die Krätze.
    Dennoch schienen einige Religionen anfangs sogar Spaß gemacht zu haben. Einmal waren sie einem Blikni-Yogi aus den Meanlayla Bergen während dessen alljährlicher Anwerbungskampagne über den Weg gelaufen und von ihm in die Geheimnisse der gemeinschaftlichen Selbsttäuschung eingeführt worden. Wenn man sich mit größtmöglicher Überzeugung nur lange genug einredete, daß alle Anwesenden im Raum fliegen konnten, glaubte man es am Ende wirklich. Sobald man genügend Leute in kleine Gruppen aufteilte, die sich gegenseitig in ihrem Glauben an deren jeweilige Flugfähigkeit unterstützten, konnten zumindest für eine gewisse Zeitspanne gemeinsame Flüge zustande kommen. Die D’vanouinen waren solche Experimente allerdings sehr bald leid, nachdem sie festgestellt hatten, wie schwierig es war, sich während des gefahrvollen Schwebens dreißig Meter über der Erde auf alle anderen konzentrieren zu müssen.
    Deshalb war über die Jahre hinweg ein religiöser Eiferer nach dem anderen schneller als der andere aus dem Lager gescheucht worden. Den gegenwärtigen Rekord hielt ein Delegierter der antinumismatischen Mission. Volle siebenundzwanzigeinhalb Sekunden lang hatte er die Gelegenheit, den D’vanouinen zu erzählen, daß sie nach ihrer Bekehrung viel glücklicher sein und viel länger leben würden und sie dann ohne Münzen oder irgendwelche anderen Währungen auskommen könnten. Er kam mit seiner Predigt genau bis zu der Stelle, an der er sagte: »Werft eure unglückseligen Münzen hier in meinen Sack, und ihr werdet von allen Sünden befreit sein!« Danach waren ihm sechsundsiebzig Krummsäbel auf den Fersen.
    Dabei war es noch nicht einmal so, daß die D’vanouinen nicht zum Glauben fähig gewesen wären. Weit gefehlt sogar. Sie hätten genauso tief geglaubt wie alle anderen, solange sie dadurch nichts von ihrem ausschweifenden Lebenswandel hätten einbüßen müssen, an den sie sich derart gewöhnt hatten, daß sie sich notfalls sogar hoch verschuldeten, um keine Abstriche machen müssen.
    Eigentlich hätte man

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