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Firkin 05 - Fahrenheit 666

Firkin 05 - Fahrenheit 666

Titel: Firkin 05 - Fahrenheit 666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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unpassend; doch sein ganzes Leben damit zu verbringen, am Berghang zu sitzen und die Schafe beim friedlichen Grasen und Blöken zu beobachten, bereitet einen nur unzulänglich auf die harte Realität des Lynchens vor.
    Noch bevor die Eindringlinge keuchend den Hochaltar erreichen konnten, fielen aus Deckenluken Stricke herab, an denen sich ein halbes Dutzend bewaffneter AS-Mönche abseilte, die sich, gleich nachdem sie am Boden angelangt waren, mit gezogenen Klingen Schulter an Schulter aufstellten.
    »Wer platzt hier ungebeten in diese altehrwürdige Abtei herein und erbittet das seit alters gewährte Recht auf Zuflucht?« wollte Mönchshauptmann ›Dicki‹ Succingo vorschriftsmäßig wissen und trat auf traditionelle Weise einmal mit dem rechten Fuß auf.
    »Ich, ich, ich!« schrie Schimpf mit ängstlich zitternder Stimme und huschte mit quietschenden Holzsandalen hinter die Mönche.
    »Vor welch quälendem Übel suchst du Zuflucht?« fragte Succingo immer noch vorschriftsmäßig und getreu den althergebrachten Regeln.
    »Vor denen!« kreischte Schimpf und zeigte mit zitterndem Finger auf die Horde bewaffneter Schäfer, die mit finsteren Blicken in einiger Entfernung im Seitenschiff standen. »Das ist doch wohl ziemlich offensichtlich, oder?« fügte er etwas verdutzt hinzu.
    »Und warum will dich diese beutehungrige Horde in Stücke reißen und in einer Orgie ausgelassener Hingabe genüßlich auf deinen Eingeweiden herumtrampeln?«
    »Frag sie doch selbst«, wimmerte Schimpf. »Ich weiß nur, daß ich nach einem harten Missionstag auf dem Heimweg von einem heranstürmenden Kamel beinahe umgerannt worden wäre, und dann zeigten diese Schafhirten auf mich und schrien: ›Schnappt ihn euch!‹ Und schon war die Jagd eröffnet. Gewährt ihr mir nun Zuflucht, oder was ist?«
    Verunsichert durch ein merkwürdiges Gefühl nagender Zweifel, kratzte sich Knalli J’hadd den mit einer Wildlederkappe bedeckten Kopf. Das hier war überhaupt nicht sein Fall, wenngleich er gerne Rätsel löste.
    »Willst du mir etwa damit sagen, daß du keinen blassen Schimmer hast, warum hundert Schäfer urplötzlich den Drang verspüren, dich zu Brei zu schlagen?« brüllte Hauptmann Bruder Succingo nun etwas unvorschriftsmäßiger.
    »Glaub mir, ich hab nicht den blassesten Schimmer!« jammerte Schimpf. »Vielleicht handelt es sich um eine Verwechslung. Aber während der Flucht stehenzubleiben, um mich danach zu erkundigen, schien mir kein guter Einfall zu sein.«
    J’hadd kaute nervös an einem Fingernagel, während Succingo herumfuhr, um sich an die Schäfermeute zu wenden. »So, ihr beutegierigen Schäfer, warum wollt ihr diesen Geistlichen in Stücke reißen und in einer Orgie ausgelassener Hingabe genüßlich auf seinen Eingeweiden herumtrampeln, hä?«
    In einem Sturm äußerster Entrüstung platzten aus hundert verschiedenen Mündern hundert verschiedene Antworten gleichzeitig heraus. Überraschenderweise gab es ein ganz bestimmtes Wort, das in ihren Protestrufen immer wieder auftauchte. Das Wort … Schafe.
    J’hadd schüttelte verwirrt den Kopf. Schafe? Könnte es sein, daß ich deshalb hierher gesandt worden bin? Handelt es sich hierbei womöglich um genau jenen ›traurigen Fall‹, von dem einst Hauptkommissar Scheitel sprach, als er mir die Pergamentpapiere aushändigte, um mich nach fast zwölfeinhalb Jahren Tätigkeit als Seelenwachtmeister beim Geheimdienst zur Unterwanderung religiöser Untergrundorganisationen (kurz: GURU) zu entlassen, weil ich nicht einen einzigen vorsätzlichen Sündenfall gelöst hatte? Oder liegt hier etwa der Fall vor, durch den ich zum Keuschheitsinspektor befördert werden soll?
    Allmählich ergab das alles für ihn einen Sinn. In einer Woge unendlichen Stolzes empfand er plötzlich sogar tiefste Bewunderung für den Hauptkommissar Sakrosankt Scheitel. Also hatte er schon damals in Cranachan alles so unglaublich sorgfältig geplant. Machte solch ein Getue, um mich loszuwerden; erzählte jedem, welch nutzlose Erscheinung ich sei; kreischte derart vor Lachen, als ich ihn davon unterrichtete, daß ich es mir fest vorgenommen hätte, im GURU Karriere machen zu wollen – und das nur, um alles perfekt zu tarnen. Ach, welch faszinierendes Netz aus raffinierten Täuschungsmanövern hatte dieser Hauptkommissar Scheitel nur gesponnen! So was nennt man echte Untergrundarbeit, und zwar so weit unten, daß selbst ich von meiner wahren Berufung nichts wußte.
    Knalli J’hadd zupfte sich nachdenklich am Kinn.

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